Highlights der Biologikatherapie bei Asthma

Am Anfang der Therapie von schwerem Asthma stehen auch in Zeiten modernster Behandlungsmöglichkeiten Diagnose und Stratifizierung bzw. die Einteilung, ob der Erkrankung eine Typ-2-Inflammation zugrunde liegt oder nicht. Zuerst gilt es, die Asthmadiagnose durch die Anamnese und den Nachweis einer variablen Atemwegsobstruktion zu bestätigen. Dazu wird eine Spirometrie mit und ohne Bronchodilatator durchgeführt sowie auf eine bronchiale Hyperreagibilität (BHR) getestet. Im Hinblick auf einen möglichen Typ-2-Hintergrund werden die Gesamtzahl der eosinophilen Granulozyten (AEC) im peripheren Blut, im Sputum und das fraktionierte exhalierte Stickstoffmonoxid (FeNO) bestimmt.1 Erreicht oder überschreitet mindestens eines der Kriterien die jeweiligen Schwellenwerte AEC ≥ 150 Zellen/μl, Sputumeosinophile ≥ 2 % und FeNO ≥ 20 ppb, wird laut GINA-Richtlinien eine Typ-2-Inflammation diagnostiziert. Die häufige Verwendung von oralen Kortikosteroiden (OCS), eine eingeschränkte Lungenfunktion, schwere Exazerbationen und keine optimale Symptomkontrolle sind Kennzeichen für unkontrolliertes Asthma.2

Biomarker

Während keine Biomarker einzeln das volle Spektrum einer Typ-2-Inflammation wiedergeben können, kann deren gemeinsame Betrachtung wertvolle Hinweise zu Schweregrad, Risiko und einem möglichen gezielten Biologikaeinsatz geben. Als allergietypischer Biomarker wird die Sekretion von IgE durch Interleukin-(IL-)4 und IL-13 induziert. Eosinophile werden ebenfalls durch IL-4 und IL-13 in die Atemwege rekrutiert. Ihre Reifung und Differenzierung wird durch IL-5 angeregt. Sie sind an der langanhaltenden Entzündungsreaktion sowie der Obstruktion der Atemwege beteiligt. Auch Stickstoffmonoxid in der Ausatemluft ist ein klassischer Biomarker für Asthma. Die Produktion von NO findet hauptsächlich in Epithelzellen der Schleimhäute in entzündeten Atemwegen statt und wird durch IL-4 und IL-13 angeregt. FeNO wird zur Einschätzung des Ansprechens auf Kortikosteroide und des Schweregrades der Asthmaerkrankung genützt.3 Diese Biomarker zeigen dabei eine überlappende Expression. In einer Untersuchung hatten 72 % aller Patient:innen mit schwerem Asthma erhöhte Werte von mindestens einem Biomarker, 15 % sogar von allen dreien.4

Biologikatherapie

Derzeit sind 6 Biologika zur Therapie von schwerem Asthma zugelassen. Zur Auswahl kann das „ABCD“-Vorgehen eine Hilfestellung bieten, also Anamnese, Biomarker, Co-Morbiditäten und Dosierungsintervalle. Für schweres Asthma sind Dupilumab als Antikörper gegen den IL-4-Rezeptor-a und damit gegen IL-4 und IL-13 ab 6 Jahren und Tezepelumab als Antikörper gegen thymisches stromales Lymphopoietin (TSLP) ab 12 Jahren zugelassen. Der Anti-IgE-Antikörper Omalizumab ist ab 6 Jahren für schweres allergisches Asthma zugelassen. Für schweres eosinophiles Asthma sind die Anti-IL-5-Antikörper Mepolizumab und Reslizumab ab 6 bzw. 18 Jahren sowie der Anti-IL-5-Rezeptor-a-Antikörper Benralizumab ab 12 Jahren zugelassen. Prädiktoren für ein gutes Ansprechen von Omalizumab sind ein früher Erkrankungsbeginn und erhöhte Werte für Eosinophile im Blut sowie FeNO. Günstig für das Ansprechen von Dupilumab ist eine Bluteosinophilie von 150–1.500 Zellen/µl sowie FeNO ≥ 25ppb. Die Anti-IL-5-(R-)Antikörper wiederum werden durch häufige Exazerbationen sowie ebenfalls erhöhte Werte der Eosinophilen im Blut begünstigt. Hohe FeNO-Werte können Hinweise auf ein besseres Ansprechen von Tezepelumab geben.
Da Asthma oft mit anderen (Typ-2-)Erkrankungen einhergeht, können auch Zulassungen für relevante Komorbiditäten zur Entscheidung herangezogen werden. Omalizumab ist für chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (CRSwNP) und chronische spontane Urtikaria (csU) zugelassen. Dupilumab ist neben Asthma auch für CRSwNP und atopische Dermatitis (AD) zugelassen. Unter den Anti-IL-5-(R-)Antikörpern ist nur Mepolizumab zusätzlich für CRSwNP, die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) und das hypereosinophile Syndrom (HES) zugelassen. Als neuester zugelassener Antikörper gegen Asthma besteht für Tezepelumab keine weitere Zulassung.5 Die häufige gleichzeitige Zulassung für Asthma und CRSwNP ergibt sich nicht nur aus dem gemeinsamen immunologischen Hintergrund, sondern ist auch therapeutisch relevant, da etwa die Hälfte aller Patient:innen mit CRSwNP auch an Asthma leidet.6 Mit Ausnahme des intravenös verabreichten Reslizumab werden die anderen 5 Biologika subkutan appliziert. Die Dosierintervalle als gegebenenfalls mögliche weitere Entscheidungshilfe betragen in der Regel 4 Wochen. Omalizumab wird alle 2–4 Wochen, Dupilumab alle 2 Wochen und Benralizumab im Anschluss an 3 Initialdosen alle 8 Wochen verabreicht.5

