Die häufigsten Verletzungen beim kindlichen Ellbogen sind die Brüche oberhalb der Gelenkslinie am Oberarmknochen, die sogenannten suprakondylären Humerusfrakturen. Hier gibt es eine große Bandbreite an Verletzungen, angefangen von einfachen Formen, die man mit einem Verband versorgen kann, bis hin zu schwersten Dislokationen mit begleitenden Gefäß- und Nervenverletzungen. Am zweithäufigsten findet man Verletzungen der Kondylen, das sind Frakturen, die bis in das Gelenk hineinreichen und meistens operativ behandelt werden müssen (siehe Abbildung 1). An dritter Stelle stehen die Verletzungen der Unterarmknochen, des Caput radii und des Olecranons.
Meistens sind es Spiel- und Sportverletzungen, typischerweise der Sturz auf die Hand mit ausgestrecktem Arm mit einer gleichzeitigen Drehbewegung des Körpers, die zu einem Stauchungstrauma des Ellbogens führen. Sie treten häufig beim Schifahren auf oder bei Wurf- und Überkopf-Sportarten wie Tennis, Volleyball, Baseball und American Football.
Die einzige Verletzung, die man in diesem Bereich ohne Röntgen behandeln kann, ist der sogenannte Nursemaid’s Elbow oder die Radiusköpfchen-Subluxation, bei der das Radiusköpfchen teilweise aus dem Ringband herausrutscht. Die Verletzung betrifft vor allem Kleinkinder bis zum Alter von vier Jahren und passiert typischerweise durch einen starken Zug an der Hand des ausgestreckten Arms. Beispiele wären das Hochziehen des Kindes vom Boden oder das beliebte „Fliegen“ Spiel beim Spazierengehen. Wenn die klassische Anamnese und Klinik und ausreichende Erfahrung des betreuenden Arztes zusammenkommen, so kann ein Röntgen bei dieser Diagnose eventuell eingespart werden. Bei allen anderen Verletzungen im Bereich des Ellbogens sollte man sehr konsequent und gezielt zur Abklärung ein Skelettröntgen machen.
Ellbogenfrakturen werden traditionell mit Implantaten wie Metallstiften und Schrauben versorgt, wobei die Verwendung von der Konfiguration des Bruches abhängt (siehe Abbildung 2). Seit einiger Zeit wird versucht, bioresorbierbare Implantate zu verwenden, die natürlich den Vorteil haben, dass man sie mit einem weiteren Eingriff nicht mehr entfernen muss. Leider hat sich gezeigt, dass die Implantate der ersten Generationen eine ausgeprägte Gewebsreaktion verursachen. Eine suffiziente Evaluierung von neueren Implantaten steht noch aus, sodass man über die möglichen Vorteile für die Patienten noch keine verlässlichen Aussagen machen kann. Sehr komplexe Ellbogenverletzungen mit schwerem Weichteilschaden und begleitendem Gefäß- und Nervenschaden müssen häufig zunächst mit einem externen Fixateur stabilisiert werden. Dieser wird auch zur Sekundärkorrektur von Ellbogenfrakturen angewandt.
Wenn es um die Behandlung von verletzten Kindern geht, sollte immer jener Kollege vorrangig operieren, der die größte Expertise auf dem jeweiligen Gebiet hat. Rivalitäten zwischen den Fachrichtungen müssen speziell auf dem Gebiet der Kindertraumatologie unbedingt hintangehalten werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Patient am meisten profitiert, wenn Kollegen unterschiedlicher Fachrichtung interdisziplinär zusammenarbeiten und gegenseitig therapeutische Impulse setzen.