Ärzte werden Corona-Patienten wohl in absehbarer Zeit mit antiviralen Wirkstoffen behandeln können, die gezielt eine Infektion mit SARS-CoV-2 bekämpfen, erklärte der aus Vorarlberg stammende Biochemiker Norbert Bischofberger Montagabend bei einer von der Universität Wien organisierten Onlinediskussion.
„Das Problem ist aber, dass man sie schon sehr früh im Krankheitsstadium verabreichen muss, damit sie wirken, wenn noch keine oder noch sehr milde Symptome auftreten“, sagte Bischofberger. Eine COVID-19-Erkrankung sei nämlich nur in der ersten, sehr frühen Phase eine typische virale Infektion, so Bischofberger, der das Influenza-Medikament Tamiflu entwickelt hat und nun mit seikronos
ner Firma Kronos Bio in San Mateo, Kalifornien (USA) an neuen Krebstherapien arbeitet: Deshalb gäbe es nur zu Beginn der Infektion ein kurzes Zeitfenster von wenigen Tagen, wo antivirale Mittel sehr wirksam sein könnten. Später müsse man sich darauf beschränkten, die Entzündungsreaktion zu bekämpfen.
Das Virus benutzt für seine Vermehrung im Körper zwar großteils die „Maschinen“ der menschlichen Zellen, es gibt aber drei Virus-spezifische Angriffspunkte, sagte er: Erstens muss es mit dem Spike-Protein am zellulären Rezeptor „ACE2“ andocken, um in die Zelle eindringen zu können. Mehrere Firmen würden derzeit weitere Antikörper gegen das Spike Protein entwickeln. Eine Möglichkeit das Andocken zu unterbinden wäre, mit löslichem ACE2-Rezeptor die Stachelproteine gewissermaßen von den Zellen abzulenken. „Die österreichische Firma Apeiron Biologics arbeitet an einem solchen Mittel, das sollte eigentlich wirken“, erklärte er. Der zweite Angriffspunkt wäre jenes Enzym des Virus, das sein Erbgut vermehrt, nämlich die „RNA-Polymerase“. Hier sei das Medikament Remdesivir der Firma Gilead Sciences, wo Bischofberger bis 2018 Vizepräsident und Forschungschef war, für die Behandlung zugelassen. „Es muss aber derzeit intravenös verabreicht werden, was nur im Spital und nicht im Massengebrauch realisierbar ist“, so Bischofberger. Inhalierbare oder oral einnehmbare Formen seien deshalb in Entwicklung. Drittens bringt das Virus eine Eiweißstoff-Schere mit, die aus einem langen, nicht funktionellen viralen Eiweißstoff zwölf kleinere Eiweißstoffe macht, die es für die Vermehrung benötigt. Hier würden Pfizer und auch kleinere Startups Hemmstoffe entwickeln. (red)