Immuntherapie beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom Nebenwirkungen frühzeitig erkennen und managen

Das nichtkleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC) zählt weltweit zu den führenden Todesursachen. Dank stetiger Weiterentwicklungen der Therapie konnten beachtliche Behandlungserfolge erzielt werden. Insbesondere die Einführung der Immuntherapie mittels Immun-Checkpoint-Inhibitoren bedeutete einen Umbruch. Diese verbessern die körpereigene Immunantwort gegen den Tumor, indem sie jene Mechanismen (Checkpoint-Mechanismen) blockieren, mit denen sich der Tumor vor dem Angriff des Immunsystems schützt.1, 2

Die körpereigene Immunantwort ermöglichen

Immuntherapeutika wie die Checkpoint-Inhibitoren nutzen die körpereigene Immunantwort, um Tumore zu bekämpfen. T-Lymphozyten spielen dabei durch ihre Funktion, körperfremde Strukturen zu erkennen, eine wichtige Rolle.
Bei Immun-Checkpoints handelt es sich meist um Proteine auf der Membran von T-Lymphozyten (zum Beispiel PD-1 für „programmed cell death 1“ oder CTLA-4 für „cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4“), die deren Immunantwort modulieren können. Dies kann zum Beispiel erfolgen, um körpereigene Zellen vor dem Angriff des Immunsystems zu schützen und somit Autoimmunreaktionen zu verhindern. Allerdings können diese Immun-Checkpoints von Karzinomen dazu benutzt werden, der Erkennung durch das Immunsystem zu entgehen. Immun-Checkpoint-Inhibitoren blockieren dieses System, wodurch die Krebszellen wieder durch das körpereigene Immunsystem erkannt und kontrolliert werden können.3

Potenzielle Nebenwirkungen

Durch die Behandlung mit den neuen Immuntherapien konnte der Therapieerfolg drastisch erhöht werden, allerdings können unter derartigen Behandlungen potenziell lebensbedrohliche Nebenwirkungen auftreten, die sich von denen herkömmlicher Krebstherapien unterscheiden.
Immun-Checkpoint-Inhibitoren werden im Allgemeinen sehr gut vertragen. Im Vergleich zu Chemotherapien führen Immuntherapien wesentlich seltener zu Nebenwirkungen, insbesondere Haarausfall, Übelkeit und Erbrechen; hämatotoxische Nebenwirkungen sowie weitere typische Chemotherapie-Nebenwirkungen werden kaum berichtet. In Einzelfällen kann es jedoch durch eine überschießende Aktivierung der Immunantwort zu schweren immunvermittelten beziehungsweise autoimmunen Nebenwirkungen kommen, die unter Umständen tödlich sein können.
Diese immunbedingten unerwünschten Ereignisse können prinzipiell alle Organsysteme betreffen, im Vordergrund stehen dabei Hautreaktionen wie Ausschlag und Juckreiz sowie Fatigue. Weitere wichtige Manifestationsorgane sind Lunge, Gastrointestinaltrakt, Leber, Niere, endokrines System und Herz; die Immunreaktionen können sich unter anderem als Dermatitis, Enterokolitis, Pneumonitis, Hepatitis, Hypophysitis, Thyreoiditis und Myositis mit den entsprechenden Symptomen manifestieren.
Die Symptome können über einen weiten Zeitraum von innerhalb der ersten Behandlungswoche bis zu 52 Wochen oder länger bemerkt werden. Ein Großteil der immunvermittelten Nebenwirkungen tritt im Zeitraum 4–12 Wochen nach Therapiebeginn auf; Hautveränderungen werden häufig bereits nach der ersten verabreichten Dosis beobachtet.4, 5

Management

Früherkennung von Nebenwirkungen: Es wurde beobachtet, dass immunvermittelte Nebenwirkungen unter einer Monotherapie mit einem Checkpoint-Inhibitor seltener und auch später im Therapieverlauf auftreten als unter einer Kombinationstherapie von zwei unterschiedlichen Checkpoint-Inhibitoren. Entscheidend für ein erfolgreiches Management immunvermittelter Nebenwirkungen unter einer Checkpoint-Inhibitortherapie ist, diese mittels engmaschiger Überwachung frühzeitig zu erkennen. Dabei ist jedes neu auftretende Symptom zu beachten, auch wenn es Monate nach der letzten verabreichten Dosis des Checkpoint-Inhibitors auftritt (Tab.).

 

 

Im Rahmen der Kontroll- und Nachsorgeuntersuchungen sollen die Patienten proaktiv nach Veränderungen, die auf eine Nebenwirkung hinweisen könnten, befragt werden.
Darüber hinaus beinhaltet die Überwachung regelmäßige klinische Kontrollen, elektrokardiografische Untersuchungen sowie die Erfassung laborchemischer Parameter vor und während der Behandlung. Die laborchemische Diagnostik sollte neben der klinischen Chemie und dem Differenzialblutbild vor allem Elektrolyte, Leber- und Nierenfunktionsparameter sowie Glukose und TSH umfassen.4, 5
Vor Einleitung einer Therapie müssen andere Ursachen für aufgetretene Symptome, wie zum Beispiel Infektionen oder Nebenwirkungen anderer Medikamente, ausgeschlossen werden.6
Patienten mit Anzeichen oder Symptomen einer Pneumonitis müssen unverzüglich abgeklärt werden, da diese – ebenso wie zum Beispiel bullöse Eruptionen der Haut (als Anzeichen einer systemischen Beteiligung) und neurologische Symptome – lebensbedrohlich sein kann.9–11

Behandlung: Prinzipiell werden die durch Checkpoint-Inhibitoren bedingten Nebenwirkungen nach gemeinsamen Grundsätzen entsprechend den Guidelines der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) behandelt. Die allermeisten immunvermittelten Nebenwirkungen sind unter einer systemischen Steroidbehandlung reversibel. Selten auftretende, langanhaltende beziehungsweise refraktäre immunvermittelte Nebenwirkungen bedürfen einer zusätzlichen Therapie. Prinzipiell werden die durch Checkpoint-Inhibitoren bedingten Nebenwirkungen nach gemeinsamen Grundsätzen behandelt.8
Bei leichten bis mäßigen Nebenwirkungen der Haut (Grad 1 oder 2) können symptomatisch Pflegecremes, orale Antihistaminika und/oder topische Kortikosteroide zum Einsatz kommen. Die Checkpoint-Inhibitortherapie kann fortgesetzt werden.
Bei Manifestationen an allen Organen beziehungsweise Organsystemen kann es bei persistierenden Symptomen von Grad 2 notwendig sein, eine oder mehrere Behandlungsdosen des Checkpoint-Inhibitors zu überspringen. Zusätzlich sollte eine Behandlung mit Kortikosteroiden verabreicht werden, bis eine Besserung der Symptome eintritt und diese anschließend ausgeschlichen werden.
Bei Nebenwirkungen der Schweregrade 3 (schwer) oder 4 (sehr schwer/lebensbedrohlich) wird die Checkpoint-Inhibition üblicherweise abgebrochen, und es werden oral oder intravenös Kortikosteroide oder andere Immunsuppressiva verabreicht. Die Behandlung ist in diesen Fällen unbedingt an der behandelnden onkologischen Abteilung durchzuführen!