Das Duodenum wird im Rahmen von endoskopischen Untersuchungen des oberen Gastrointestinaltraktes routinemäßig biopsiert. Es kann eine Reihe von entzündlichen und neoplastischen Erkrankungen aufweisen, sodass einer genauen Kenntnis der pathologischen Veränderungen und einer exakten histopathologischen Befundung eine entscheidende Bedeutung zukommt.
Das Duodenum ist der proximale Anteil des Dünndarms und schließt direkt an den Magen an. Der histologische Aufbau ist prinzipiell ident mit dem des übrigen Dünndarms, mit der Besonderheit von reichlich mukoiden, sogenannten Brunnerschen Drüsen in der Submukosa. Anatomisch und histologisch lassen sich unterschiedliche Abschnitte des Duodenums abgrenzen. Das proximal gelegene Bulbus duodeni weist etwas breitere und kürzere Zotten und vermehrt Brunnersche Drüsen auf. Die weiter aboral gelegene Pars descendens mit der Papilla vateri hat schmälere und längere Zotten und weniger Brunnersche Drüsen.1
Die spezifischen nichtneoplastischen Veränderungen des Duodenums umfassen insbesondere die Lambliasis, den Morbus Whipple und die Zöliakie.
Die Lambliasis ist eine Infektion mit dem Protozoon Giardia lambliasis. Die Patienten weisen typischerweise eine wässrige und übelriechende Diarrhö auf. In der Histologie erkennt man an der Schleimhautoberfläche der mitunter gering verbreiterten und verkürzten, gering entzündlich infiltrierten Zotten sowie zwischen den Zotten die diagnostischen birnenförmigen, zweikernigen Protozoen.2
Der Morbus Whipple ist eine Infektion mit dem Bakterium Tropheryma whipplei. Die Patienten erleiden ein Malabsorptionssyndrom mit Gewichtsverlust, Diarrhö und generalisierter Lymphadenopathie. In der Endoskopie zeigen sich makroskopisch verplumpte Zotten. Die Schleimhautoberfläche ist teils erythematös, teils mit weißlich-gelblichen Belägen und höhergradig vulnerabel. Das histopathologische Korrelat dieser Veränderungen ist eine starke Infiltration der Schleimhaut durch Schaumzellmakrophagen, die in ihren Zytoplasmen PAS-positive Bakterien aufweisen. Daneben finden sich im Stroma der verplumpten Zotten neutrophile Granulozyten und Einlagerungen von Fettgewebe.3 Komplementär lässt sich auch Tropheryma-whipplei-spezifische DNA mittels PCR nachweisen. Nachdem PAS-positive Makrophagen auch unter Therapie über einen längeren Zeitraum persistieren können, ist der Nachweis mittels PCR für die Verlaufskontrolle gut geeignet.
Die Zöliakie ist eine Malabsorptionskrankheit bedingt durch eine chronische Immunreaktion auf Gluten. Die Patienten sind charakteristischerweise HLA-DQ2-positiv (95 %) oder HLA-DQ8-positiv (5 %). Bei anhaltender glutenhaltiger Ernährung kommt es aufgrund einer chronischen Entzündung des Dünndarms zu Gedeihstörungen, chronischen Diarrhöen und Abdominalgien. Bei erfolgter Diagnose führt eine glutenfreie Diät meist kurzfristig (48 Stunden) zu einer Besserung der Klinik und in ca. 90–95 % der Fälle zu einer vollen Remission innerhalb von wenigen Monaten. Ohne Diät kann es langfristig zu neoplastischen Folgeerkrankungen kommen.
Die allgemeinen histologischen Zeichen sind eine Verplumpung der Zotten mit Elongierung der Krypten und Vermehrung der intraepithelialen Lymphozyten (IEL). Traditionell wird ein Cut-off-Wert von 40 IEL/100 Epithelzellen bei Erwachsenen und 25 IEL/100 Epithelzellen bei Kindern herangezogen.2 Die aktuellen S2-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen und der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft schlagen auch bei Erwachsenen einen Cut-off von 25 IEL/100 Epithelzellen vor.4
Das Ausmaß der histologischen Veränderungen wird nach Marsh et al.5 in 4 Stadien unterteilt:
Die beschriebenen histologischen Veränderungen sind nicht spezifisch für die Zöliakie, sondern können bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen verschiedenster Ätiologie im Rahmen von Malabsorptionserkrankungen nachgewiesen werden.
Die Diagnose einer Zöliakie sollte daher niemals aufgrund der Histologie alleine, sondern ausschließlich in klinisch-pathologischer Zusammenschau erfolgen.
Bei 10 % der Patienten mit lang anhaltender Zöliakie entwickelt sich als Spätfolge ein enteropathieassoziiertes T-Zell-Lymphom (EATL). Die 2-Jahres-Überlebensrate für diese Erkrankung beträgt lediglich 15–20 %. Makroskopisch finden sich in der Endoskopie multiple, oft ulzerierte Tumoren. Histologisch zeigen sich in der Mukosa und den tieferen Schichten mittelgroße bis große Zellen mit angulierten Kernen und prominenten Nukleolen. Die Zellen sind positiv für CD3, CD7, CD103 und TIA1. Bei 20 % der Fälle zeigt sich auch eine Positivität für CD8. Negativ sind CD4, CD5 und CD56.7
Epitheliale Tumoren treten in erster Linie als Adenome und Adenokarzinome, häufig im Bereich der Papilla vateri auf. Klinisch manifestieren sie sich durch Abdominalgien, Gewichtsverlust, Ikterus sowie Ileussymptomatik und gastrointestinale Blutungen.
Makroskopisch findet man polypoide, manchmal ulzerierte Tumoren. Die Histologie ist nahezu ident mit den Adenomen und Adenokarzinomen des Kolorektums. Differenzialdiagnostisch muss hier vor allem eine Infiltration durch Tumoren des Pankreas und der Gallenwege, die eine schlechtere Prognose aufweisen, ausgeschlossen werden.
Das Duodenum weist eine Reihe klinisch bedeutsamer infektiöser und neoplastischer Erkrankungen auf. Besonderes Augenmerk muss auf die Diagnostik der Zöliakie gelegt werden, die ausschließlich in klinisch-pathologischer Zusammenschau erfolgen darf.
Adenome müssen differenzialdiagnostisch gegen entzündlich reaktive Atypien und Adenokarzinome gegen Infiltrationen durch Neoplasien benachbarter Organe abgegrenzt werden.