Blasenkarzinom: muskelinvasiv

Gild P et al., Cigarette smoking is adversely associated with pathological response to platinum-based neoadjuvant chemotherapy in patients undergoing treatment for urinary bladder cancer – Abstract #705

Ein kausaler Zusammenhang zwischen Rauchen und der Entwicklung eines Urothelkarzinoms ist bekannt. Während experimentelle Studien auf eine nikotin-induzierte Chemoresistenz auf platin-basierte Chemotherapieregime hinweisen, wurden diesbezügliche Zusammenhänge bei Patienten unter neoadjuvanter Chemotherapie (NAC) noch nicht gezeigt. In dieser prospektiven europäischen Multicenter-Studie sollte nun der Einfluss von Zigarettenrauchen auf das pathologische Ansprechen auf eine NAC vor radikaler Zystektomie untersucht werden. Durchgeführt wurde die Studie von der EAU Young Academic Urologists (YAU) Urothelial Carcinoma Group.

Studie: In die Studie wurden 188 Patienten eingeschlossen, von diesen waren 47 Nie-Raucher, 71 frühere Raucher und 50 Raucher. Ein pathologisches Ansprechen wurde unterteilt in vollständiges, partielles und kein Ansprechen.

Definitionen:

– Vollständiges Ansprechen: keine Resterkrankung (pT0, pN0)
– partielles Ansprechen: Resterkrankung, nicht-muskelinvasiv (pTa/p Tis/pT1, pN0)
– kein Ansprechen: residual muskelinvasiver Tumor (pT2-4) oder Lymphknoten-Beteiligung (pN+)

Das Ergebnis: Insgesamt bestand die Kohorte aus 168 NAC-Patienten, das mediane Follow-Up betrug 15 Monate. 28,0 %, 42,3% und 29,8 waren Nie-, frühere und aktuell Raucher. Gemäß multivariater Regressionsanalyse war ein früherer oder aktueller Raucherstatus signifikant mit einem geringeren vollständigen pathologischen Ansprechen assoziiert. Ein aktueller Raucherstatus war zudem signifikant mit einer größeren Wahrscheinlichkeit für Nicht-Ansprechen verbunden. In der multivariaten Cox-Regressionsanalyse stand der Raucherstatus nicht mit dem Überleben in Zusammenhang.

FAZIT: Ein früherer und aktueller Raucherstatus wirken sich ungünstig auf ein pathologisches Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie vor radikaler Zystektomie aus.

 


 
Hermans T et al., Superior efficacy of neoadjuvant chemotherapy and radical cystectomy in cT3-4aN0M0 compared to cT2N0M0 bladder cancer – Abstract #91

Eine neoadjuvante Chemotherapie (NAC) wird für Patienten mitcT2-4aN0M0-Tumoren empfohlen. Eine niederländische populationsbasierte Studie [Daten entstammten dem niederländischen Krebsregister; Patienten erhielten zwischen 1995 und 2013 entweder upfront-radikale Zystektomie (RC) oder eine neoadjuvante Chemotherapie (NAC) oder eine neoadjuvante Radiotherapie (NAR) vor RC] hatte folgendes Ziel:

Es sollten ein vollständiges pathologisches Downstaging (pCD ≤(y)pT1N0) und  das Gesamtüberleben für radikale Zystektomie (RC) mit oder ohne neoadjuvanter Chemotherapie (NAC) oder neoadjuvanter Radiotherapie (NAR) bei cT2- und cT3-4aN0M0-Tumoren verglichen werden.

Die Ergebnisse: Insgesamt inkludierte die Studie 4.504 cT2N0M0-Patienten und 1.013 cT3-4aN0M0-Patienten. Das mediane Follow-Up betrug 8, 4 Jahre. Bezogen auf RC alleine und NAC + RC erwies sich die Kombination einer NAC + RC hinsichtlich Downstating-Raten effizienter als eine RC allein; dies sowohl bei cT2N0M0- als auch bei cT3-4a N0M0-Tumoren.

Die 3-Jahres-Gesamtüberlebensraten bei cT2N0M0-Patienten betrugen 65% and 60% für NAC + RC vs. RC allein (p=0,016), gleichbedeutend einer number-needed-to-treat (NNT) von 20, bei cT3-4a N0M0-Patienten 60% vs. 45% (p<0,001) (NNT 7). In der multivariaten Analyse bestätigte sich der Effekt einer NAC nur bei cT3-4a-Tumoren (HR 0,64) und nicht bei cT2-Tumoren (HR 0,84).

FAZIT: Es handelt sich hierbei um eine sehr relevante Studie, wenn man sich die NNT zwischen cT2- und cT3-4a ansieht. Es stellt sich die Frage, welche Patienten mit einer potenziell toxischen neoadjuvanten Therapie behandelt werden sollen, um eine hohe NNT zu vermeiden – da gemäß Studie nicht jeder Patient von einer neoadjuvanten Therapie profitiert.

