Der akute Durchfall ist meist selbstlimitierend. Dauert Durchfall 2–4 Wochen an, spricht man von persistierender Diarrhö, bei mehr als 4 Wochen von chronischer Diarrhö; bei letzterer sind Infektionen als Ursache selten.
Akute wässrige Diarrhö ist häufig auf bakterielle Enterotoxine oder Viren zurückzuführen (Tab. 1). Dysenterie ist eine Entzündung der Darmwand durch die Invasion von Erregern oder Zytotoxinen, mit häufig kleinen Mengen von Stuhl mit Blutbeimengungen.
Die akute Durchfallerkrankung kann mild, moderat (mit Beeinträchtigung der Alltagsaktivitäten) oder schwer mit beträchtlicher körperlicher Beeinträchtigung (Dehydratation, Fieber, Tenesmen) verlaufen. Als klinisch schwer oder bedrohlich sind auch akute Durchfallerkrankungen im 1. Lebensjahr sowie bei geriatrischen und bei immunsupprimierten Patienten zu bewerten.
Mögliche vermeidbare Komplikationen oder Folgen einer akuten Durchfallerkrankung sind u. a. Exsikkose, Hypotonie, schwere Elektrolytverschiebungen, Verschlechterung einer anderen Grunderkrankung (Wirkungsverlust einer oralen Medikation) oder Sepsis.
Seltene, aber bedrohliche Komplikationen sind das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) bei Infektion mit enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) und das Guillain-Barré-Syndrom.
Für die Entscheidung, ob eine symptomatische Therapie ausreicht oder ob eine Diagnostik erforderlich ist, sind mehrere Umstände hinweisend. Eine weitere Diagnostik soll bei Vorliegen folgender Warnkriterien durchgeführt werden:
Liegt eines der Warnkriterien vor, sollen Blutbild, CRP, Elektrolyte und Kreatinin bestimmt und eine mikrobiologische Stuhluntersuchung durchgeführt werden. Ist vor dem Auftreten einer akuten Diarrhö eine Antibiotikatherapie erfolgt oder tritt eine akute Diarrhö im Krankenhaus oder Pflegeheim auf, soll die Stuhluntersuchung den Nachweis von Clostridioides difficile einschließen. Bei schwerer Diarrhö ist schon vor dem Vorliegen des Stuhlkultur-Ergebnisses die Einleitung einer empirischen Antibiotikatherapie zu erwägen.
Stuhluntersuchungen haben eine geringe diagnostische Ausbeute, die Patienten sollten daher gut selektioniert werden.
Bei akuter Diarrhö mit mittlerem oder hohem Schweregrad, positiver Auslandsanamnese, Verzehr von rohen Meerestieren, Bauchschmerzen oder blutigen Stühlen (community-acquired oder Reisediarrhö): zwei Stuhlproben auf Salmonellen, Shigellen und Campylobacter, eventuell zusätzlich auf Vibrio cholerae und Yersinia enterocolitica bei entsprechender Exposition untersuchen. Bei Antibiotikatherapie innerhalb der letzten 4–8 Wochen oder Patienten im Pflegeheim: auf C. difficile untersuchen.
Bei epidemischen Durchfallerkrankungen v. a. in der kalten Jahreszeit: auf Norovirus, Rotavirus (und evtl. Adeno-, Astro- und Sapoviren) untersuchen.
Der Umfang der symptomatischen Therapie, die bei Fehlen von Warnkriterien unverzüglich eingeleitet werden kann, hängt von den Symptomen ab. Wichtige Maßnahmen sind:
Eine antibiotische Therapie (Tab. 2) sollte nur bei Verdacht auf bestimmte Erreger (z. B. C. difficile, Typhus, Shigellen, Amöben, Cholera) oder dem Antibiogramm entsprechend erfolgen. Bei unkompliziertem gastroenteritischem Verlauf einer Salmonellose ist eine antibiotische Therapie nicht indiziert, bei HUS ist eine probatorische Antibiose nicht sinnvoll.
Risikofaktoren für eine C.-difficile-Infektion sind u. a. Antibiotikatherapie, Hospitalisierung, Alter > 65 Jahre, schwere Grunderkrankung, enterale Ernährung, Immunsuppression oder Chemotherapie. Klinische Verlaufsformen sind asymptomatischer Trägerstatus, Diarrhö mit oder ohne Kolitis, die fulminant verlaufen kann, sowie rezidivierende C.-difficile-Kolitis bei persistierender Infektion.
Bei bestätigter Infektion mit Toxin-produzierenden Stämmen soll versucht werden, die auslösende Antibiotikatherapie zu beenden. Bei Verdacht auf eine schwer verlaufende C.-difficile-Infektion (u. a. Leukozytose, Kreatininerhöhung, Hypoalbuminämie) soll unverzüglich mit der Therapie begonnen werden. Aktuelle österreichische Empfehlungen zur Behandlung schwerer C.-difficile-Infektionen umfassen die Gabe von Metronidazol bei leichter bis mittlerer, Vancomycin bei schwerer Infektion, Teicoplanin als Alternative zu Vancomycin sowie Fidaxomicin als Therapiealternative. Bei asymptomatischen Patienten soll keine antibiotische Therapie durchgeführt werden.
An eine Norovirus-Infektion soll bei plötzlichem Auftreten von heftigem Erbrechen und wässriger, nichtblutiger Diarrhö innerhalb weniger Stunden gedacht werden. Begleitsymptome sind krampfartige abdominelle Schmerzen und Myalgie. Die Körpertemperatur steigt nicht über 38,5 Grad. Die Dauer der Erkrankung liegt üblicherweise zwischen 12 und 60 Stunden. Das wichtigste Ziel ist die Vermeidung einer Epidemie, daher muss ohne Verzögerung eine Isolierung erfolgen. Die Übertragung erfolgt durch Schmierinfektionen sowie Aerosole bei Erbrechen.
Die wichtigste Therapiemaßnahme ist die ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution (Kalium, evtl. Bikarbonat), die aufgrund des Erbrechens häufig parenteral erfolgen muss. Analgetika und Antiemetika können notwendig sein.
Bei den meisten Patienten verläuft eine Reisediarrhö unkompliziert; für diese wird Racecadotril als Mittel der ersten Wahl empfohlen.
Das Erregerspektrum umfasst im Wesentlichen die auch bei uns vorkommenden Bakterien und Viren. Ein Antibiotikum sollte nur bei komplizierten Verläufen oder Verdacht auf eine invasive bakterielle Infektion (schwere Dysenterie, hohes Fieber) zur Anwendung kommen. Die Abbildung zeigt ein Flussdiagramm, an dem sich betroffene Reisende in der Selbstbehandlung einer Reisediarrhö orientieren können.
Auszug aus dem DFP-Artikel „Management von akuten Durchfallerkrankungen”, verfasst von Univ.-Prof. Dr. Heinz Hammer.
Literatur beim Verfasser