In Europa kommt es jährlich zu ca. 3,2 Millionen nosokomialen Infektionen. Bereits jetzt existieren in Österreich direkte und indirekte Regelungen und Empfehlungen zur Vermeidung von nosokomialen Infektionen, wie zum Beispiel die „PROHYG 2.0“, bundesweit einheitliche Standards zur Krankenhaushygiene. Diese gewährleisten zwar in der Regel ein hohes Schutzniveau, flächendeckend durchgesetzt haben sie sich aber noch nicht, wie Prof. Dr. Ojan Assadian, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (ÖGKH) weiß: „Regelungen und Empfehlungen liegen aktuell fragmentiert über die einzelnen Bundesländer und unterschiedlichen Organisationsstrukturen vor und werden nicht über eine zentrale Stelle koordiniert. Bundesweit verbindliche Hygienequalitätsstandards gibt es bisher nur wenige.“
Vergleichbarkeit und Qualitätstransparenz blieben daher bis jetzt auf der Strecke. Aus Sicht der ÖGKH ist aber gerade dies ein wesentlicher Baustein für einen verbesserten Schutz der Patienten. Einheitliche Standards sind auch dem Bundesministerium für Gesundheit ein Anliegen. „Krankenhaushygiene ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Vermeidung von nosokomialen Infektionen. Daher wurde die Erstellung eines bundesweit einheitlichen Standards zur Krankenhaushygiene auch in das Arbeitsprogramm des Bundeszielsteuerungsvertrages aufgenommen“, erklärt DDr. Reinhild Strauss, Leiterin der Abteilung für Nosokomiale Infektionen und Krankenhaushygiene des Gesundheitsministeriums.
Um verbindliche Standards in der Praxis auch tatsächlich umzusetzen, braucht es aber auch mehr fachlich qualifizierte Hygieneteams. „Die öffentliche Wahrnehmung und finanzielle Honorierung von Hygienefachkräften entspricht nicht den damit verknüpften verantwortungsvollen Aufgaben. Vielmehr wird ihre Arbeit von Trägern der Gesundheitseinrichtungen noch häufig als Nebenbeschäftigung angesehen. Die ÖGKH setzt sich deshalb für eine einheitliche Ausbildung ‚Krankenhaushygiene‘ ein, die im Sinne der Bologna-Kriterien Hygienefachkräften die ihnen zustehende Anerkennung verschaffen wird“, erklärt DGKS Gerlinde Angerler, Hygienefachkraft und Vorstandsmitglied der ÖGKH.
Doch auch die Patienten sind gefragt, zu einem wirksamen Infektionsschutz beizutragen. Sie wissen immer noch zu wenig über die Ursachen von nosokomialen Infektionen und die mit ihnen verbundenen Gefahren. Deshalb will die ÖGKH die Eigenverantwortung und Handlungskompetenz von Patienten durch Aufklärungsarbeit und den Einsatz neuer Kommunikationsformen stärken.
Sozialmediziner und Hygieniker Univ.-Prof. Dr. Michael Kunze von der MedUni Wien sieht für den Bereich der Krankenhausinfektionen ein hohes präventives Potenzial bei Patienten und Angehörigen, das es zu heben gilt, und bringt einen epidemiologischen Aspekt ein: „Da die Bevölkerung immer älter wird und zunehmend Patienten bereits mit chronischen Erkrankungen ins Spital kommen, wird die Krankenhaushygiene immer wichtiger. Wir werden mit mehr Patienten konfrontiert, die aufgrund des höheren Alters und der Therapie der Grundkrankheiten bereits abwehrgeschwächt sind. Damit werden auch Erreger zum Problem, die bei einem Patienten ohne chronische Erkrankung keine wesentliche Bedeutung haben.“