Limitationen der Studie: populationsbasiert, retrospektiv, kein karzinomspezifischen Überlebensdaten, keine Details zu den Chemotherapie-Schemata.

 


 
Briganti A et al., Early surgical safety outcomes from PURE-01: Secondary analysis from a phase 2 open-label study of neoadjuvant pembrolizumab before radical cystectomy for muscle-invasive urothelial bladder carcinoma (MIBC) – Abstract #370

Immun-Checkpointinhibitoren haben die Therapielandschaft beim Blasenkarzinom revolutioniert. Ein Vertreter ist Pembolizumab – die Substanz wurde als neoadjuvante Therapie beim muskelinvasiven Blasenkarzinom (MIBC) evaluiert. Keine Daten gab es bislang über Sicherheit der Kombination einer neoadjuvanten Therapie mit Pembrolizumab mit einer radikalen Zystektomie bei MIBC. Am EAU 2018 wurde nun eine erste Interimsanalyse der Phase-II-Studie PURE-1 präsentiert. Prädikat: heiß!

Studie: Eingeschlossen wurden 22 Patienten mit histologisch bestätigten ≤T3N0-Tumoren und einer Resterkrankung nach TURB. Die Studie inkludierte cisplatin-geeignete und –nichtgeeignete Patienten. Die Patienten erhielten 3 Zyklen Pembrolizumab 200mg alle drei Wochen vor radikaler Zystektomie. Sprachen die Patienten auf Pembrolizumab nicht an, konnten cisplatin-geeignete Patienten MVAC erhalten, dies war bei 20% der Patienten der Fall. Die mediane Gesamtbehandlungsdauer betrug 63,5 Tage.

Das Ergebnis: Gemäß der Daten ist eine neaodjuvante Pembrolizumab vor radikaler Zystektomie machbar, sicher und gut verträglich. Es gab kein Übermaß postoperativer Komplikationen, es wurde allerdings über Fälle von Fieber unbekannten Ursprungs und späte immunologische Nebenwirkungen berichtet, die eines kontinuierlichen Monitorings bedürfen.

Limitation: Es wurden erst 12 Patienten hinsichtlich chirurgischer Sicherheit evaluiert. Wirksamkeit- und Biomarker-Daten werden am diesjährigen AUA präsentiert.

Kommentar Univ.-Prof. Dr. S. F. Shariat: Der Vorteil einer neoadjuvanten Immuntherapie ist, dass Patienten fit zur radikalen Zystektomie kommen. Die immun-assoziierten Nebenwirkungen in der Studie waren nicht signifikant.

 


 
Omar K et al., Long term oncological outcomes following the randomised controlled cystectomy: Open, robotic and laparoscopic (CORAL) trial – Abstract #377

Die CORAL-Studie ist die erste randomisierte prospektive Studie, welche die drei Methoden der Zytektomie (offen, robotisch, laparoskopisch) evaluiert.

Die Ergebnisse: 60 zwischen 2009 und 2012 eingeschlossene Patienten wurden randomisiert, 59 erhielten eine radikale Zystektomie, 58 Patienten wurden über ein medianes Follow-Up von 65 Monaten nachbeobachtet. Von Interesse war das histopathologische und onkologische Outcome. Keine Technik war der anderen überlegen; es wurde kein signifikanter Unterschied zwischen den drei Methoden im 5-Jahres-rezidivfreien, karzinomspezifischen und Gesamt-Überleben gefunden.

Limitation: Kleine Patientenzahl, single-center-Studie, kurzes Follow-Up.

FAZIT: Die Outcomes nach radikaler Zystektomie sind nicht Technik- sondern Zentrumabhängig

 


 
Necchi A et al., Impact of number of cycles of platinum-based first-line chemotherapy for advanced urothelial carcinoma – Abstract #89

Sechs Zyklen einer platinbasierten Chemotherapie werden gewöhnlich in der Behandlung des lokal fortgeschrittenen nicht-resezierbaren oder metastasierten Blasenkarzinom eingesetzt. Die Toxizität von Cisplatin kann zur Herausforderung werden.

Necchi A et al untersuchten in einer multizentrischen, retrospektiven Studie die Auswirkungen der Anzahl von Erstlinien-Chemotherapie-Zyklen beim fortgeschrittenen Blasenkarzinom.

Das Ergebnis: Insgesamt 157 Patienten erhielten median 4 Zyklen, 315 Patienten median 6 Zyklen einer platinbasierten Chemotherpaie. Es wurde kein Unterschied im Gesamtüberleben zwischen 4 und 6 Zyklen gefunden (p=0,57).

FAZIT: die Studie ist hypothesengenerierend. Es bräuchte überzeugende Daten, bevor 4 Zyklen der neue Therapiestandard beim lokal fortgeschrittenen und metastasierten Blasenkarzinom werden könnte.

Kommentar Univ.-Prof. Dr. S. F. Shariat: Es ist zu bezweifeln, dass eine prospektive Studie zur Klärung aufgelegt wird. Wenn diese Daten in den Guidelines verankert werden, könnten 4 Zyklen als Option hervorgehen.