Epilepsie ist die häufigste chronisch neurologische Erkrankung. In Österreich erkrankt alle zwei Stunden ein Mensch an Epilepsie. „Knapp 50.000 an Epilepsie erkrankte Menschen leben in Österreich. Die meisten Patientinnen und Patienten erkranken daran entweder im Kindes- und Jugendalter oder im Alter von über 65 Jahren“, so der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie, Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger.
Dabei sind die Gründe für eine Epilepsie in den beiden Altersgruppen sehr unterschiedlich. Während in der Kindheit meist Entwicklungsstörungen des Gehirns, genetische und metabolische Gründe einer Epilepsie zugrunde liegen, sind die Ursachen für eine Epilepsie im Alter eher vorangegangene Hirnschädigungen, wie bei Schlaganfällen, Demenz oder einem Schädel-Hirn-Trauma. Auch Hirnentzündungen können eine Epilepsie nach sich ziehen.
Epilepsie kann die Folge vieler unterschiedlicher Ursachen von Erkrankungen und Veränderungen des Gehirns sein. Daher ist auch die Art der epileptischen Anfälle unterschiedlich. „Epileptische Anfälle entstehen durch gleichzeitige unkontrollierte, elektrische Entladung vieler Millionen Nervenzellen im Gehirn. Je nachdem, wo diese starten und welche Hirnregionen involviert sind, können die Anfälle sehr unterschiedlich sein, so der 1. Vorsitzende der Österreichischen Gesellschaft für Epileptologie, Prim. Priv.-Doz. Dr. Tim J. von Oertzen.
Epileptische Anfälle dauern in der Regel kürzer als zwei Minuten, treten häufig mit einer anschließenden Phase der Erholung über mehrere Minuten auf; selten können diese aber auch Stunden dauern. Dauert ein Anfall länger als fünf Minuten, kann es sich um einen sogenannten „Status epilepticus“ handeln – einen Anfall, der andauert und eine medizinische Intervention zur Unterbrechung erfordert. Dabei sollte auf alle Fälle die Rettung alarmiert werden.
Epilepsie ist häufig gut behandelbar. Zwei von drei Patienten, die an Epilepsie leiden, können anfallsfrei behandelt werden. Die meisten Patienten werden mit Antikonvulsiva behandelt, von denen es inzwischen über 20 verschiedene Präparate gibt. Diese kommen bei verschieden Arten von Epilepsie, verschiedenen Anfallstypen und verschiedenen Altersgruppen in Betracht.
Neben der medikamentösen Therapie gibt es auch die Möglichkeit der Behandlung mit einer ketogenen Diät sowie das Verfahren mit der Epilepsiechirurgie und den Hirn- und Nervenstimulatoren, die für schwieriger zu behandelnde Epilepsien zur Verfügung stehen.
Zum jetzigen Zeitpunkt der COVID-19-Pandemie zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse, dass bei einem schwereren Verlauf selten auch epileptische Anfälle auftreten können. „Wichtig im Rahmen der Pandemie ist, dass Epilepsieerkrankte erstens kein höheres Risiko haben, schwerer an COVID-19 zu erkranken, und dass zweitens die regelmäßige Medikamenteneinnahme gewährleistet bleibt, so von Oertzen.
Für Menschen mit Epilepsie bestehen ohne Einschränkungen dieselben Impfempfehlungen wie für die Allgemeinbevölkerung. Dies gilt auch für die Impfung gegen SARS-CoV-2. „Wie nach anderen Impfungen auch, kann nach einer SARS-CoV-2-Impfung vorübergehend Fieber auftreten. Bei einigen Menschen mit Epilepsie kann Fieber jedoch dazu führen, dass Anfälle provoziert werden. Daher ist es wichtig, zu klären, ob Medikamente zur Fieber-vermeidung eingenommen werden sollen. Auf alle Fälle sollten Menschen mit Epilepsie die Impfärzte über ihre Erkrankung informieren“, rät Berger abschließend.