Das Erythema nodosum (EN) stellt die häufigste Form einer Pannikulitis (Inflammation des subkutanen Fettgewebes) dar.
Klinisch zeigt sich meist ein sehr typisches Bild mit erythematösen, sehr schmerzhaften Knoten, die symmetrisch an den Streckseiten der Unterschenkel beginnen. Bei starker Ausprägung können die Läsionen auch an den Oberschenkeln, den Unterarmen sowie dem unteren Stammbereich auftreten. Die Knoten haben keine Tendenz zur Nekrotisierung. Das EN ist oft mit Allgemeinsymptomen vergesellschaftet, wie Fieber, Krankheitsgefühl und Arthralgien. Histologisch zeigt sich das Bild einer septalen Pannikulitis. In frühen Phasen sind Hämorrhagien zu sehen, wobei keine Zeichen einer Vaskulitis bestehen. Das entzündliche Infiltrat besteht hauptsächlich aus neutrophilen Granulozyten. Da in den allermeisten Fällen die Diagnose klinisch klar zu stellen ist, wird nur selten eine Biopsie benötigt, wobei hier unbedingt darauf zu achten ist, eine tiefe „Exzisionsbiopsie“ durchzuführen, da ansonsten nicht genug Subkutis im Präparat zur korrekten Beurteilung zur Verfügung steht. Die Histologie ist aber nicht pathognomonisch.
Das Erythema nodosum hat seinen Inzidenzgipfel zwischen der 2. und 4. Lebensdekade und tritt bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern auf (3- bis 5-fach erhöhtes Risiko). In Mitteleuropa gehen wir von einer Prävalenz von 100–200 Erkrankten/100.000 Einwohnern/Jahr aus. Die Pathogenese des EN ist bis jetzt nicht gut charakterisiert. Als „Hypersensitivitätsreaktion“ zeigt sich die Ätiologie auf jeden Fall sehr divers. In bis zu 50 % der Fälle kann keine Ursache für die Erkrankung gefunden werden (idiopathisches Erythema nodosum). Das „sekundäre EN“ entsteht in Assoziation mit einer anderen Erkrankung.
Am häufigsten beobachtet man vorangegangene Infekte (28–48 %), insbesondere Streptokokken-Infekte im oberen Respirationstrakt (Tonsillitis/Pharyngitis). Meistens ist ein solcher circa 2–3 Wochen vor Beginn eines EN zu eruieren. Somit ergibt es bei einer Durchuntersuchung durchaus Sinn, einen Antistreptolysin-O-Titer (ASLO) zu bestimmen. Andere Infektionen, die mit einem EN in Assoziation gebracht worden sind: Yersinia spp., Mykoplasmen, Chlamydien, Histoplasma, Coccidioides. Früher war das EN häufig mit einer Tuberkulose assoziiert. Heutzutage stellt dies sicherlich eine Rarität in unserer Bevölkerungsgruppe dar, aber muss bei in ungewöhnlichen Verläufen ebenfalls in Betracht gezogen werden.
Als zweithäufigste Ursache gilt die Sarkoidose (12–25 %). Bei Erstmanifestation kommt es oft zur Triade: Erythema nodosum, Arthritis und bihiläre Lymphadenopathie. Man spricht dann von einem Löfgren-Syndrom, das meistens einen milden Verlauf der Sarkoidose prädiktiert. In den letzten Jahren konnten bei diesen Patienten Polymorphismen in der Promotor-Region des TNF-Gens detektiert werden. Dies erscheint durchaus plausibel bei der auch immer wieder berichteten guten Wirksamkeit von TNF-α-Blockern bei Sarkoidose.
Im jeweiligen einstelligen Prozentbereich liegen andere für das EN ursächlich geltende Entitäten. So gilt das EN als klassische Komorbidität bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Morbus-Crohn-Patienten (bis zu 15 % der Patienten entwickeln ein EN) weisen ein deutlich erhöhtes Risiko gegenüber Colitis-ulcerosa-Patienten auf, aber auch hier ist die Inzidenz eines EN signifikant erhöht (bis zu 10 % der Patienten). In der Mehrheit der Fälle besteht eine direkte Korrelation mit der Krankheitsaktivität der CED und dem Auftreten eines EN. So stellt in diesen Fällen die Therapie der CED das primäre Behandlungsziel dar. Eine weitere immunmediierte Erkrankung, bei der ein EN gehäuft auftritt, ist der Morbus Behçet. Bis zu einem Viertel der Patienten entwickelt zumindest einmal ein EN. Auch hier mit einer deutlichen Prävalenz für das weibliche Geschlecht.
