An Herrn Bundeskanzler Sebastian Kurz und Herrn Vizekanzler Heinz-Christian Strache
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler!
Über die Schädlichkeit des Rauchens und des Passivrauchens herrscht seit vielen Jahren kein Zweifel. Ebenso steht aus wissenschaftlicher Sicht die Sinnhaftigkeit von Rauchverboten zum Schutz der Menschen außer Frage. Umso bestürzter sind wir, die österreichischen Lungenfachärzte, über die von Ihnen angekündigte Aufhebung des für Mai 2018 bereits beschlossenen generellen Rauchverbots in der Gastronomie. Sie schlagen damit alle Warnungen der Wissenschaft in den Wind und sind dabei, einen Schritt zu setzen, der nachweislich Menschenleben und viel Geld kosten wird.
Sie führen an, dass durch ein Rauchverbot in der Gastronomie Bürger* bevormundet würden. Wir setzen dem entgegen: Es ist aber sehr wohl Aufgabe der Regierung, die Bürger zu schützen. Ihrer Argumentation zufolge würden Raucher durch das geplante Rauchverbot in ihrer Freiheit eingeschränkt werden. Was aber ist mit dem Recht der Nichtraucher?
In demokratischen Gesellschaften herrscht darüber Konsens, dass jeder das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit hat, soweit er nicht gegen die Rechte anderer verstößt. Die von Ihnen geforderte „Freiheit“ der Raucher geht aber zulasten anderer. Denn durch die Aufhebung des Rauchverbotes wird – durch das Passivrauchen – Menschen potenziell das Recht auf körperliche Unversehrtheit genommen. Ebenso wie Menschen in Österreich ein Recht auf gesundes, unbelastetes Trinkwasser haben, haben sie ein Recht auf gesunde, rauchfreie Luft!
Solange dieses Recht der Nichtraucher nicht gewährleistet ist, sehen wir als Lungenfachärzte es als unsere Aufgabe an, Sie mit Nachdruck – und wenn es sein muss auch immer wieder – auf die Gefahren und Konsequenzen der geplanten Änderung hinzuweisen und Ihnen die zahlreichen positiven Effekte, die ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie nach wissenschaftlichen Erkenntnissen bringen würde, aufzuzeigen.
Einige Fakten:
Rauchverbote in der Gastronomie bringen zahlreiche gesundheitliche Benefits:
All dies wird durch die geplante Aufhebung des 2015 – auch von Ihnen, Herr Bundeskanzler, – beschlossenen generellen Rauchverbots in der Gastronomie nun leichtfertig aufgegeben!
Auch wenn ein generelles Rauchverbot bis 18 Jahre sehr zu begrüßen ist, und auch die – von der ÖGP schon lange gestellte – Forderung nach einem Rauchverbot im Auto, wenn Minderjährige mitfahren, umgesetzt wird, und wenn sich Kinder und Jugendliche in Zukunft nicht mehr im Raucherbereich von Lokalen aufhalten dürfen, sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Gastronomie in den Raucherbereichen nach wie vor ungeschützt dem Passivrauch ausgesetzt. Und auch die negative Vorbildwirkung bleibt bestehen: Wenn Ausgehen und gemütliches Beisammensein automatisch mit Zigarettenrauch assoziiert wird, lässt dies Jugendliche viele eher selbst zur Zigarette greifen.
Mit dem Kippen des generellen Rauchverbotes in der Gastronomie verzichten Sie ganz bewusst auf die erwartbaren vielfältigen positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen in Österreich. Das Aus für das generelle Rauchverbot in der Gastronomie ist aus unserer Sicht ein schwerer Fehler mit weitreichenden Konsequenzen!
In diesem Sinne behalten wir uns für den Fall einer tatsächlichen Aufhebung des ursprünglich beschlossenen Rauchverbots in der Gastronomie ab 1. Mai 2018 direktdemokratische Initiativen zur Beibehaltung dieser Regelung vor bzw. werden wir solche Initiativen tatkräftig unterstützen!
Für die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Schenk, MSc, MBA, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie,Vorstand der Abteilung für Pulmologie, Landesklinikum Hochegg
Prim. Univ.-Prof. Dr. Ernst Eber, Vize-Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, Leiter der Klinische Abteilung für Pädiatrische Pulmologie und Allergologie,Vorstand der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz
Em. Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard Kneussl, Past-Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, ehem. Vorstand der 2. Medizinischen Abteilung mit Pneumologie, Wilhelminenspital Wien, Medizinische Universität Wien
Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie,Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde Kepler Universitätsklinikum Linz
* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Brief teilweise auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet. Sofern nicht anders vermerkt, gelten alle Bezeichnungen für beide Geschlechter.
(OTS, 19.12.2017)
Zum Thema: Nichtraucher-Petition der Österreichischen Krebshilfe