Die Ärztekammer fordert ein gesetzlich verbrieftes Recht für alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel direkt an die Patienten abgeben zu dürfen.
Die Ärztekammer startet eine neue Kampagne gegen Apotheken. Die Obfrau der Sektion Allgemeinmedizin der Wiener Ärztekammer, Naghme Kamaleyan-Schmied, plädierte am Donnerstag in einer Pressekonferenz für ein „duales System“, also ein Neben- und Miteinander von öffentlichen Apotheken und einer direkten ärztlichen Medikamentenabgabe. Die Wiener Allgemeinmedizinerin betonte, dass es der Ärztekammer dabei um eine Ergänzung und nicht um eine Konkurrenz zu den Apotheken gehe. Und sie ist auch überzeugt davon, dass dies im Sinne der Patienten wäre: „Das wünschen sich die Patienten“, verwies sie auch auf eine entsprechende Umfrage mit einer Zustimmung von zwei Drittel der Befragten. Ihrer Meinung nach wäre damit eine wohnortnahe und sichere Versorgung mit Medikamenten und damit eine patientenfreundliche Lösung möglich.
Kranken Menschen und ihren Angehörigen könnten damit oft lange Wege bis zur nächsten diensthabenden Apotheke erspart werden. Die Medikamentenabgabe durch Ärztinnen und Ärzte könne etwa bei einer möglichen weiteren Covid-19-Welle auch maßgeblich zu einer flacheren Infektionskurve beitragen. Aber auch bei anderen infektiösen Krankheiten wie der Grippe könnten Ansteckungen vermieden werden, argumentierte Kamaleyan-Schmied. Außerdem könnten die Patienten in der Ordination ihre Medikamente für tabuisiert erlebte Krankheiten diskret bekommen, während in der Apotheke oft auch andere Kunden mithören. Die Standesvertretung wird mitten im laufen Ärztekammer-Wahlkampf in den nächsten Tagen eine Kampagne für die Medikamentenabgabe in den Ordinationen starten. Die Medikamentenversorgung durch Ärzte sei eine Realisierung des Konzepts „Best Point of Service“, erklärte Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen und Wiener Ärztekammer sowie Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte: „Nicht nur Aufklärung, Information und Beratung über die medikamentöse Therapie, sondern auch die Abgabe erfolgt dann aus einer kompetenten Hand.“ Dies liege nicht nur im Interesse des Patientenkomforts, sondern könne auch die Therapietreue durch die Stärkung der Arzt-Patienten-Beziehung wesentlich unterstützen. (red)