Das Nachrichtenportal RELATUS PHARM nutzt die Sommerpause für Interviews mit den Gesundheitssprechern der Parlamentsparteien. ÖVP-Gesundheitssprecherin Gabriela Schwarz ist gegen eine Impfmöglichkeit in Apotheken.
Welche Reformen muss der Herbst im Gesundheitsbereich bringen? Wir müssen die niedergelassene Versorgung stärken und wir möchten in diesem Zusammenhang den Facharzt für Allgemeinmedizin implementieren. Das ist ein dringendes Thema und steht ganz oben auf der Agenda. In diesem Zusammenhang sehe ich auch die Diskussion um den Ausbau der Primärversorgungseinheiten und die Community Nurses. Was mir aber auch Sorgen bereitet, sind Mangelfächer, darunter Kinder- und Jugendpsychiatrie. Eines meiner prioritären Anliegen ist die psychische Gesundheit – im Herbst wird es erste Gespräche mit allen Berufsgruppen geben, um einen gemeinsamen Plan zu entwickeln.
Was denken Sie über die Corona-Gefahr? Corona hat uns viel gelehrt auch im Umgang miteinander und auch, dass das österreichische Gesundheitswesen wirklich hervorragend funktioniert.
Wie wirkt sich Corona auf die Apotheken aus? Die Möglichkeit der Abholung von Medikamenten mittels elektronischem Rezept und die entsprechende Lösung durch die ÖGK waren sehr hilfreich. Das zeigt uns auch, wie flexibel und unkompliziert das Gesundheitswesen sein kann.
Wie wirkt sich Corona auf den Pharmabereich aus? Unser Bestreben ist ein gemeinsames Vorgehen auf europäischer Ebene zu erreichen, wenn es um Forschung, Produktion und Preisgestaltung geht. Wir dürfen nicht von asiatischen Märkten abhängig sein. Österreich ist ein hervorragender Partner, wenn es um Ansiedlungen geht. Wir brauchen wieder europäische Produktionskapazitäten für die wichtigsten Arzneimittel und Medizinprodukte. Da darf Europa nicht von Südostasien abhängig bleiben. Ich freue mich, dass es Wirtschaftsministerin Schramböck gelungen ist, die Antibiotikaproduktion von Novartis in Kundl zu halten.
Kann die zuletzt diskutierte Wirkstoffverschreibung Lieferengpässe lösen? Nein. Es wird vielmehr teurer für die Krankenkassen. Die Therapieentscheidung liegt beim Arzt. Wenn es aktuelle Lieferschwierigkeiten gibt, muss der Arzt/die Ärztin bereits bei der Ausstellung des Rezepts in Echtzeit informiert werden.
Wie stehen Sie zur aktuellen Impfdebatte und der Diskussion über die Grippeimpfungen im Herbst? Wir sind gegen einen Impfzwang, sondern für Eigenverantwortung. Wir werden notorische Impfgegner nicht überzeugen können, aber insgesamt ist in der Bevölkerung die Bereitschaft zur Impfung – auch durch Corona – sicher höher als noch im Vorjahr. Ich lasse mich impfen und hoffe, dass genügend Impfstoff bestellt wurde. Davon abgesehen sollten wir ein verpflichtendes Impfgespräch in den Eltern-Kind-Pass aufnehmen, weil wir sehen, dass bei vielen Kindern zwar erstgeimpft, aber dann nicht aufgefrischt wird.
Wie soll es weitergehen mit der Kassenreform? Die neue Österreichische Gesundheitskasse hat einen tollen Job gemacht. Ohne die Kasssenreform wäre das so nicht möglich gewesen! Während der Corona-Krise hat sich gezeigt, wie sinnvoll es ist, dass Entscheidungen auf kurzem Weg getroffen werden können. Das ist eine Bestätigung für den mit der Kassenreform eingeschlagenen Weg und zeigt, dass sie zum Wohle der Patienten ist. Wir müssen hier, wie wir in der Krise gesehen haben, auch die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Die Reform der ÖGK ist und bleibt ein sehr wichtiges Reformprojekt der Bundesregierung, denn die ÖGK ist für das System unverzichtbar. Es wird Gespräche über Hilfen geben, denen will ich aber nicht vorgreifen.
*) Wird diskutiert
Das Interview führte Martin Rümmele
Das Interview mit SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher
Das Interview mit FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhad Kaniak
Das Interview mit GRÜNE-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner
Das Interview mit NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker