Entwicklung eines neuen Krankheitsverständnisses: Psoriasisarthritis (PSA) ist ein komplexes entzündliches Krankheitsbild, das meist bei Patienten mit der Diagnose einer Psoriasis oder einer diesbezüglichen Familienanamnese auftritt. Die Daten zur Häufigkeit der PSA sind sehr variabel und liegen zwischen 6 und 40 %, je nach Studie. Die Schwere der Psoriasis ist ein Risikofaktor für das Auftreten einer PSA, gleichzeitig ist aus klinischen Studien evident, dass Patienten mit PSA meist eine deutlich geringere Hautbeteiligung aufweisen als Patienten mit Psoriasis. Psoriasis und PSA sind aber auch genetisch und pathogenetisch unterschiedlich, ein Umstand, der in den letzten Jahren auch klinisch relevant wurde, da unterschiedliche neue Wirkmechanismen von Medikamenten verschiedenartige Wirkungsprofile auf Gelenke und Haut zeigen.
Die PSA wurde historisch wie die kleine Schwester der rheumatoiden Arthritis (RA) behandelt, wissenschaftlich und auch therapeutisch. So wurden viele Instrumente zur klinischen Beurteilung ausgeborgt, wie z. B. die ACR20/50/70-Ansprechraten oder der DAS28-Index. Auch therapeutisch wurden Medikamente wie Methotrexat, Sulfasalazin und Leflunomid aufgrund ihrer Wirkung in der RA auch in der PSA angewandt, oft mit nur äußerst beschränkter Datenlage aus klinischen Studien.
Dramatische Änderung der therapeutischen Landschaft der PSA in den letzten zwei Dekaden: So wurden anfangs synthetische Medikamente eingesetzt, die sich für die Therapie der PSA, wie oben erwähnt, nur durch ihre Wirksamkeit in der Therapie der RA als Kandidaten qualifizierten und teilweise in Einzelstudien, unkontrollierten Studien oder gar nur empirisch eingesetzt wurden. Methotrexat ist immer noch die auch von der Europäischen Rheumaliga EULAR empfohlene erste Wahl an Basistherapie für Patienten mit PSA, und das, obwohl die einzige randomisierte Studie keinen signifikanten Effekt auf die Gelenkmanifestationen gegenüber Placebo zeigen konnte. Sulfasalazin, ein anderes Medikament aus der RA-Therapie, weist mehrere, z. T. kleinere Studien auf, die wenig konsistente Ergebnisse zur Wirkung bei Arthritis zeigen konnten und dessen Einsatz in dieser Indikation letztlich in Summe vermutlich nur einen geringen Benefit mit sich bringt. Dies war auch die Schlussfolgerung einer Metaanalyse der existierenden Daten. Leflunomid ist das einzige synthetische Medikament zur Behandlung der PSA, für welches eine eindeutig positive randomisierte klinische Studie existiert.
Mit der Ankunft der TNF-α-Inhibitoren (Tumor-Nekrose-Faktor alpha) war ein neues Kapitel aufgeschlagen. Diese biologischen Basistherapien (Antikörper oder Rezeptorkonstrukte) konnten deutliche und signifikante Wirkungen sowohl auf Haut, Arthritis, Enthesitis, Daktylitis als auch Entzündungen des Achsenskeletts (Spondylitis) zeigen. Sie wurden schnell zu den Referenzsubstanzen für alle weiteren Entwicklungen am therapeutischen Sektor der PSA. Es folgten Medikamente, die zwar die Arthritis der PSA nicht besser behandeln konnten, aber deutlichere Effekte auf die Haut hatten. Diese Medikamente interagierten als Interleukin-(IL-)17-Blocker direkt mit einem Schlüsselzytokin der psoriatischen Erkrankung oder indirekt (IL-23-Inhibitoren) durch Hemmung der Aktivierung der Lymphozytenpopulation, die IL-17 als Schlüsselzytokin produziert. Auch die bei der RA erfolgreich eingesetzte Hemmung der Kostimulation von Lymphozyten wurde in der PSA bestätigt.
Aber auch auf der Seite der synthetischen Basistherapie gab es neue Entwicklungen, hier gelangten orale Medikamente auf den Markt, die gezielt entwickelt wurden, um mit spezifischen Prozessen in der Pathogenese der Erkrankung zu interferieren. Inhibitoren der Phosphodiesterase 4 (PDE-4) und der Januskinasen (JAKs) sind die hier vertretenen Medikamente.
Eine spezielle Herausforderung in der PSA ist die Früherkennung: Da in den meisten Fällen die Psoriasis vor der Arthritis auftritt, befinden sich Patienten mit früher PSA meist unter der medizinischen Obhut der Dermatologie oder des Hausarztsystems. Da die Inzidenz einer PSA bei Patienten mit Psoriasis bei ca. 3 % jährlich liegt, ist eine Früherkennung eine durchaus relevante Thematik, und eine Reihe von Screening-Tools wurde in diesem Zusammenhang auch entwickelt. Zusätzliche Risikofaktoren für die Entwicklung einer PSA bei Patienten mit Psoriasis sind die Schwere der Psoriasis, eine Nagelbeteiligung, eine Uveitis und ganz allgemein ein niedriger Schweregrad.
So schwer die Diagnose der PSA ist, so gibt es immer noch keine diagnostischen Kriterien der Erkrankung. Wie bei den meisten rheumatischen Erkrankungen muss man auf die existierenden Klassifikationskriterien zurückgreifen, die jedoch grundsätzlich für klinische Studien entwickelt sind.
Die ältesten und wohl bekanntesten Kriterien sind jene von Moll und Wright. Diese zogen zur Klassifikation eine axiale oder periphere Arthritis bei bestehender Psoriasis und fehlendem Nachweis eines Rheumafaktors heran. Die Kriterien beschrieben fünf verschiedene Subtypen der Erkrankung: die Oligoarthritis, Polyarthritis (ähnlich der RA), axiale Arthritis (ähnlich der ankylosierenden Spondylitis), Arthritis mutilans (destruktive Arthritis) sowie den prädominanten Befall der distalen Interphalangealgelenke. Über viele Jahre erwiesen sich die Kriterien als sehr nützlich und wurden auch immer wieder modifiziert. Zur Klassifikation führen hierbei das Vorliegen einer Arthritis, Spondylitis oder Enthesitis, gepaart mit Psoriasis (aktuell, anamnestisch oder in der Familie), einer Daktylitis, Nagelbeteiligung, eines negativen Rheumafaktors und der typischen radiologischen Anbauzeichen.
Messung der Krankheitsaktivität und Beurteilung des Therapieerfolgs: Mit Treat-to-Target wurde auch für das strategische Management der PSA eine klare Linie vorgegeben, die die zielgerichtete Therapie zum Nutzen der Patienten in den Vordergrund stellt: Verbesserung alleine reicht nicht aus, sondern das Erzielen eines guten Zustandes ist anzustreben. Die Evidenz ist wie immer limitierter als in der RA, jedoch zumindest durch eine klinische Strategiestudie untermauert. Das Ziel ist die Remission.
Hier wird sofort klar, dass die Definition entscheidend ist, denn Remission ist letztlich nichts als ein wohlklingender Terminus. Hier gilt es zu erwähnen, dass die PSA sich zwar durch Arthritis definiert, jedoch auch extraartikuläre und nichtmuskuloskelettale Manifestationen aufweist, die es zu berücksichtigen gilt. Im Wesentlichen handelt es sich also um die Domänen Arthritis, Psoriasis, Enthesitis, Daktylitis, Spondylitis sowie systemische entzündliche Aktivität; übergreifende Domänen betreffen die Körperfunktion und die Lebensqualität der Patienten mit PSA.
Es existieren verschiedenste individuelle Instrumente für die Beurteilung der einzelnen Domänen: Für die Arthritis wurde der Disease Activity Index for Psoriatic Arthritis (DAPSA) entwickelt, der analog zu den Tools in der RA ein integratives Bild der Arthritis wiedergibt; andere Scores wie der ACR-Responder-Index oder DAS28 wurden für die RA entwickelt und werden immer wieder für die PSA angewandt. Entscheidend beim DAPSA ist die Erwägung von 66/68 Gelenken und nicht nur der limitierten 28 Gelenke, die typischerweise in der RA beurteilt werden. Für die Haut sind eigene, zum Teil komplexere Instrumente vorhanden, wie der Psoriasis-Activity- and Severity-Index (PASI) oder die Body Surface Area (BSA); dazu gibt es Enthesitis-Indizes, die je nach Art unterschiedliche Sehnenansatzpunkte evaluieren, sowie Daktylitis-Instrumente; die Beurteilung der axialen Beteiligung bei der PSA kann mit Instrumenten erfolgen, die für die axialen Spondylarthropathien entwickelt wurden.
Ein rezent sehr intensiv diskutiertes Thema ist es, ob die erhobenen Ergebnisse der Einzeldomänen auch wirklich einzeln verwendet und interpr
etiert werden sollen (unidimensionaler Ansatz), oder ob dies als Kombination aller Domänen in integrativen Indizes (multidimensionaler Ansatz) erfolgen soll. Die Instrumente für die Einzeldomänen wurden gerade überblickend dargestellt. Die multidimensionalen Instrumente inkludieren kontinuierliche Indizes wie den PASDAS und den CPDAI, die unterschiedlichste Domänen in einem Index integrieren. Ein Instrument zur Beurteilung des Vorhandenseins eines gut kontrollierten Krankheitszustands (Minimal Disease Activity – MDA) ist ebenfalls verfügbar, erlaubt jedoch keine quantitative Erfassung der Krankheitsaktivität.
Für die klinische Praxis mag der unidimensionale Zugang besser praktikabel sein, da dieser eine klare Aussage zu machen erlaubt, welche Domäne der PSA betroffen ist. Da unterschiedliche Medikamente unterschiedlich gut auf die verschiedenen Domänen wirken, ist diese Information im klinischen Alltag essenziell. Der unidimensionale DAPSA ist hier im Speziellen für die Rheumatologen ein hilfreiches Tool, da der Fokus auf der Domäne „Arthritis“ liegt. Gleichzeitig konnte aber auch gezeigt werden, dass das Erreichen einer Remission im DAPSA auch mit dem Fehlen von Enthesitis und Daktylitis verbunden ist. Dies ist durch die Inklusion der Schmerz-Skala in den DAPSA nachvollziehbar, da das Fehlen von Schmerz eine Aktivität in den beiden anderen Domänen höchst unwahrscheinlich macht. Bei Vorhandensein einer relevanten Hautbeteiligung sollte eine interdisziplinäre Betreuung mit Dermatologen – auch nach den Empfehlungen der EULAR – erfolgen.