Heuer gab es sehr viele Neuigkeiten in Bezug auf experimentelle Ansätze und Verbesserungen in Form von Phase-1-Daten, aber viel wichtiger und bedeutender waren Daten, die Einblick in die aktuelle Situation der CAR-T-Zelltherapie lieferten.
Schon am ersten Tag des ASH-Meetings (Samstag, 11.12.2021) wurden zwei Studien im Bereich der CAR-T-Zell-Anwendung beim indolenten Non-Hodgkin-Lymphom (iNHL) vorgestellt, im Speziellen mit Axi-cel (ZUMA-5; präsentiert von S. Neelapu) und Tisa-cel (ELARA; präsentiert von C. Thieblemont).
Die ZUMA-5-Studie, die Axi-cel im Setting des rezidivierten/refraktären (r/r) indolenten Non-Hodgkin-Lymphoms (FL und MZL, follikuläres Lymphom und Marginalzonenlymphom) testete, verweist über die Dauer des Follow-ups von 31 Monaten auf hohe Reponseraten: beim follikulären Lymphom wurde eine Ansprechdauer (DOR, duration of response) von 38,6 Monaten berichtet, ein medianes PFS von 40 Monaten und ein medianes OS, welches noch nicht erreicht wurde. Beim ebenso eingeschlossenen Marginalzonenlymphom (medianes Follow-up 24 Monate) waren die mediane Ansprechdauer und das mediane Gesamtüberleben noch nicht erreicht, das PFS betrug median 17,3 Monate.
Im ELARA trial zeigte sich, dass ähnlich überzeugende Daten in der Anwendung von Tisagenlecleucel beim iNHL vorliegen, wenngleich mit einem kürzeren medianen Follow-up von 17 Monaten bei sonst vergleichbarem Setting relapsierter/refraktärer follikulärer Lymphome und mehr als 2 vorangegangenen Therapielinien. Hier wurde ein ORR von 86,2 % und eine CRR von 69,2% für die gesamte Kohorte präsentiert. Bei der high-risk Subgruppe, vor allem bei Patienten mit einer Erkrankungsprogression in den ersten 24 Monaten nach Therapie (POD24), war die Ansprechrate deutlich schlechter ist. Bei POD24-Patienten zeigte sich ein 12-Monats-PFS von 60,8% und in der Gruppe mit high TMTV (total metabolic tumor volume) ein 12-Monats-PFS von gar 54,5%.
In beiden Studien wurden keine wesentlichen neuen TRAE (treatment related adverse events) berichtet und auch nicht in einem wesentlich anderen Ausmaß, als dies schon aus den Zulassungsstudien (ZUMA-1 und JULIET) zum großzelligen B-Zell-Lymphom bekannt war.
Sehr interessant in diesem Zusammenhang waren die wohl längsten Follow-up-Daten einer zugelassenen CAR-T-Zelltherapie: Das Update zur ZUMA-1-Studie, der Zulassungsstudie von Axi-cel für das r/r großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL). Die 5-Jahres-Daten unterstrichen die Robustheit der ohnehin bereits vor einem Jahr präsentierten Daten von Axi-cel für das r/r DLBCL . C. Jacobson verwies in ihrer Posterpräsentation auf eine 5-Jahres-OS-Rate von stabilen 42,6% (95% CI, 32,8-51,9) und somit auf einen stabilen Verlauf der Kurve vom 4. zum 5. Jahr des Follow-ups. Das 5-Jahres-OS bei den Komplettrespondern war bei 64,4%. 92% der Patienten verblieben im anhaltenden Ansprechen ohne die Notwendigkeit einer fortwährenden oder nachfolgenden Therapie, womit diese 5-Jahres-OS-Daten schon in gewisser Weise kurative Aspekte der Therapie nahelegen lassen.
Aber auch das Thema der früheren Anwendung wurde bereits am ersten Tag aufgegriffen: Im Transform trial zeigte M. Kamdar die Überlegenheit von Liso-cel gegenüber dem Standard of Care (SOC; 3 Gaben von Salvage-Chemotherapie, gefolgt von konditionierender Hochdosischemotherapie und autologer Stammzelltransplantation). Das Produkt hat in Europa noch keine Zulassung (ein FDA-Approval liegt vor ab der 3. Linie), auch sind diese Daten natürlich aufgrund des frühen Reports noch nicht gänzlich ausgereift, dennoch untermauern sie einen deutlichen Trend: EFS HR von 0,349 (P<0,0001), welches eine 65%ige Reduktion des Risikos für ein Ereignis darstellt im Vergleich zum Standardarm. Hier wird bereits auf eine deutliche Verbesserung des Outcomes der Patienten im Vergleich zur klassischen Chemotherapie verwiesen.
