Die Pflegereform gehe laut Volkshilfe nicht weit genug, es gäbe dringenden Handlungsbedarf. Am Mittwoch wurden weitere Forderungen vorgestellt.
Die Pflegereform 2022 war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber es müsse mehr geschehen, mahnt Ewald Sacher, Präsident der Volkshilfe Österreich. Durch den Föderalismus würden Reformprozesse nur langsam voranschreiten, was teils zu einem kompletten Stillstand im Pflegebereich führe. Das dringendste Problem sieht Sacher im aktuellen Personalmangel. Laut der Gesundheit Österreich GmbH Studie von 2019 braucht es in der Pflege bis 2030 rund 90.900 Personen über alle Berufsgruppen hinweg. Allein bei der Volkshilfe fehlen rund 370 Mitarbeiter:innen. Damit man genügend Menschen für den Beruf gewinnen kann, brauche es laut Sacher eine bessere Finanzierung, Ausbildung und attraktivere Arbeitsbedingungen. Eine dauerhafte Entgelterhöhung wäre ein erster wichtiger Schritt. Die geforderte Gehaltserhöhung, die im vergangenen Jahr gekommen ist, sei „definitiv ein Erfolg“, aber „nicht im gewünschten Umfang“ gewesen, schließt sich Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich, den Forderungen an. „Die Erhöhung soll einheitlich sein, also auch für die Gruppen gelten, die noch nicht miteinbezogen sind, und nicht nur zwei Jahre, sondern dauerhaft gelten“, fordert Fenninger. Auch der Ausbildungszuschuss von 600 Euro im Monat solle über 2025 hinaus bereitgestellt werden – im besten Fall in einem höheren Ausmaß, ähnlich der Bezahlung von Polizist:innen in der Ausbildung (rund 1.800 Euro brutto). Der Ausbau der Ausbildungsplätze, wie es in Wien im Vorjahr schon geschehen ist, gehöre auch in den anderen Bundesländern forciert.
Damit mehr Menschen einen Beruf im Pflegebereich wählen, brauche es laut Volkshilfe den Zugang zur Schwerarbeitspension sowie die Anerkennung der Ausbildungszeiten zu Pflege- und Betreuungsberufen als Versicherungszeiten. Und: „Pflege ist nach wie vor weiblich“, betont Fenninger, weshalb die Volkshilfe auch auf einen Ausbau der Kinderbetreuung pocht. Der Personalbedarf sei aber nicht nur mit Menschen aus der österreichischen Bevölkerung abdeckbar. Die Volkshilfe fordert daher Erleichterungen bei der Zuwanderung wie eine Verlängerung der Rot-Weiß-Rot-Karte von zwei auf vier Jahre, erleichterten Zugang zu Ausbildungen für Asylwerber:innen und ein „weniger auf Abwehr bedachtes, enorm restriktives Staatsbürgerschaftsrecht“.
Um den Pflegenotstand langfristig zu lösen, müsse mehr Steuergeld in die Pflege investiert werden. „Die Finanzausgleichsverhandlungen sind der Hebel, den Bund wie Länder nutzen müssen, um weiterzukommen“, betont Fenninger. Ziele für den Ausbau von teilstationären Einrichtungen oder Qualitätskriterien seien beispielsweise Maßnahmen, die der Bund mit den Ländern vereinbaren könnte. Wichtig sei, dass die Volkshilfe als durchführende Kraft mitverhandeln könne und „nicht von oben herab“ entschieden werde. (kagr)