Aufatmen mit neuer Behandlungsoption

Die chronische Rhinosinusitis (CRS) ist eine Erkrankung der Nase und der Nasennebenhöhlen (NNH), die über 12 Wochen dauert und durch folgende Symptome charakterisiert ist: anteriorer oder posteriorer nasaler Sekretfluss, behinderte Nasenatmung, Beeinträchtigung des Geruchsinns, Gesichtsschmerz oder Druck. Zumindest der Sekretfluss oder die Nasenatmungsbehinderung müssen für die klinische Diagnose vorhanden sein.

Ursachen und Klassifikation

Die frühere Einteilung in CRS mit oder ohne Vorhandensein nasaler Polypen (CRSwNP vs. CRSsNP) mit immunologischen/inflammatorischen oder anatomisch/obstruktiven Ursachen spiegelt nicht die gesamte Komplexität dieser Erkrankungen wider, besonders bei der CRSwNP. Die Klassifikation der primären CRS erfolgt nach den neuesten EPOS-Guidelines anhand der anatomischen Verteilung in lokalisiert (unilateral) und diffus (bilateral), anhand des Endotyps in Typ-2- und nicht-Typ-2 sowie in die jeweiligen Phänotypen, z. B. eosinophile vs. nicht-eosinophile, pilzallergische oder „Central Compartment“-CRS. Die verschiedenen Immunmechanismen sind durch klassische Zytokine und Immunzellen charakterisiert. Die Typ-1-Immunantwort über ILC1-Zellen, TH1-Zellen und IFN-γ als Zytokin, die Typ-2-Antwort über ILC2-Zellen, TH2-Zellen und IL-4, -5 und -13 sowie die Typ-3-Antwort über ILC3-Zellen, TH17-Zellen und IL-17 und -22. Diese Endotypen sind dabei entweder allein oder kombiniert vorhanden und auch geografisch unterschiedlich ausgeprägt. Die verschiedenen Endotypen gehen zum Teil auch mit bestimmten klinischen Merkmalen einher. Typ-1 und Typ-3 sind mit nasaler Sekretion assoziiert, die beim Typ-3 eher putride ist, Typ-2 mit Geruchsverlust, zähem Sekret, nasalen Polypen und haben als Komorbidität meistens ein Asthma. Generell ist dieser Typ schwer zu behandeln und geht mit einem schwereren Krankheitsverlauf einher. Klinisch kann man natürlich durch die nasale Endoskopie zwischen dem Vorhandensein von nasalen Polypen unterscheiden, jedoch lässt sich der Endotyp so nicht immer zwischen Typ-1 oder -2 festmachen. So ist nicht nur CRSwNP durch eine Typ-2-Inflammation charakterisiert, auch für CRSsNP kann ein Typ-2 oder können Mischformen vorhanden sein. CRSwNP mit Typ-2-Immunantwort wird daher zunehmend als eigener klinisch relevanter Endotyp angesehen, der eine deutliche eosinophile Inflammation im Nasensekret und in der Schleimhaut zeigt, aber auch im Serum mit Eosinophile und erhöhtem IgE vergesellschaftet werden kann. Diese letzten Parameter sind zwar keine absolut verlässlichen Biomarker, weisen aber den Weg in Richtung Typ-2-Entzündung. Klinische Beobachtungen bestätigen diesen Unterschied mit signifikant höheren Raten an Rezidiven und Revisionsoperationen und komorbidem Asthma bei CRSwNP gegenüber Nicht-Typ-2-CRSsNP. Für davon betroffene Patient:innen könnte eine Typ-2-spezifische Therapie gegen die vorherrschenden Zytokine also eine neue Hoffnung im Krankheitsmanagement bedeuten.

