Die Digitalisierung hat das Informationsverhalten der breiten Öffentlichkeit stark verändert. Hier sehen die befragten Experten die größte Veränderung, die in den letzten Jahren im PR-Bereich stattgefunden hat, denn durch die Digitalisierung kamen neue Kommunikationswege wie eben auch die sozialen Medien hinzu. Diese können im Bereich Pharma-PR nicht mehr vernachlässigt werden, da sie als Informations- und Austauschportal für viele Menschen eine wesentliche Rolle spielen, mittlerweile auch bei Gesundheitsthemen. Daher sollten diese Plattformen auch von Pharmaunternehmen genutzt werden, sonst würde man die Themenführerschaft anderen überlassen – und darunter vielen, die weniger kompetent sind …
MMag. Astrid Jankowitsch, Head of Public Policy & Communications bei Takeda Pharma Ges.m.b.H., ist davon überzeugt, dass die sozialen Medien gekommen sind, um zu bleiben – und durchaus eine Chance für Pharmaunternehmen darstellen: „Diese Kanäle sind ein sehr guter Weg zur Öffentlichkeit und zu den Patienten und müssen daher von uns ebenfalls bespielt werden. Wir nutzen Social Media vor allem für Disease Awareness für seltene Erkrankungen, wobei die Kampagnen oft von PR und Marketing gemeinsam umgesetzt werden. Videos und kurze Botschaften funktionieren auf diesen Kanälen am besten.“
„Laut einer aktuellen ikp-Studie vertrauen immer mehr Konsumenten – und damit auch Patienten – insbesondere seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie auf soziale Medien als Informationsquelle zu Gesundheitsthemen wie Krankheitsverläufen, Impfstoffen etc.“, erläutert Mag. Susanne Hudelist, ikp Wien GmbH. Dabei führt Facebook das Ranking an. „Fast der Hälfte der österreichischen Bevölkerung (48%) dient diese Plattform seit März 2020 als wichtige Informationsquelle – und die Kurve fällt auch mit zunehmendem Alter nur leicht ab“, so Hudelist. Die Gefahr dabei: Falschinformationen oder Missverständnisse werden immer stärker zum Problem. „Mehr als die Hälfte der Österreicher (55%) gab bei unserer Umfrage an, im Rahmen von Corona bereits auf Falschmeldungen hereingefallen zu sein, unter den Jüngeren waren es sogar fast drei Viertel (73%). Die Inhalte dieser Fake News waren zumeist Falschinfos zu den Maßnahmen (37%), darauf folgten aber bereits an zweiter Stelle Verschwörungstheorien (19%), Falschangaben zum Virus (17%) und zu Heilmitteln bzw. Impfungen (12%)“, berichtet Hudelist. Sie sieht hier einen klaren Auftrag an Pharmaunternehmen, alle Kanäle gleichwertig – natürlich zielgruppengerecht und rechtskonform entsprechend Arzneimittelgesetz etc. – zu bespielen und dabei dem Beispiel von Qualitätsmedien zu folgen. „Es gilt, die Menschen mit sachlicher Information transparent aufzuklären. Emotional aufgeladene Statements, Skandalisierungsmechanismen oder reißerische Schlagzeilen haben in einer Krisensituation nichts verloren und tragen nichts zu einer positiven, glaubwürdigen und vertrauenswürdigen Reputation bei“, betont die PR-Expertin.
Auch Axel Ganster, MAS, PR.AG by Medical Media Consulting GmbH, plädiert dafür, dass Pharmafirmen vermehrt die sozialen Medien nutzen sollten, um Stakeholder und Patienten zu erreichen. Er ortet hier Twitter als den am stärksten genutzten Kanal. Zudem nimmt seiner Wahrnehmung nach die fallweise Zusammenarbeit von Pharmaunternehmen mit Bloggern zu.
Dass Pharmaunternehmen ihre Scheu vor den sozialen Medien in den letzten Jahren überwunden haben, wird auch von Mag. Sabine Sommer, Senior Manager External Communications & Media Relations bei Pfizer Österreich, bestätigt: „Pfizer Österreich hat bereits vor einigen Jahren den Schritt in die sozialen Medien gewagt – wir sind auf Facebook, LinkedIn, Twitter, YouTube und Instagram aktiv. Weiters hat sich unser Geschäftsführer Robin Rumler mit seinem persönlichen Account auf LinkedIn als ,Social CEO‘ einen Namen gemacht, aktuell mit knapp 11.900 Followern.“ In ihren Augen sind die wichtigen Voraussetzungen für einen professionellen Auftritt auf Social Media eine klare Strategie, eine vorausschauende Planung und ein eingespieltes Team. „Mittlerweile gehören Social-Media-Kampagnen bereits zum crossmedialen Marketingmix unserer Brandteams. Wir können hier zielgruppengerecht Awareness schaffen, aufklären, informieren und in Dialog treten mit Themen wie: Wie erkennt man Vorhofflimmern? Was versteht man unter chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen? Wie entfernt man eine Zecke richtig? Wir geben aber auch Einblicke in die Unternehmenskultur und holen immer wieder Mitarbeiter vor den Vorhang“, erklärt Sommer. Und wie sieht es mit den Nebenwirkungsmeldungen aus? Diese waren schließlich lange Zeit ein Grund, warum Pharmafirmen sich nicht so recht in die sozialen Medien getraut haben … Dazu meint Sommer: „Ja, es kann Nebenwirkungsmeldungen geben. Professionelles Community Management und ein vorab definiertes Vorgehen ermöglichen aber ein schnelles Eingreifen und Handling.“