Die Behandlungsmöglichkeiten in der Krebstherapie entwickeln sich rasant weiter. Die auf den einzelnen Patienten individuell abgestimmte Therapie ist derzeit Gegenstand von Wissenschaft und Forschung. Mit zielgerichteten Therapien sollen Krebszellen – unter größter Schonung von normalen Geweben – gezielt angegriffen werden, um so einen Wachstumsstopp des Tumors zu erreichen. Im Rahmen der 34. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Radioonkologie, Radiobiologie und Medizinische Radiophysik, die kürzlich in Linz stattgefunden hat, setzten sich Experten unter anderem mit der Frage auseinander, welche Wechselwirkungen es in der Kombination von medikamentöser Therapie und Strahlentherapie gibt. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten aktuelle Erkenntnisse zur hypofraktionierten Bestrahlungstherapie.
Die hypofraktionierte Bestrahlungstherapie wird seit neun Jahren im Ordensklinikum der Barmherzigen Schwestern in Linz bei Brustkrebs und seit zwei Jahren auch bei Prostatakrebs eingesetzt. Im Prinzip wird hier mit einer erhöhten Dosis die Zahl der nötigen Bestrahlungen um 30 bis 40 Prozent reduziert. Die klinischen Ergebnisse bleiben trotz erhöhter Effizienz und Patientenfreundlichkeit praktisch gleich erfolgreich. „Die Dosis der hochenergetischen Röntgenstrahlen pro Sitzung ist höher, dafür kommen wir mit 15 statt 25 Sitzungen aus. Nur bei Patientinnen unter 50 Jahren wenden wir die Methode aufgrund noch geringer Langzeiterkenntnisse bislang nicht an. Vorsichtig interpretiert kann man die bisherigen Daten so zusammenfassen: Diese Therapie ist gleich effektiv und langfristig etwas besser verträglich als die seit Jahrzehnten verwendete Bestrahlungsmethode“, erklärt Primarius Univ.-Prof. Dr. Hans Geinitz, Vorstand der Radio-Onkologie im Ordensklinikum der Barmherzigen Schwestern in Linz.
Seit 2015 werden auch infrage kommende Patienten mit Prostatakrebs nach dieser Methode bestrahlt. Hier kann bei gleichem Behandlungserfolg die Zahl der notwenigen Bestrahlungen von 37 auf 20 reduziert werden. Hypofraktionierung ergibt einen großen Gewinn an Zeit und damit Lebensqualität. Dazu kommen auch ökonomische Aspekte: In gleicher Zeit können durch die eingesparten Sitzungen mit der gleichen Geräteanzahl mehr Patienten bei kürzeren Wartezeiten behandelt werden. Ebenso kommt es beim Fahrtspesenersatz der aus ganz Oberösterreich und dem westlichen Niederösterreich anreisenden Patienten zu deutlichen Kostenreduktionen für die Krankenkassen.
Die Methode hat sich an der Abteilung laufend weiterentwickelt. Lag der Fokus bei Inbetriebnahme der Anlage vor allem in der Brustkrebstherapie, so wird die Methode in speziellen Fällen nun auch zur Bestrahlung nach Tumorentnahmen in Dick- und Mastdarm, Bauchspeicheldrüse, Prostata, im HNO-Bereich und bei Weichteiltumoren eingesetzt. Diese Bestrahlung erfolgt in Narkose schon während der Operation. Sie erreicht sehr hohe Effektivität, ohne dass zuerst die Erholung von diesem Eingriff oder einer Chemotherapie abgewartet werden muss. Chirurgen, Strahlentherapeuten, Strahlenphysiker und Narkoseärzte arbeiten beim Eingriff eng zusammen.
Nach exakter Positionierung des Bestrahlungskopfes wird die offen liegende Stelle wenige Minuten lang direkt behandelt. Dadurch wird lokal eine hohe Dosis eingestrahlt, gleichzeitig wird gesundes Umgebungsgewebe geschont und benachbarte, besonders strahlenempfindliche Organe können wesentlich besser geschützt werden als bei einer Bestrahlung von außen. Bei kleineren Brusttumoren mit günstiger Prognose kann die IORT oft weitere strahlentherapeutische Behandlungen ersetzen.