Eine für die Praxis wichtige Präsentation, die besonders hervorsticht, ist die Analyse zum Gesamtüberleben in der Flaura-Studie, in der Osimertinib bei Patienten mit EGFR-mutiertem NSCLC als Erstlinientherapie untersucht wurde und das progressionsfreie Überleben signifikant verbessern konnte – bei besser Verträglichkeit. Gefehlt haben die Daten zum Gesamtüberleben.
OA Dr. Georg Pall: „Bei EGFR-mutierten Tumoren beschäftigt uns schon lange die Frage, welche Tyrosinkinaseinhibitoren in welcher Sequenz die beste Strategie sind. Die nunmehr vorliegenden Daten der FLAURA-Studie zeigen, dass Osimertinib auch das Gesamtüberleben gegenüber den beiden Erstgenerations-TKI statistisch signifikant um etwa 7 Monate verbessert (medianes OS: 39 Monate). In der Zusammenschau mit den bereits bekannten Daten hat sich das Bild von Osimertinib als der wohl gültige Erstlinientherapiestandard abgerundet. Wir sehen in dieser Studie eine Verbesserung in allen Endpunkten. Ich denke die Strategie, den besten verfügbaren Tyrosinkinaseinhibitor auch wirklich als erste Therapie einzusetzen, ist mit diesen Daten nun endgültig bestätigt worden. Die sequentiellen Therapiestrategien, in denen Osimertinib sozusagen für die Resistenzsituation aufgehoben wird, haben aus meiner Sicht an Bedeutung verloren, weil viele der Patienten in der Resistenzsituation gar nicht bis zur Zweitlinientherapie gebracht werden können.“
Ebenfalls in der Presidential-Session wurde die CheckMate-227-Studie präsentiert. CheckMate-227 ist eine komplexe Studie zur Immuntherapie bei NSCLC-Patienten mit unterschiedlichen Tumorhistologien und jeglicher PD-L1-Expression. Es wurde eine platinbasierte Doublette-Chemotherapie mit verschiedenen Immuntherapie-Armen verglichen.
OA Dr. Georg Pall: „Am interessantesten waren dabei die Daten zur Kombination Nivolumab+Ipilimumab, zu der am ESMO erstmals Ergebnisse zum Gesamtüberleben präsentiert wurden. Insbesondere bei den Patienten mit PD-L1-Negativität konnte für diese duale Immuntherapie eine gute Effektivität nachgewiesen werden, so dass hier zukünftig unter Umständen für manche Patienten eine chemotherapiefreie Alternative zur Verfügung stehen wird. Einschränkend ist dabei jedoch auf die erhöhte Rate an immunvermittelten Toxizitäten und den höheren Prozentsatz an primär refraktären Patienten hinzuweisen. Die Frage jetzt ist, wie wir diese Ergebnisse mit unseren gültigen Standards vergleichen.“ Es gibt dazu mehrere Überlegungen. Interessant wären u.a. jene Patienten ohne PD-L1-Expression, die in einer Subgruppe ebenfalls untersucht wurden und möglicherweise Kandidaten für eine chemotherapiefreie Option sein können.
Für Atezolizumab als Erstlinientherapie waren bislang nur Kombinationsstudien mit Chemotherapie verfügbar. Demgegenüber war die IMpower110-Studie ein randomisierter Vergleich des PD-L1-Inhibitors Atezolizumab als Monotherapie gegen eine platinbasierte Doublett-Chemotherapie. Im Ergebnis war die Immuntherapie mit Atezolizumab der Chemotherapie bei Patienten mit hoher PD-L1-Expression überlegen, wie es ähnlich auch von Pembrolizumab (Keynote-24) bekannt ist.
OA Dr. Georg Pall: „Eine Schwierigkeit besteht darin, dass die diagnostischen Tests zur Messung der PD-L1-Expression für die jeweiligen Substanzen unterschiedlich sind, verschiedene Zellpopulationen inkludieren und auch unterschiedliche Scores verwenden, sodass man die Ergebnisse kaum vergleichen kann und man letztlich davon ausgehen muss, dass ganz unterschiedliche Patientenkollektive behandelt wurden.“ Das Umsetzen dieser Daten in die klinische Praxis ist daher eine Herausforderung. Nach erfolgter Zulassung wird auch der entsprechende diagnostische Begleittest erforderlich sein.