Die österreichische Gesellschaft erlebt einen Anstieg der Lebenserwartung, damit verbunden jedoch auch eine Zunahme der Tumorinzidenzen. Erfreulicherweise sehen wir bei Letzteren durch die Verbesserung der Therapiemöglichkeiten bei Krebserkrankungen jedoch ebenfalls eine Zunahme der durchschnittlichen Lebenserwartung. Dies bedingt wiederum eine längere Verweildauer der PatientInnen in den Therapie- und Kontrollzyklen. Insgesamt führt dies zum Anstieg der Fallzahlen und damit auch zum Anstieg des Betreuungsaufwandes für die Kliniken. Besonders bemerkbar ist dabei die gestiegene Anzahl der Telefonanrufe, die den Klinikablauf zunehmend behindern. Wir wurden auf das finnische Onlinekommunikationstool NOONA aufmerksam. In einem Pilotprojekt sollte die Umsetzbarkeit, Nutzerfreundlichkeit und Praxistauglichkeit von Onlinetools am Beispiel NOONA im Arbeitsalltag überprüft werden. Nach der Genehmigung und Sicherstellung der Finanzierung wurde das Projekt im Sommer 2018 an unserer onkologischen Tagesklinik gestartet. Von den etwa 400 tagesklinischen LungenkrebspatientInnen konnte circa ein Viertel für die Idee des Kontakts mit der Klinik über einen Onlinekommunikationsservice gewonnen werden. Die Teilnahme war per App über Smartphone, Tablet oder PC möglich.
Das Ziel des Projekts war die Erhöhung der Betreuungsqualität. Komplikationen sollten frühzeitig erkannt und ungeplante Spitalsaufenthalte vermieden werden. Vor allem aber sollten zeitraubende ungeplante Telefonanrufe reduziert werden. Der Kontakt der NutzerInnen mit der Klinik erfolgte mittels Symptomfragebögen. Termine konnten ebenso per App vereinbart werden. Die eingesandten Symptomfragebögen konnten in einer weniger zeitintensiven Phase des Tagesablaufs von Medizin und Pflege bearbeitet werden. Das Tool war daher nicht geeignet, akute Anfragen und Beschwerden zu betreuen.
Der Vorteil von NOONA für die Klinik lag im Informationsvorsprung für die visitierenden Ärztinnen und Ärzte. Sie konnten sich vorab aus den eingesandten Symptomfragebögen ein Bild über die aktuellen Beschwerden der PatientInnen machen. Diese Vorabinformation verkürzte die Visitenzeit, die Pflege konnte ebenso die in den Fragebögen gemachten pflegerelevanten Angaben ansprechen. Die PatientInnen ersparten sich lange, frustrierende Telefonwarteschleifen. Die Fragebögen blieben im System gespeichert und konnten als Zusammenschau im Jahresrückblick betrachtet werden (Overall Overview).Weiters konnten die PatientInnen mithilfe der NOONA-App ein Gesundheitstagebuch anlegen. Leider musste das Projekt NOONA nach 1½-jähriger Laufzeit wegen des Auslaufens des Sponsorings beendet werden; eine Weiterfinanzierung wurde wegen der zu geringen PatientInnenbeteiligung abgelehnt.
Evaluierung: Die Anwendbarkeit und BenutzerInnenfreundlichkeit der NOONA-App im Arbeitsalltag ist gegeben und wird von den NutzerInnen positiv angenommen. Trotz forcierter Werbung für diesen Onlineservice konnte die erforderliche Beteiligung von mindestens 50 % von PatientInnenseite, die nötig gewesen wäre, damit sich eine dauerhafte Etablierung dieses Onlineservices rechnen würde, nicht erreicht werden (erreicht wurden nur knapp 25 %). Ältere PatientInnen – das Durchschnittsalter unser PatientInnen liegt bei circa 68 Jahren – zeigen Defizite im Umgang mit neuen Medien, daher besteht bei dieser PatientInnengruppe oft nur mäßiges bis kein Interesse an Webtools. Auch bestehende Sprachbarrieren behinderten den Erfolg des Projekts.
Fazit: Aus unserer Sicht braucht es eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, wie z. B. Bewerbung dieser Kommunikationsform durch öffentliche Digitalisierungskampagnen, ähnlich wie für Onlinebanking oder E-Ticket-Verkauf, um die Bevölkerung auf das Potenzial dieser Lösungen aufmerksam zu machen und um Akzeptanz und Mitarbeit zu erreichen. Die erforderlichen Strukturen für die Verwendung von Onlinetools sind derzeit im Wiener Gesundheitsverbund nicht vorhanden.