Weiters können weibliche Sexualhormone bei der Entstehung eines EN eine Rolle spielen. Mit ein Grund, warum Frauen häufiger von dieser Erkrankung betroffen sind. Sowohl unter hormoneller Kontrazeption als auch in der Schwangerschaft (4,6 %) wird das Auftreten vermehrt beobachtet. Ein zusätzliches Indiz für die Rolle von Östrogenen in der Entwicklung eines EN stellt die Tatsache dar, dass in den 1980er- und 1990er-Jahren die Inzidenz nach Einführung von niedrig dosierten Kontrazeptiva deutlich sank. Es wird suspiziert, dass nicht die Höhe des Östrogenspiegels ausschlaggebend ist, sondern eher das Verhältnis zwischen Progesteron und Östrogen. Diese These unterstützt die Tatsache, dass unter Hochdosis-Östrogen-Therapie bei Brustkrebs-Patientinnen kein vermehrtes Auftreten von EN zu beobachten ist.
Selten, aber doch tritt ein Erythema nodosum als paraneoplastisches Geschehen auf und kann das erste Zeichen einer Malignität darstellen. In den allermeisten Fällen handelt es sich hierbei um lymphoproliferative Erkrankungen: Hodgkin-sowie Non-Hodgkin-Lymphome oder Leukämien. Sehr selten wurden solide Tumoren beobachtet (Kolon, Pankreas, hepatozelluläres Karzinom, Magen, Uterus etc.). Zusätzlich muss beachtet werden, dass das Auftreten eines EN bei Patienten mit einer malignen Erkrankung in der Vergangenheit ein Hinweis für ein Rezidiv sein könnte. Diesbezügliche Untersuchungen sind unbedingt durchzuführen.
Wie schon früher erwähnt, stellt die Diagnose eines EN in den meisten Fällen eine klinische Untersuchung in Zusammenschau mit der Anamnese dar. Eine Biopsie ist nur bei Unklarheiten erforderlich. Essenziell ist, eine genaue Anamnese zu erheben. Insbesondere ist auf folgende Punkte zu achten: vorangegangene Infekte, Medikamenteneinnahme (Hormontherapien), gastrointestinale Beschwerden (CED), eventuelle Krebserkrankungen. Zusätzlich ist eine Blutuntersuchung erforderlich, die ein komplettes Blutbild mit Differenzialbild, den ASLO-Titer und Entzündungsparameter beinhaltet. Ein Lungenröntgen ist ebenfalls durchzuführen bzw. bei Verdacht auf Sarkoidose auch ein Thorax-CT. Alle weiteren Untersuchungen sind individuell an die Situation anzupassen (Calprotectin, ACE-Spiegel, HLA-B51, Magen-Darm-Spiegelung, TU-Marker, PET-CT etc.).
Wichtig ist festzuhalten, dass das Erythema nodosum eine in den allermeisten Fällen selbstlimitierende Erkrankung darstellt. Aus diesem Grund ist man bei der Behandlung oftmals sehr zurückhaltend. Schonung, Beine hochlagern und die Gabe von NSAR stellt die primäre Versorgung von Patienten dar. Bei positiver Anamnese und einem erhöhten ASLO-Titer ist an eine antibiotische Zusatztherapie (zum Beispiel mit Penicillinen) zu denken. Eine systemische Steroidgabe ist erst sekundär bei Therapieversagern oder sehr schweren Verläufen anzudenken. Bei einem sekundären EN ist natürlich danach zu trachten, die Grunderkrankung suffizient zu behandeln.
Das Erythema nodosum ist eine Pannikulitis, die sich oft als Assoziation einer anderen Erkrankung präsentiert. In vielen Fällen handelt es sich um einen unkomplizierten Krankheitsverlauf und benötigt deswegen keine aggressiven therapeutischen Vorgangsweisen. Allerdings muss einem bewusst sein, dass die zugrunde liegende Erkrankung in manchen Fällen eine schwerwiegendere sein kann. Interdisziplinarität ist hier, wie so oft in der Medizin, der Schlüssel zum Erfolg!