Fehlhaltungen durch langes Sitzen, ein häufig nach vorne geneigter Kopf, schlechte Lagerung des Kopfes beim Schlafen, Zugluft, Überlastung und psychische Belastungen – all das können Ursachen für Nackenschmerzen sein. In den meisten Fällen handelt es sich um eine lokale Überlastung der Muskeln, und es ist keine andere körperliche Ursache feststellbar. Gerade die Arbeit am Computer, aber auch schwere körperliche Arbeit oder das nach vorne Neigen des Nackens bei Smartphone-Benutzung führen zu degenerativen Prozessen der Halswirbelsäule.
Besonders die jüngere Generation verbringt zunehmend mehr Zeit mit der Smartphone-Nutzung. Eine aktuelle Studie aus Deutschland erfasste bei rund 100 Schülern im Alter von 12 bis 18 Jahren die tägliche Handynutzungsdauer und den Zustand ihrer Halswirbelsäule. Bewertet wurden Schmerzen und Probleme bei alltäglichen Aktivitäten aufgrund von Beschwerden an der Halswirbelsäule mit Hilfe des „Neck Disability Index“ (NDI). Durchschnittlich nutzten die Kinder und Jugendlichen das Smartphone 2,9 Stunden täglich, 16-Jährige sogar drei bis vier Stunden pro Tag. Nach längerer Nutzung des Handys klagten die Schüler insbesondere über Nackenschmerzen (27 %), Kopfschmerzen (21 %) sowie Augenschmerzen (12 %).1
In der Leitlinie Nackenschmerzen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin wird zu gezielter Bewegungstherapie geraten. Fitnesstraining, Kräftigungsübungen für den Nacken, Dehnungsübungen, Atemübungen und Qigong sind vielversprechend. Weiters spielen ein gutes Stressmanagement und Aspekte der Arbeitsplatzergonomie eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung und Linderung der Nackenbeschwerden.1 Neben Bewegungsmaßnahmen ist die Auswahl einer angenehmen Liegeposition im Bett ein wichtiger Faktor für einen schmerzfreien Nacken. Auch eine Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) kann kurzfristig für Linderung sorgen.
Auf die Problematik der Smartphone-Nutzung sollten alle Betroffenen hingewiesen werden. Mittlerweile sprechen Experten bereits von einer Veränderung der menschlichen Anatomie, denn die gebeugte Haltung zieht den Kopf wie ein schweres Gewicht nach unten – man spricht vom „Smartphone-Nacken“. Die Belastung auf die Halswirbel ist enorm. Bei einer Kopfneigung von 15 Grad ziehen rund 12 Kilogramm an den Halswirbeln. Bei 60 Grad sind es fast 25 Kilogramm.3
Um diesen Nackenschmerzen vorzubeugen, hilft es, weniger Zeit mit dem Handy zu verbringen, regelmäßige Pausen mit Lockerungsübungen zu machen und eine rücken- beziehungsweise halswirbelfreundliche Grundhaltung einzunehmen. „Das bedeutet Smartphone vors Gesicht und Display auf einer Höhe mit den Augen und lieber die Augen senken, als Kopf und Nacken zum Handy zu beugen“, rät OÄ Dr. Waltraud Stromer, Vizepräsidentin der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), anlässlich der 19. Schmerzwochen der ÖSG.
Literatur:
1 Baltin C et al., Follow-up-Studie über die gesundheitlichen Auswirkungen der Smartphone-Nutzung auf den Hals und Nacken am Beispiel von Schulkindern. Meeting Abstract. Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.–25. 10. 2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB47-1232
2 Scherer M, Chenot JF, DEGAM S1-Handlungsempfehlung Nackenschmerzen, Stand 06/2016
3 Hansraj KK, Assessment of stresses in the cervical spine caused by posture and position of the head. Surg Technol Int 2014