Ap. Prof.in Priv.-Doz.in DDr.in Barbara Kiesewetter-Wiederkehr
Klinische Abteilung für Onkologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien
Beim Schilddrüsenkarzinom ergibt sich der therapeutische Algorithmus in erster Linie in Abhängigkeit des histologischen Subtyps. Die klassische zytostatische Therapie (Chemotherapie) spielt bei Schilddrüsenkarzinomen nur noch eine untergeordnete Rolle und kommt praktisch kaum noch zur Anwendung. Initiale Behandlungsstrategie bei den differenzierten Schilddrüsenkarzinomen stellen die beiden Multi-Target-Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) Lenvatinib und Sorafenib dar, beim medullären Schilddrüsenkarzinom Vandetanib und Cabozantinib. Mit der EU-Zulassung des selektiven RET-TKI Selpercatinib (Zulassungsstudie LIBRETTO-1) steht für fortgeschrittene RET-Fusions-positive, differenzierte Schilddrüsenkarzinome sowie für RET-mutierte medulläre Schilddrüsenkarzinome nach Versagen dieser Standardtherapien eine systemische Zweitlinientherapie zur Verfügung. Mit Pralsetinib steht ein zweiter selektiver RET-TKI in der Pipeline, der von der FDA bereits zugelassen wurde (Zulassungsstudie ARROW).
Im Video spricht Priv.-Doz. DDr. Barbara Kiesewetter-Wiederkehr über die potenzielle neue Therapieoption, die sich für Schilddrüsenkarzinom-Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung durch die beiden RET-TKI Selpercatinib und Pralsetinib ergibt. Die selektiven RET-Inhibitoren zeigen, verglichen mit den Multi-Target-TKI, in den Zulassungsstudien nicht nur eine gesteigerte klinische Aktivität, sondern vor allem einen deutlichen Vorteil hinsichtlich des Toxizitätsprofils (bessere Verträglichkeit, niedrigere Raten an Diarrhoe und Hand-Fuß-Syndrom). Das Vorhandensein einer RET-Gen-Fusion (beim nicht-medullären Schilddrüsenkarzinom) oder einer RET-Mutation (beim medullären Schilddrüsenkarzinom) sollte vor Beginn einer Therapie mit selektiven RET-TKI durch einen validierten Test bestätigt werden.
Sehen Sie im Video:
• Ziele in der Therapie des Schilddrüsenkarzinoms
• Zielgerichtete Therapieoptionen
• Einsatz und Outcomes selektiver RET-TKI
• Effektivität nicht-zielgerichteter vs. zielgerichteter Therapie: Chemotherapie vs. selektive RET-TKI
• Zielgerichtete Therapien im Vergleich: Multi-Target-TKI vs. selektive RET-TKI
• Molekularbiologische Abklärung des RET-Status: routinemäßige Testung, Methodik, Material
• Fazit für die klinische Praxis