Hintergrund: Zur Behandlung von krebsbedingten Schmerzen werden in der Regel Opioide eingesetzt. Eine häufige Nebenwirkung ist die Dysfunktion des Darms, die zu Obstipation führen kann. Opioidinduzierte Obstipation kann zu einer Reduktion der Opioiddosis, zu Nonadhärenz und zum Abbruch der Behandlung führen, was eine unzureichende Analgesie zur Folge haben kann. Eine anhaltende Obstipation kann zudem zu einem Ileus, einer erhöhten Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen und einer reduzierten Lebensqualität führen. Es gibt Hinweise, dass Bauchmassagen beispielsweise bei Bauchschmerzen aufgrund von Blähungen oder Krämpfen wirksam sein können. Die Wirksamkeit auf die Darmfunktion bei Menschen unter Opiattherapie ist derzeit aber noch unzureichend erforscht.
Ziel: die Wirksamkeit von Bauchmassagen im Rahmen der Behandlung von opioidinduzierter Obstipation zu untersuchen.
Methode: Es wurde eine randomisiert-kontrollierte Studie (RCT) durchgeführt. Eingeschlossen wurden mindestens 18-jährige PatientInnen mit vorliegender opioidinduzierter Obstipation. Die StudienteilnehmerInnen wurden zu gleichen Teilen in die Interventions- und Kontrollgruppe randomisiert. Die PatientInnen der Interventionsgruppe erhielten eine 15-minütige videounterstützte Schulung für Bauchmassagen durch die Mitglieder der ForscherInnengruppe. Sie wurden angehalten, die Bauchmassage für insgesamt vier Wochen, zweimal täglich, jeweils 30 Minuten nach dem Frühstück und Abendessen, durchzuführen. Die Teilnehmenden der Kontrollgruppe wurden gemäß Klinikstandard versorgt. Die Datenerhebung erfolgte mittels Fragebogens zu den soziodemografischen Daten und zur Lebensqualität, Defäkationstagebuchs, Bristol Stool Scale sowie visueller Analogskala (VAS).
Wesentliche Ergebnisse: In die Analyse wurden 204 PatientInnen mit einem mittleren Alter von 61 Jahren eingeschlossen. Die soziodemografischen Merkmale sowie die Opioiddosen der Teilnehmenden unterschieden sich zu Studienbeginn nicht signifikant voneinander. Nach fünf Wochen war die Inzidenz von Obstipation in der Interventionsgruppe statistisch signifikant niedriger im Vergleich zur Kontrollgruppe (p < 0,001). Weiters zeigte sich durch die Bauchmassage eine signifikante Verbesserung hinsichtlich Stuhlkonsistenz (p = 0,001), Anstrengung beim Stuhlgang (p = 0,001), Gefühl der unvollständigen Darmentleerung (p = 0,001) und Anzahl Defäkationen (p = 0,001). Ebenso verbesserte sich in der Interventionsgruppe die Intensität von Obstipationssymptomen sowie die Lebensqualität.
Schlussfolgerungen der StudienautorInnen: Bauchmassagen können ein wirksamer Ansatz zur Behandlung von Obstipation und zur Verbesserung der Lebensqualität bei PatientInnen unter Opiattherapie sein. Die Erkenntnisse können im Kontext der Prävention von Folgeproblemen von opioidinduzierter Obstipation bedeutsam sein.
AHOP-Fazit: In ihrer RCT untersuchten Yıldırım et al. die Wirkung von Bauchmassagen zur Behandlung opioidinduzierter Obstipation – ein Symptom, das in der klinischen Praxis sehr häufig anzutreffen ist und eine hohe Relevanz aufweist. Die Anwendung von Bauchmassagen bei vorliegender Obstipation ist grundsätzlich nicht neu, die Wirksamkeit scheint im Kontext der Opiattherapie aber noch unzureichend erforscht. Methodisch weist die Studie Unklarheiten bei der verdeckten Zuteilung, Verblindung sowie der Beschreibung des Follow-ups auf. Die Studie wurde in der Universitätsklinik in Istanbul (Türkei) durchgeführt. Durch die Beschreibung des Kontextes scheint eine Übertragbarkeit der Ergebnisse ins hiesige Setting gegeben.
Innovation: ★★☆ Datenqualität: ★★☆ Praxisrelevanz: ★★★ Übertragbarkeit: ★★★