Etwa 20 % der Erwachsenen in Österreich leiden an krankhaftem gastroösophagealem Reflux (GERD). Typische Beschwerden wie Sodbrennen, Dysphagie, Regurgitation bzw. häufiges Aufstoßen von Luft oder ein teilweise schmerzhaftes Druckgefühl in der Brust können allein, aber auch gemeinsam auftreten. Mehr als die Hälfte der Patient:innen haben ausschließlich oder zusätzlich atypische (extraösophageale) Beschwerden: z. B. chronischen Reizhusten, Asthma bronchiale, Heiserkeit, Mundgeruch, Globusgefühl oder Zahnerosionen. Allein die Vielzahl der beschriebenen Symptome erklärt die unbedingte Notwendigkeit eines multidisziplinären Behandlungspfades für Patient:innen mit GERD. Neben dem:der Hausärzt:in als wichtigste Schlüsselstelle finden sich die folgenden Fachbereiche im Diagnose- und Behandlungskreis: HNO, Lungenheilkunde, Gastroenterologie, Chirurgie, Zahnheilkunde und Radiologie.
Gastroösophagealer Reflux im Rahmen der transienten Sphinkterrelaxationen (Rülpsen, Aufstoßen, Reflux-Clearance) ist eine physiologische Notwendigkeit, die erst, wenn sie zu häufig auftritt bzw. zu anhaltenden Beschwerden oder zu Komplikationen führt (siehe Montreal-Definition), zur behandlungswürdigen Erkrankung wird. Die Schlüsselfunktion des:der Hauärzt:in bei der Diskrimination dieser Beschwerden ist essenziell. Genaue Anamnese – wann, wie oft, mit welchen Symptomen – sowie Erfragen spezifischer GERD-Symptome (evtl. auch unter Verwendung spezifischer Fragebögen: GRED-HQL, SF-36) spielen hier eine zentrale Rolle. Der vor Jahren in vielen Guidelines empfohlene PPI-Test, also die probeweise Verschreibung von Säureblockern, kann heutzutage aufgrund von zahlreichen Studien, die eine ungenügende Spezifität und Sensitivität beobachtet haben, nicht generell empfohlen werden, spielt aber in der fortgeschrittenen Diagnosephase noch immer eine Rolle. Bei anhaltenden typischen Refluxbeschwerden oder anhaltender Dysphagie sollte zum Ausschluss einer komplizierten GERD (Stenose, Striktur, Barrett) oder eines tumorösen Geschehens immer eine Ösophagogastroduodenoskopie erfolgen. Im Falle von endoskopischen Auffälligkeiten (Ösophagitis, Hiatushernie, Barrett, Strikturen) oder von anhaltenden Beschwerden ohne endoskopisches Korrelat sollte der:die Patient:in einem:r Refluxspezialist:in zugewiesen werden.
Neben der spezifischen Anamnese (siehe oben) ermöglicht uns die GERD-spezifische Diagnostik (pH-Metrie-Impedanz, hochauflösende Manometrie, Planimetrie, Restech-Messung), zwischen einer GERD, einer hypersensitiven Ösophagopathie und funktionellen Refluxbeschwerden zu differenzieren. Diese Unterscheidung stellt die unbedingte Grundlage für die dann folgenden Therapieempfehlungen dar.
Nach Diagnose einer behandlungswürdigen GERD stehen uns im interdisziplinären Refluxtherapienetzwerk prinzipiell 3 phasenabhängige Behandlungssäulen der GERD-Therapie zur Verfügung:
Eine GERD-spezifische Lifestyleberatung beinhaltet diätologische (z. B. die Vermeidung so genannter Trigger-Nahrungsmittel), aber auch generelle Maßnahmen wie das Vermeiden von späten Mahlzeiten oder das höhergelagerte Schlafen.
Die spezifische, symptomatische medikamentöse Therapie kann grob in säuresuppressive (PPI, H2-Blocker) und supportive Medikamente (z. B. motilitätsstimulierende Medikamente, Baclofen, Agglutinate) eingeteilt werden. Für die „Säureblocker“ wird eine ausreichende Evidenzlage beschrieben. Supportive Medikamente können individuell, vorübergehend und streng beobachtet indiziert sein.
Die Antirefluxchirurgie wurde in den letzten Jahren hochspezialisiert und selektiv. Aufgrund neu etablierter Methoden (z. B. Magnetring, Silikonimplantat) besteht derzeit die Hoffnung, dass die chirurgische Behandlung der Refluxerkrankung individueller und nebenwirkungsärmer wird. Auf jeden Fall ist Antirefluxchirurgie eine Zentrumschirurgie.
Komplikationen (Strikturen, Barrett, Ulzera, Blutungen) einer langjährigen unbehandelten GERD stellen eine besondere Herausforderung an den interdisziplinären, ambulanten und stationären Behandlungspfad dar. Die ambulante, in manchen Fällen stationäre interventionelle Endoskopie (RFA, Dilatationen, Blutstillungen) hat hier einen zentralen Stellenwert.
Insbesondere die postoperative, aber auch die langfristige medikamentöse Therapie erfordert eine systematische Nachsorge. Auch diese muss, wie die GERD-Behandlung interdisziplinär und spezialisiert stattfinden.
HNO-Ärzt:innen, Zahnärzt:innen, Gastroenterolog:innen, Lungenfachärzt:innen, Refluxchirurg:innen und Radiolog:innen grenzen das Problem ein.