Sehr ähnlich, aber noch deutlicher, erfolgt dies mit den ZUMA-7-Daten.
Am Sonntag, 12.12.2021, dem zweiten Tag des Meetings, wurden als Auftakt der Plenary Session bereits die PROs (patient reported outcomes) der ZUMA-7-Studie, die als Teilaspekt dieser Studie miterfasst wurden, von M. Elsawy präsentiert. Er verwies auf die Tatsache, dass in der randomisierten Phase-3-Studie, die die Effektivität von Axi-cel versus der Standard-of-care-Therapie (Salvage-Chemotherapie und konditionierende Chemotherapie gefolgt von autologer Stammzelltransplantation) bei Patienten mit r/r großzelligem B-Zell-Lymphom untersuchte, bereits eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität (QoL) am Tag 100 zu bemerken sei. Ebenso zeigte sich ein deutlich schnelleres Zurückfinden zu alltäglicher Fittness im Axi-cel-Arm im Vergleich zum SOC-Arm.
In der Plenary Session, dem Highlight eines jeden ASH-Meetings, wurden die Auswertungen der gesamten ZUMA-7-Studie vorgestellt. F. Locke konnte in überzeugender Form darstellen, dass nun in der ersten vollständig abgeschlossenen Phase-III-CAR-T-Studie mit einem medianen Follow-up von 24,9 Monaten Axi-cel seinen primären Endpunkt EFS in statistisch signifikanter Form erreichen konnte. Axi-cel verzeichnete eine eindeutige Überlegenheit gegenüber der klassischen Standard of care (siehe oben) in der Tatsache, dass es das mediane EFS vervierfachte; dass 2-Jahres-EFS war 2,5-fach länger, die ORR um 33% höher, die CR-Rate wurde verdoppelt; darüber hinaus erstreckten sich die EFS-Verbesserungen auf alle Schlüssel-Untergruppen der Studie. Ebenso erreichten 3mal so viele Patienten das Endziel der CART-Therapie im Vergleich zur ASCT im SOC-Arm. Zudem wurden 56% der Patienten im SOC-Arm letztlich mit einer zellulären Immuntherapie (off protocol) therapiert, in der Regel mit kommerziellem Axi-cel – label conform ab der 3. Linie. Die ORR war 83% vs. 50% (Axi-cel vs. SOC) (Odds ratio: 5,31 (3,1-8,9); p < 0,0001) bei ausbalancierter Anzahl an Patienten (n=180 Axi-cel; n=179 SOC).
Sodass letztlich nur noch der abschließende Kommentar angeführt wurde, wonach ein Wechsel in der Sequenz der Therapie für Axi-cel eingefordert wird– somit ein Vorrücken in die 2. Linie bei eindeutiger Überlegenheit gegenüber dem SOC-Arm.
Neben diesen Highlights der CART-Therapie im Feld der NHLs war es aber auch im neuen Feld nicht ruhig: nämlich dem des Multiplen Myeloms, um nur auf die wohl wichtigste Neuigkeit dieses Tages zu verweisen: Th. Martin präsentierte die Updates zur CARTITUDE-1-Studie und der Anwendung von Ciltacabtagen autoleucel (Phase-1b/2-Studie). Hier wird Cilta-cel, ein anti-BCMA-CAR (B cell maturation antigen) im Setting des r/r Multiplen Myeloms angewendet. Nach einem medianen FU von 12,4 Monaten zeigte sich eine ORR von 97% und eine sCR-Rate von 67%.
Im aktuellen 2-Jahres-Update dieser CARTITUDE-1-Studie wurde zum einen die empfohlene Phase-2-Dosis bestätigt und zum anderen die sCR nochmals erhöht auf 83% (ORR: 97,9%, ≥VGPR 94,9%). Die 2-Jahres-PFS-Daten wurden mit 71% angegeben und die 2-Jahres-OS-Daten mit 74%. Das mediane OS wurde weiterhin nicht erreicht, ebenso das mediane PFS nicht. Eine MRD-Negativität konnte in 92 % der Patienten erreicht werden. Keine neuen Sicherheitsaspekte konnte zutage gefördert werden. Im Allgemeinen zeigte sich das Produkt in der Erhebung der Sicherheitsaspekte als sehr gut verträglich und in allen Belangen gut handlebar.