Die überzeugenden Erfolge der CAR-T-Zell-Therapie beim diffus großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL), beim primär mediastinalen B-Zell-Lymphom sowie beim transformierten follikulären Lymphom (FL) machen diese Therapie auch interessant für weitere B-Zell-Malignome, speziell für das FL, welches nach dem DLBCL (mit einem Anteil von ca. 33 %) mit ca. 17 % den zweithäufigsten Subtyp aller Non-Hodgkin-Lymphome und den häufigsten Subtyp der indolenten Lymphome in der westlichen Welt darstellt. Patienten mit einem FL sind eine heterogene Population und viele FL-Patienten sind aufgrund eines wenig aggressiven Verlaufes keine Kandidaten für eine CAR-T-Zell-Therapie. Erst kürzlich konnte im Rahmen des 9-Jahres-Updates der PRIMA-Studie gezeigt werden, dass nach einer Chemo-Immuntherapie gefolgt von einer 2-jährigen Erhaltungstherapie mit Rituximab das progressionsfreie Überleben (PFS) für die Gesamtpopulation 10,5 Jahre beträgt und das Gesamtüberleben (OS) nach 10 Jahren bei 80 % liegt.
Es gibt jedoch eine Subgruppe von FL-Patienten mit einer schlechten Prognose. Dies sind v. a. Patienten, welche keine Remission nach der Erstlinien-Chemo-Immuntherapie erreichen, bzw. solche, die innerhalb der ersten 2 Jahre relapsieren. Für diese Patienten beträgt das 5-Jahres-OS lediglich 50 %. Diesen Patienten wird derzeit – sofern möglich – eine autologe Stammzelltransplantation angeboten. Einem kleinen Teil an FL-Patienten mit mehreren Relapsen nach verschiedenen verfügbaren Therapieoptionen kann auch eine allogene Stammzelltransplantation angeboten werden, dies ist jedoch häufig mit einer hohen „Transplantations-assoziierten Mortalität“ von bis zu 40 % verbunden, die durch die Verwendung von reduzierter Konditionierung auf ca. 15 % gesenkt werden kann.
Nichtsdestotrotz ist die allogene Stammzelltransplantation aufgrund höheren Alters und/oder vorhandener Komorbiditäten in dieser Situation oft keine valide Therapieoption. Speziell für Patienten mit frühem Relaps oder Relaps nach autologer Stammzelltransplantation bietet sich daher eine CAR-T-Zell-Therapie mit den derzeit verfügbaren Produkten, Tisagenlecleucel (CTL019) oder Axicabtagen-Ciloleucel (KTE-C19) – beide gegen das CD19-Antigen gerichtet, oder auch mit neuen Produkten gegen ein anderes B-Zell-spezifisches Antigen im Rahmen von klinischen Studien an. Die bisherige Datenlage dazu ist noch gering und beschränkt sich weitestgehend auf Einzelfallberichte oder Berichte von wenigen Patienten im Rahmen von Studien mit mehreren verschiedenen, jedoch überwiegend aggressiven Lymphomen.
Der erste FL-Patient, welcher erfolgreich einer Zell-Therapie unterzogen wurde und eine langanhaltende Remission erzielte, war ein refraktärer FL-Patient aus dem nationalen Krebsinstitut der USA (NCI). In einer anschließenden kleinen Studie mit indolenten Lymphompatienten (darunter FL: n = 4, im Median 4 Vortherapien) aus dem NCI wurde berichtet, dass alle 4 Patienten eine partielle Remission (PR) erzielten und bei 75 % der Patienten das Ansprechen auch zum Zeitpunkt der Publikation (Monate 7+, 8+, 18+) bestehen blieb. Das Fred Hutchinson Cancer Research Center (FHCRC) berichtet sehr rezent von einer Studie, in der neben transformierten (n = 13) auch 8 relapsierte/refraktäre (r/r) FL-Patienten mit derzeit nicht kommerziell verfügbaren CAR-T-Zellen behandelt wurden. Die Rate an kompletten Remissionen (CR) betrug 88 % für die Gruppe der r/r FL-Patienten. Alle Patienten, die eine CR erreichten, blieben nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 24 Monaten in Remission.
Die größte Serie von nicht transformierten FL-Patienten stammt von der Universität Pennsylvania. Dabei handelte es sich um 14 FL-Patienten mit frühem Relaps (innerhalb von 24 Monaten) oder um refraktäre Patienten auf zumindest zwei vorangegangene Therapien. Das Ansprechen (ORR) betrug 79 %, die CR-Rate war mit 71 % ähnlich zu der vorher erwähnten Studie. Nach einem medianen Follow-up von 29 Monaten war das mediane PFS noch nicht erreicht und 70 % waren krankheitsfrei.
