Ein Hörsturz, Knallgeräusche oder ein Ungleichgewicht der Flüssigkeit im Innenohr können Auslöser eines Tinnitus sein. Er beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen erheblich, insbesondere, wenn die Ohrgeräusche chronisch werden. Ein Tinnitus gilt als chronisch, wenn die Geräusche mindestens drei Monate bestehen und die Betroffenen belasten. Rund 10 Mio. Menschen erkranken jährlich, bei ca. 1,5 Mio. ist dieses Leiden chronisch. Diese Patientengruppe steht im Fokus der überarbeiteten S3-Leitlinie, die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC) komplett überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht wurde. Erstmals wurden in der Leitlinie auch nichtgeeignete Maßnahmen aufgelistet, denen es an Evidenz mangelt. Neu ist auch, dass eine in allgemeinverständlicher Form formulierte Patientenleitlinie auf Basis dieser Leitlinie erstellt wurde.
Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass kardiologische Patienten zusätzlich zur Grundbehandlung auch psychologische Unterstützung benötigen. Die European Association of Preventive Cardiology (EAPC) installierte deshalb eine Taskforce mit zwölf europäischen Experten, welche die Verschlechterung des Zustands durch psychosoziale Stressfaktoren am Beispiel der Herzinsuffizienz dokumentieren konnte. Prospektive klinische Studien zeigen demnach, dass Depression und soziale Isolation den klinischen Zustand verschlechtern. Die Krankheit selbst führe zu Gefühlen der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Dieser erhöhte Stresslevel wiederum begünstige entzündliche und neuroendokrine Prozesse, die den Körper zusätzlich belasten. Die Ohnmacht, die Patienten bei einer Herzinsuffizienz oft verspüren, kommt Forschungsarbeiten zufolge einem Trauma gleich.
Umso wichtiger sei daher eine psychologische Betreuung mit entsprechenden Gesprächstechniken, folgern die Wissenschafter. Ihre Analyse habe den Wert klar aufgezeigt.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft: Psyche beeinflusst Herzinsuffizienz.
Literatur: Ladwig KH et al., Mental Health-Related Risk Factors and Interventions in Patients with Heart Failure. A Position Paper endorsed by the European Association of Preventive Cardiology (EAPC). Eur J Prev Cardiol. 2022 Feb 1;zwac006. DOI: 10.1093/eurjpc/zwac006.
Dass Borreliose häufig überdiagnostiziert wird, zeigten Studien bereits. Allerdings beschreiben nur wenige Arbeiten, welche Erkrankungen fälschlicherweise als Borreliose diagnostiziert werden. Im Rahmen einer retrospektiven Analyse von Krankenakten (2000–2013) konnten US-amerikanische Ärzte jetzt nicht nur zeigen, dass die Beschwerden in der Mehrzahl der Fälle auf andere Erkrankungen als auf eine Infektion mit Borrelia burgdorferi zurückzuführen waren, sondern auch, welche Diagnosen sich hinter den Symptomen verbargen. Bei 1.061 (84 %) der 1.261 Patienten mit borrelioseverdächtigen Beschwerden wurde keine aktive Borreliose festgestellt. Bei 65 % ergaben sich andere Diagnosen. Es wurden insgesamt 139 Einzeldiagnosen beschrieben. Die häufigsten waren: Angst/Depression (21 %), Fibromyalgie (11 %), chronisches Fatigue-Syndrom (7 %), Migräne (7 %), Osteoarthritis (6 %) und Schlafstörungen/-apnoe (5 %). Zu den selteneren Erkrankungen, die neu diagnostiziert wurden, gehörten multiple Sklerose (11 Patienten), Krebs (8), Parkinson (8), Sarkoidose (4) und amyotrophe Lateralsklerose (4).
Literatur: Kobayashi T et al., Mistaken Identity: Many Diagnoses are Frequently Misattributed to Lyme Disease. Am J Med 2021 Nov 30;S0002-9343(21)00792-0. DOI: 10.1016/j.amjmed.2021.10.040
Die fäkale Mikrobiotatransplantation (FMT) mittels koloskopischer Infusion oder Einläufen zeigte bereits, dass sie bei einem Teil der Patienten mit aktiver Colitis ulcerosa (CU) eine Remission herbeiführen kann. Der Stuhltransfer musste allerdings mehrfach wiederholt werden, dennoch waren steroidfreie Remissionen nicht von Dauer. Ob eine oral verabreichte FMT bei CU wirksam ist, war bisher nicht bekannt. Australische Forscher untersuchten jetzt in einer kleinen Studie die Wirksamkeit von oral verabreichter lyophilisierter FMT in Kapselform bei der Behandlung von aktiver CU näher. Dazu wurden 35 Patienten (18–75 Jahre) rekrutiert und nach dem Zufallsprinzip eingeteilt: Nach vorausgegangener antibiotischer Behandlung (Amoxicillin, Metronidazol, Doxycyclin) erhielten 15 Patienten über 8 Wochen eine FMT, 20 ein Placebo. Primärer Endpunkt war eine steroidfreie klinische und endoskopische Remission bzw. ein Ansprechen in Woche 8. In Woche 8 befanden sich 8 Patienten der FMT-Gruppe (53 %) in steroidfreier klinischer Remission mit endo-skopischer Remission oder Ansprechen; in der Placebo-Gruppe waren es 3 Patienten (15 %).
Literatur: Haifer C et al., Lyophilised oral faecal microbiota transplantation for ulcerative colitis (LOTUS): a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet Gastroenterol Hepatol. 2022 Feb; 7(2):141–151. DOI: 10.1016/S2468-1253(21)00400-3