Heterogene Ursachen erfordern individuelle Abklärung – Hyperhidrose – übermäßige Schweißproduktion

Als Hyperhidrose wird eine übermäßige Schweißproduktion bezeichnet, die generalisiert oder lokal auftreten kann. Das Gegenteil zur Hyperhidrose ist die Anhidrose.
Örtlich begrenzt tritt die Hyperhidrose in erster Linie (zu 60%) an den Handflächen oder Fußsohlen auf, zu 40% in den Achselhöhlen, weiters am Kopf (vornehmlich im Bereich der Stirn) und seltener an anderen Körperstellen.

Ursachen

Es wird die primäre, d. h. angeborene Hyperhidrose von der sekundären Form – diese ist Folge einer Krankheit – abgegrenzt. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Formen der Hyperhidrose basiert auf den entsprechenden anamnestischen Daten.

Typisch für die primäre Form sind:

  • Beginn der Symptome bereits im Kindes- oder Jugendalter
  • Auftreten des Schwitzens ist temperaturunabhängig, unvorhersehbar und nicht willentlich kontrollierbar
  • fokales Auftreten in einer oder mehreren Prädilektionsstelle( n) mit beidseitigem (symmetrischen) Befall
  • Auftreten öfter als 1 x pro Woche mit Beeinträchtigung im Alltag
  • kein vermehrtes Schwitzen während des Schlafes
  • positive Familienanamnese.

Die tatsächliche Ursache örtlich begrenzter, übermäßiger Schweißproduktion bei primärer Hyperhidrose ist in den meisten Fällen unbekannt.

Sekundäre Hyperhidrose-Ursachen: Eine gesteigerte generelle Schweißproduktion im Rahmen der sekundären Hyperhidrose kann z. B. folgende Ursachen haben:

  • eine hormonell bedingte Hyperhidrose
  • im Klimakterium
  • bzw. bei Hyperthyreose
  • eine Hypophysenunterfunktion bei
  • Phäochromozytom bzw.
  • anderen seltenen Hormonstörungen
  • unerwünschte Arzneimittelwirkungen (Hormone, Psychopharmaka, SSRI, Parasympathomimetika, Kortikoide, Betablocker, Salicylsäure u. a.)
  • eine Hypoglykämie, z. B. als Symptom des Diabetes mellitus
  • chronische Infekte und Malignome
  • Kreislaufstörungen, wie z. B. eine orthostatische Hypotonie
  • Übergewicht
  • eine neurologische Hyperhidrose bei Schädigung des Sympathikus/Hypothalamus
  • psychische Probleme

In vielen Fällen ist die Ermittlung der tatsächlichen Ursache schwierig.

Eine Sonderform der Hyperhidrose ist der Nachtschweiß, also ein übermäßiges Schwitzen während des Schlafes. Auch hier ist es schwierig, zwischen nächtlicher Hyperhidrose ohne oder mit Krankheitswert zu unterscheiden. Als einigermaßen zuverlässiges Kriterium zur Differenzierung gilt, ob der Schlaf in seiner Qualität deutlich beeinträchtigt wird und man z. B. in der Nacht aufstehen muss, um Wäsche oder gar das Bettzeug zu wechseln.

Therapie

Es gibt eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten, wobei ein stufenweises Vorgehen in Abhängigkeit vom Ausmaß der Erkrankung und dem Leidensdruck empfohlen wird.

Bei axillärer Hyperhidrose und Hyperhidrose der Hand- und Fußflächen werden folgende Therapiestrategien empfohlen:

  • topische Therapieformen mit Antitranspirantien (Aluminiumchlorid, gerbsäurehaltige Externa)
  • chemische Denervierung mit Botulinumtoxin A
  • systemische Therapieformen mit Antihidrotika oder Psychopharmaka und/oder
  • chirurgisch-therapeutische Verfahren

Bei generalisierter, primärer Hyperhidrose empfehlen sich systemische Therapieansätze mit Antihidrotika und/oder Psychopharmaka:

  • Salbei, bei leichteren Formen der Hyperhidrose bzw. als adjuvante Therapie
  • Anticholinergika:
  • Methantheliniumbromid: wirksam bei fokaler Hyperhidrose
  • Bornaprin: Wirksamkeit bei der axillären, nicht aber bei der Hyperhidrose der Hand- und Fußflächen
  • Psychopharmaka, Tranquilizer, Sedativa und Betablocker

Unterstützende Maßnahmen: Eine sekundäre Hyperhidrose kann durch Adipositas bedingt sein, ein Gewichtsverlust kann hilfreich sein.

Einige Worte zur chemischen Denervierung mit Botulinumtoxin (Botox®): Das Gift von Clostridium botulinum wird in extremer Verdünnung intrakutan (in die Haut) gespritzt und scheint bei der lokalisierten (axillären und palmaren) Hyperhidrose wirksam zu sein. Es hemmt die Freisetzung von Acetylcholin und damit die Schweißproduktion der cholinerg innervierten Schweißdrüsen. Die Wirkungsdauer ist von Mensch zu Mensch verschieden, sie kann bereits nach einem halben Jahr nachlassen. Botulinumtoxin ist nur bei primärer axiliärer Hyperhidrose zugelassen; der Einsatz an anderen Stellen, wie an Händen, Füßen und Stirn, stellt einen so genannten Off-Label-Use dar.

Abschliessend ist noch festzuhalten, dass die Beurteilung von übermäßigem Schwitzen in besonderem Maße subjektiver Einschätzung unterworfen ist. Das Beschwerdebild reicht von geringgradiger, lokaler vermehrter Schweißproduktion mit geringem Beschwerdebild bis zu generalisiertem übermäßigen Schwitzen. Die individuelle Abklärung der Hyperhidrose-Ursache basiert in erster Linie auf anamnestischen Daten, die Behandlung sollte stufenweise erfolgen und hängt vom Ausmaß des Beschwerdebildes ab. Bei Verdacht auf sekundäre Hyperhidrose ist eine entsprechende Abklärung indiziert.