OEGHO- & AHOP-Frühjahrestagung 2019 | ePROs − Digitalisierung als Chance für die onkologische Pflege

Im onkologischen PatientInnen- und Symptommanagement werden zunehmend elektronische Patient-Reported Outcomes (ePROs) herangezogen. Darunter sind elektronisch erfasste gesundheits- oder krankheitsbezogene Berichte zu verstehen, welche direkt von den PatientInnen stammen und nicht durch eine zweite oder dritte Person (z. B. Angehörige, Pflegende, Ärztinnen/Ärzte) beeinflusst werden. Ermöglicht wird dies durch eine App am Smartphone, Tablet-PC oder Laptop. Das tägliche Befinden kann elektronisch dokumentiert und optional an das onkologische Pflegepersonal im Krankenhaus gesendet werden. Bei steigender Symptomintensität wird mit den PatientInnen frühzeitig Kontakt aufgenommen, der individuelle Gesundheitszustand reflektiert sowie die weitere Vorgehensweise – wie etwa Hospitalisierung oder Hinzuziehung von HauskrankenpflegerInnen/Hausärztinnen/Hausärzten – besprochen. Die elektronischen Aufzeichnungen bilden zudem eine Grundlage für Anamnese- und Visitengespräche.

Die Relevanz von ePROs

Österreich weist eine Krebsinzidenz von circa 40.000 Personen pro Jahr auf. Laut internationaler Literatur gehen Tumorerkrankungen und daraus resultierende Therapiemaßnahmen für PatientInnen mit Nebenwirkungen einher. Diese haben negativen Einfluss auf das physische, psychische und emotionale Befinden. Folglich sinkt die subjektiv wahrgenommene Lebensqualität. Die gemeinsame Symptomreflexion mit dem Pflegepersonal erfolgt retrospektiv im Zuge des Anamnesegespräches. Verzerrungseffekte, wie z. B. der „affective valence effect“ oder der „mood congruent memory effect“, können die Berichterstattungen der PatientInnen beeinflussen. Der erste Effekt bezieht sich auf die Tatsache, dass sich Menschen an positiv besetzte Ereignisse besser zurückerinnern können als an negative. Unter dem zweiten Effekt wird das Phänomen verstanden, dass Symptome umso intensiver wahrgenommen werden, wenn diese zum Befragungszeitpunkt vorhanden sind.

Internationale Erfahrungswerte

ePROs führen zu einer Verringerung der Hospitalisierungsrate (34 % vs. 56 %; p < 0,08) und reduzieren die ambulanten Aufenthalte im Setting Krankenhaus (34 % vs. 56 %; p < 0,02). Durch den Einsatz von ePROs kommt es weiters zu einem geringeren Zeitaufwand für symptombezogene Nachbesprechungen (14,9 vs. 19,7 min) und länger andauernden multiprofessionellen Visitengesprächen (2,4 vs. 3,1 min). Anhand der elektronisch erfassten PatientInnendaten kann das pflegerische Symptom- und PatientInnenmanagement unterstützt werden. Das Pflegepersonal schult PatientInnen hinsichtlich des adäquaten Gebrauchs von ePRO-Systemen im privaten Setting und hält mit diesen den Kontakt über den Krankenhausaufenthalt hinaus aufrecht. Die Kommunikation zwischen den PatientInnen und professionellen Gesundheits- und KrankenpflegerInnen wird dabei durch ePROs unterstützt, jedoch nicht ersetzt.

Die Akzeptanz gegenüber ePROs ist seitens der PatientInnen gegeben (Abb.). In einer quantitativen Querschnittsstudie gaben 77,8 % der ProbandInnen an, Einsicht in die erhobenen Daten zu wünschen. 82,2 % standen einer gemeinsamen Reflexion mit Pflegepersonen und Ärztinnen/Ärzten positiv gegenüber. PatientInnen berichteten, dass durch das Heranziehen von ePRO-Systemen das subjektive Verständnis gegenüber durchlebten Symptomen sowie absolvierten onkologischen Therapiemaßnahmen anstieg und es zu keinem finanziellen oder organisatorischen Mehraufwand kam. Der anhaltende Kontakt zum Pflegepersonal löste ein Gefühl von Sicherheit aus. Skepsis und Irritationen ergaben sich vorrangig im Bereich des Datenschutzes und in der grafischen Aufbereitung von Symptomen. Letzteres bezieht sich unter anderem auf die Darstellung der Symptomintensität anhand der positiv besetzten Signalfarbe Grün.

 

 

Diskussion und Ausblick

PatientInnen mit malignen Tumorerkrankungen durchleben krankheits- und therapiebezogene Symptome, welche nachweislich negativen Einfluss auf die subjektiv wahrgenommene Lebensqualität haben. Anhand von ePRO-Systemen können betroffene Personen das tägliche Befinden dokumentieren und aktiv in den Pflegeprozess integriert werden. Der Gebrauch von elektronisch erfassten Daten wirkt sich positiv auf das pflegerische Symptom- und PatientInnenmanagement aus.

Anwendungsbezogen erfolgt durch den Einsatz von ePRO-Systemen eine systematische Selektion der onkologischen PatientInnen. Personen mit einem niedrigen Bildungsniveau (p < 0,0002), einem schlechten oder schwankenden Gesundheitszustand (p < 0,0327), mangelnden Technikkenntnissen (p < 0,0003) und einem hohen Alter (p < 0,0014) lehnen diese Art der technischen Applikation ab oder bevorzugen idente papierbasierte Versionen. Des Weiteren ist die internationale Vergleichbarkeit der dargestellten Forschungsergebnisse teilweise erschwert, da methodische Herangehensweisen, Stichprobengrößen und evaluierte Assessmentinstrumente in den Studien voneinander abweichen. Ethikbezogen sollte die Überlegung diskutiert werden, ob das Heranziehen von ePRO-Systemen für betroffene PatientInnen einen zusätzlichen Stressfaktor darstellt. Einer kritisch-reflektierten Auseinandersetzung mit diesem Thema kann somit ein hoher Stellenwert zugesprochen werden.

Für die zukünftige Implementierung von ePROs in den onkologischen Pflegeprozess benötigt es Stabstellen im österreichischen Gesundheitssystem. Besetzt werden können diese von Pflegenden mit Zusatzqualifikationen. Anhand von Forschungsprojekten wirken PflegewissenschafterInnen (MScN) an der Entwicklung, Implementierung und Evaluierung von ePRO-Systemen mit. Advanced Nursing Practitioners (ANP) übernehmen eine Schlüsselfunktion im Symptom- und PatientInnenmanagement. &Acirc;

Literatur beim Verfasser