Unter „the bad“ möchten die Organisator:innen des Österreichischen Impftages die schwierige Kommunikation und gesellschaftliche Verwerfungen im Rahmen der Pandemie verstanden wissen, „the ugly“ stünde für die vielfältigen Post-COVID-Erscheinungen. Unter „the good“ fielen die rasch entwickelten COVID-19-Impfstoffe, aber auch andere neue(re) Impfstoffe, so auch jene gegen Herpes Zoster und gegen Pneumokokken.
Prof. Dr. Klaus Überla, Direktor des Virologischen Instituts des Universitätsklinikums Erlangen und Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) in Deutschland, referierte über die Impfung gegen Herpes Zoster. Er betonte die langanhaltende und hohe Wirksamkeit des neuen Impfstoffes („good“), ist aber der Meinung, dass die Impfung noch zu wenig angewendet wird, und vermutet dahinter evtl. finanzielle Gründe („bad“, „ugly“). Die Inzidenz des Zosters steigt mit dem Alter: Ab 60 Jahren liegt sie bei etwa 1 %, und Frauen sind deutlich häufiger betroffen. Die postherpetische Neuralgie (PHN) kann als schwerwiegende Komplikation hinzukommen. Bei der Gürtelrose handelt es sich um eine Reaktivierung der Varizella-Zoster-Viren aus den Spinalganglien (u. A. im Alter bei nachlassender T-Zell-Immunität) und anschließender Ausbreitung auf die von diesen versorgten Hautbereiche mit charakteristischem bläschenförmigem Ausschlag. Die STIKO empfiehlt Personen ab 60 Jahren sowie Personen ab 50 Jahren mit relevanter Grunderkrankung die Impfung mit dem adjuvantierten Totimpfstoff (Protein/Subunit, Shingrix®), davon abweichend der Impfplan Österreich Personen ab 50 Jahren sowie Personen ab 18 mit relevanten Risikofaktoren. In Österreich ist der Totimpfstoff seit Herbst 2021 erhältlich. Ein ebenfalls erhältlicher Lebendimpfstoff wird in beiden Ländern aufgrund von Wirkdauer, eingeschränkter Wirksamkeit und Kontraindikationen nicht mehr empfohlen. Shingrix® ist nicht zur Vorbeugung einer primären Varizelleninfektion, sondern zur Vorbeugung von Herpes Zoster und PHN zugelassen.
Prof. Überla erläuterte, dass die Impfung mit Shingrix® durch das Adjuvans das angeborene Immunsystem stimuliert und dadurch zu einer hohen Reaktogenität führen kann. Impfreaktionen wie Schlappheit, Kopfschmerzen, Fieber oder lokale Erscheinungen sind möglich, diese klingen aber üblicherweise binnen 2–3 Tagen wieder ab, worauf man die Patient:innen hinweisen solle. Die Wirksamkeit liegt in den ersten Jahren nach der Impfung bei > 90 %, mittlerweile vorliegende Daten weisen nach 10 Jahren noch einen Schutz von > 70 % aus. Studien zur Immunogenität und Sicherheit deuten auch auf ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis bei Personen mit Grunderkrankungen hin. Da Gürtelrosen-Rezidive relativ häufig sind, ist der Impfstoff auch für Personen, welche die Erkrankung bereits durchgemacht haben, zu empfehlen.
Diesen Vortrag hielt Prof. Dr. Christian Bogdan vom Institut für Klin. Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene, Universitätsklinikum Erlangen, und ebenfalls Mitglied der STIKO. Er rief in Erinnerung, dass Pneumokokken gefährliche Erreger mit hoher antigener Variabilität (> 90 Serotypen) sind, die vor allem der Polysaccharid-Kapsel zu verdanken ist. Letztere stellt den alles überragenden Virulenzfaktor dar. Normalerweise besiedeln Pneumokokken die Schleimhäute des Naso- und Oropharynx, können aber von dort endogene Infektionen auslösen. Mit Hilfe der Kapsel kann der Erreger im Blut sehr gut überleben, bei vielen Patient:innen sieht man eine Bakteriämie. Pneumokokken können neben Pneumonien auch Mittelohrentzündungen, Sinusitis, Mastoiditis, Peritonitis, Meningitis, Arthritis u. v. m. verursachen. Besonders gefährdet sind Säuglinge, Kleinkinder, Senior:innen und Menschen mit diversen Grunderkrankungen. Die vorhandenen Impfstoffe verhindern vor allem invasive Pneumokokken-Infektionen.
Es gibt Polysaccharid-Vakzine (PPV23) und Konjugatimpfstoffe (PNC10, PNC13 und neu: PNC15 und 20-valent). Vor- und Nachteile der jeweiligen Vakzintypen bestimmen die im Impfplan Österreich vorgeschlagenen Impfschemata je Personengruppe (Details siehe dort). Neu ist, dass ab Feber die Erstimpfungen bei Säuglingen/Kindern mit PNC15 erfolgen sollen. Bei Erwachsenen (Empfehlung ab 60 Jahren oder ab 50 Jahren bzw. noch früher je nach Risikofaktoren) soll seit 2022 vorzugsweise mit PNC15 (Vaxneuvance®) oder PNC20 (Apexxnar®) geimpft werden. Erwachsene sowie bestimmte Kinder brauchen im Rahmen des sequenziellen Impfschemas eine weitere Impfung mit PPV23.
Prof. Bogdan erwähnte abschließend eine neue Impfstoffentwicklung auf Basis von MAPS (Multiple Antigen-presenting System). Anmerkung der Redaktion: Ziel ist die Präsentation von immunogenen Polysacchariden und Proteinen in einem Impfstoff für eine breitere Immunantwort. Man nutzt dabei die nichtkovalente, stabile Bindung zwischen Biotin und Rhizavidin.