Diese Daten zeigen, dass die CAR-T-Zell- Therapie bei der Subpopulation von r/r FL-Patienten sicherlich eine vielversprechende Therapieoption darstellt, die natürlich durch weitere Studiendaten untermauert werden muss. Bekannte schwerwiegende Nebenwirkungen der CAR-T-Zell-Therapie wie das Zytokin-Freisetzungssyndrom (Cytokine Release Syndrom, CRS) oder neurologische Symptome und Komplikationen werden auch bei der Behandlung von r/r FL-Patienten beschrieben, scheinen jedoch insgesamt im Schweregrad mit meist ≤ Grad 2 weniger stark ausgeprägt und wie sonst auch passager und insgesamt managebar zu sein. Insgesamt ist jedoch die Datenlage für diese Indikation noch gering.
In Österreich ist aktuell eine Studie für r/r FL-Patienten mit Grad 1, 2 und 3A am Ordensklinikum Linz mit Tisagenlecleucel (CTL019) verfügbar (ELARA-Studie).
Neben dem FL bieten sich natürlich auch weitere (refraktäre) Lymphomentitäten an, v. a. das Mantelzell-Lymphom (MCL), da auch beim r/r MCL die Prognose im Relaps nach autologer Stammzelltransplantation oder nach Versagen neuer BTK-Inhibitoren wie Ibrutinib oder Acalabrutinib ungünstig ist und für diese Patienten keine kurativen Optionen bestehen. Die bisherige Datenlage beim r/r MCL ist allerdings auf wenige Patienten aus einzelnen Institutionen beschränkt. Aus dem NCI wird beispielhaft von 1 Patienten mit einer lang anhaltenden CR von über 17 Monaten berichtet, andererseits rapportiert das FHCRC 4 Patienten mit einer ORR von nur 25 % ohne Erreichen einer CR. Auch zwei Patienten der Universität von Pennsylvania erzielten keine CR, die ORR betrug 50 %. Mehr Aufschlüsse sind von der aktuell laufenden ZUMA-2-Studie zu erwarten, welche mit Axicabtagen-Ciloleucel (KTE-C19) r/r Patienten mit MCL nach ≤ 5 vorangegangenen Therapien auf Ansprechen, Responsedauer, PFS und OS untersucht.
Auch für die Behandlung von Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) mit ungünstiger Prognose, wie Patienten mit TP53-Veränderungen und komplexem Karyotyp, könnte die Therapie mit CAR-T-Zellen zukünftig eine interessante Therapieoption sein und unter Umständen die allogene Stammzelltransplantation für dafür geeignete Patienten ersetzen bzw. eine zusätzliche Option für den Großteil der älteren CLL-Patienten (mittleres Alter bei Diagnosestellung > 70 Jahre) mit vorhandenen Komorbiditäten darstellen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Therapie der CLL durch die Einführung von BTK (Brutons Tyrosin Kinase)-Inhibitoren wie Ibrutinib, PI3K (Phosphoinositid-3-Kinase)-delta-Inhibitoren (Idelalisib) sowie BCL (B-Zell Lymphom)-2-Inhibitoren (Venetoclax) gerade einem dramatischen therapeutischen Wandel unterzogen wird. Die Erfahrung mit CAR-T-Zellen bei der CLL im Allgemeinen und speziell nach dem Einsatz dieser neuen „B Zell Rezeptor Signalweg“-Inhibitoren (BCRi) ist limitiert, wenngleich bis dato doch in Summe über ca. 130 Patienten berichtet wurde. Generell handelt es sich dabei um Patienten mit schlechter Prognose mit einem Rückfall nach multiplen Therapielinien, ca. 70 % der Patienten hatten TP53-Veränderungen und etwa 60 % einen komplexen Karyotyp. 12 Patienten hatten eine Richter Transformation, 9 Patienten hatten bereits eine vorangegangene allogene Stammzelltransplantation, 68 Patienten erhielten CAR-T-Zellen nach einer Therapie mit Ibrutinib und 25 Patienten nach Anwendung von Venetoclax. Die Effektivität der CAR-T-Zell-Therapie scheint mit CR-Raten von 20–30 % und einem PFS von 25 % nach 18 Monaten geringer zu sein als beispielsweise für die B-ALL (akute lymphatische Leukämie) oder für das DLBCL. Auch ist das Ansprechen in Lymphknoten, peripherem Blut und Knochenmark unterschiedlich stark ausgeprägt. Veränderungen am chimären Rezeptor, Adaptierungen in der Lymphozyten-depletierenden Therapie vor der Rücktransfusion der CAR-T-Zellen als auch die Integration von BCRis wie Ibrutinib oder Venetoclax stellen Optionen zur zukünftigen Verbesserung der CAR-T-Zell-Therapie bei der CLL dar.
In Österreich ist aktuell eine CAR-T-Zell-Therapiestudie für Patienten mit CLL an der Paracelsus Universitätsklinik Salzburg (PMU) verfügbar.