Klinisches Management – Patientenwege

Als erste Ansprechpartner:innen in medizinischen Belangen gelten die Hausärztinnen und Hausärzte. Bei akuten, erst seit einigen Tagen bestehenden Symptomen ist die frühzeitige abschwellende Therapie, beispielsweise durch ein Sympathomimetikum wie Xylometazolin (oft auch in Kombination mit einem nasalen Steroid) über 7–10 Tage sinnvoll, vor allem bei akuten Exazerbationen. Zusätzlich sind Nasenspülungen oder Sole-Inhalationen (ca. 30 Minuten nach abschwellender Therapie) ebenfalls wichtig. Bei typischem Schmerz über der Stirn, dem Oberkiefer, zwischen den Augen oder beim Vornüberbeugen über mehrere Tage trotz abschwellender Therapie ist die Einleitung einer Antibiose sinnvoll.
Die bisherige Standardtherapie bei primärer diffuser (eosinophiler) CRS besteht aus nasalen Kortikosteroiden (z. B. Mometason) und Spülungen mit Salzlösung für mehrere Wochen. Tritt keine Besserung ein, kann ein Behandlungsversuch mit oralen Steroiden (z. B. Betamethason-Brausetabletten 2-mal 1 für 10 Tage, dann 1-mal 1 für 10 Tage; maximal 3-mal pro Jahr; Dosisreduktion möglich und wünschenswert) bzw. Langzeitantibiotika (z. B. Makrolide) versucht werden; gerade die Langzeitantibiose hat aber in Studien mäßige Wirksamkeit gezeigt, und die orale Steroidgabe ist mit den bekannten Nebenwirkungen behaftet.
Sollten die Beschwerden anhalten oder innerhalb kurzer Zeit wieder auftreten, so ist die Vorstellung beim:bei der HNO-Facharzt:Fachärztin der nächste Schritt. Hier wird die Nasenhaupthöhle inspiziert und endoskopisch abgeklärt, je nach Befund erfolgt eine Therapieerweiterung mittels oraler Kortikosteroide; außerdem wird dann meist die Indikation zu einer Computertomografie (CT) der NNH gestellt. Nach Durchführung der bildgebenden Diagnostik erfolgt dann je nach Befund die Zuweisung an eine HNO-Klinik zur funktionellen endoskopischen Nasennebenhöhlenoperation (FESS). In Einzelfällen müssen Patient:innen mehrmals operiert werden, die Datenlage zeigt jedoch, dass ab der dritten OP keine signifikante Besserung mehr eintritt und/oder das Besserungsintervall immer kürzer wird.

Neue Hoffnung

Als neue hoffnungsvolle Therapiemöglichkeit kommen bei nicht kontrollierbaren Verläufen Biologika zum Einsatz. Zur Bewertung der Krankheitskontrolle werden Fragebögen zur Symptomschwere und Lebensqualität sowie objektivere Messungen per Endoskopie oder Geruchstest verwendet. Die Indikation für Anti-IL-4/13-, Anti-IL-5- oder Anti-IgE-Antikörper bei CRSwNP kann anhand von fünf Kriterien der Typ-2-Inflammation gestellt werden: Bedarf an oralen Steroiden mehr als 1-mal im vergangenen Jahr, Einschränkung der Lebensqualität, Verlust des Geruchssinns und komorbides Asthma; mit oder ohne vorhergehende FESS kommen Biologika bei drei, respektive vier erfüllten Punkten infrage. In den Studien („Sinus 24 und 52“) für Dupilumab (Anti IL4/13) und den Studien („Polyp 1 und 2“) für Omalizumab (Anti IgE) erreicht eine Mehrheit der Patient:innen eine Verbesserung der Symptome nach 8–12 Wochen sowie weiter nach bis zu 52 Wochen Dauertherapie in allen Scores bspw. SNOT-22, nasaler Polypenscore (NPS) und Geruchstest/-sinn. Nach sechs und zwölf Monaten sollte deshalb der Behandlungserfolg evaluiert werden, um die Biologika-Therapie entsprechend fortzusetzen oder zu beenden. Trotz der sehr guten Ergebnisse handelt es sich bei dieser Therapie um eine symptomatische Therapie mit Verschlechterung der Symptome nach Absetzen. Ein weiterer Punkt sind die (noch) hohen Kosten, doch die Rückmeldungen der Patient:innen sind derart positiv, dass sich tatsächlich von einer neuen Hoffnung für diese Gruppe sprechen lässt.

Drehscheibe:

  • Patient:in
  • Hausärzt:in
  • Fachärzt:in
  • Zentrum

Symptome (bei > 12 Wochen Chronizität)

  • regelmäßige und verstärkte Sekretion aus der Nase nach vorne und/oder hinten (post nasal drip)
  • behinderte Nasenatmung
  • Beeinträchtigung des Geruchsinns
  • Gesichtsschmerz oder Druckgefühl über den Nasennebenhöhlen (NNH)

Primäre Therapieoptionen ggf. durch den Hausarzt/die Hausärztin

  • topische Kortikosteroide (Nasenspray)
  • Nasenspülungen auf Salzbasis
  • orale Kortikosteroide, sollten mit HNO-Ärzt:in abgesprochen werden
  • (Langzeitantibiose, jedoch mäßige/fragliche Wirksamkeit)

Weitere diagnostische und therapeutische Schritte

  • HNO-fachärztliche Abklärung, inklusive Endoskopie
  • Computertomografie der NNH (nativ)
  • funktionelle endoskopische Nasennebenhöhlenoperation (FESS) – auch mehrmals möglich/notwendig, ab 3-mal jedoch kaum mehr Besserung

Zugelassene Biologika-Therapien

  • Dupilumab (Anti-IL4/13)
  • Omalizumab (Anti-IgE)
  • Mepolizumab (Anti-IL-5)