Therapiealgorithmus: Zur Wahl der richtigen Antikörper bei schwerem Asthma sollten all diese Kriterien in einen Entscheidungsalgorithmus einbezogen werden (Abb.). Für OCS-abhängige Patient:innen mit schwerem Asthma wird bei derzeitiger oder früherer Eosinophilie im Blut eine Therapie mit Anti-IL-4R-a-, Anti-IL-5- oder Anti-IL-5R-Antikörpern vorgeschlagen, ansonsten ein Anti-IL-4R-a-Antikörper. Bei schwerem Asthma ohne tägliche OCS-Gabe wird ebenfalls nach der Menge an Eosinophilen im Blut unterschieden. Liegt der Wert bei mehr als 1.500 Zellen/µl, sind Anti-IL-5- oder Anti-IL-5R-Antikörper sinnvoll. Zwischen 150 und 1.500 Zellen/µl können Anti-IgE-, Anti-IL-4R-a-, Anti-IL-5-, Anti-IL-5R- oder Anti-TSLP-Antikörper gegeben werden. Unterhalb von 150 Eosinophilen/µl kann weiter nach FeNO entschieden werden. Bestehen bei FeNO-Werten ≥ 25 ppb allergisches Asthma und eine ganzjährige Allergie, bieten sich Anti-IgE-, Anti-IL-4R-a- oder Anti-TSLP-Antikörper an; wenn nicht, dann Anti-IL-4R-a- oder Anti-TSLP-Antikörper. Bei FeNO < 25 ppb und mit bzw. ohne allergisches Asthma und ganzjährige Allergie können Anti-IgE- oder Anti-TSLP-Antikörper bzw. Anti-TSLP-Antikörper eingesetzt werden.5

Abb.: Algorithmus zur Einschätzung und Therapie von Erwachsenen mit unkontrolliertem schwerem Asthma

Studiendaten

In einer prospektiven Real-World-Studie konnte Omalizumab die Exazerbationsrate von Patient:innen mit moderatem bis schwerem Asthma verbessern. Lag diese 12 Wochen vor Studienbeginn noch bei 3 ± 3,28, wurde sie bis Monat 12 auf 0,78 ± 1,37 (p < 0,001) reduziert, unabhängig von Eosinophilie und FeNO.7 Waren Zeichen einer Typ-2-Inflammation in Form von erhöhten Eosinophilen und/oder FeNO-Werten vorhanden, sorgte Dupilumab für eine bedeutende Reduktion an schweren Exazerbationen. Besonders wenn beide Biomarker erhöht waren (≥ 150 Eosinophile/μl und FeNO ≥ 25 ppb), war die Verbesserung stark ausgeprägt. Die adjustierte annualisierte Rate an schweren Exazerbationen lag mit 200 mg Dupilumab bei 0,37 gegenüber 1,16 bei entsprechendem Placebo sowie bei 0,42 mit 300 mg Dupilumab gegenüber 1,20 für eine relative Risikoreduktion von 68 % bzw. 65 %.8 Auch in einer Real-World-Studie mit vor allem Anti-IL-5/IL-5R-vorbehandelten Patient:innen erhöhte Dupilumab die Asthmakontrolle. Das Ergebnis im sechsteiligen Asthma Control Questionnaire (ACQ6) verbesserte sich innerhalb von 2 Wochen um 0,57 Punkte. Nach 4 Wochen verbesserte sich der Asthmakontrolltest (ACT) um 3,91 Punkte. Die Lungenfunktion gemessen über das forcierte exspiratorische Volumen (FEV1) zeigte nach 4 Wochen und 3 Monaten leichte Verbesserungen von 220 bzw. 229 ml, sie waren jedoch nach 6 Monaten nur noch minimal.9 Für Mepolizumab gibt es ebenfalls Real-World-Daten, die dessen Wirkung bei schwerem Asthma bestätigen. Die jährliche Rate an klinisch signifikanten Exazerbationen sank innerhalb von 12 Monaten von 4,63 auf 1,43 (Rate Ratio 0,31; 95%-KI 0,27–0,35; p < 0,001). Für unterschiedliche AEC-Ausgangswerte waren die Exazerbationsraten dabei jeweils ähnlich. Während in der Zeit vor der Mepolizumab-Behandlung nur 7 % der Patient:innen keine klinisch signifikanten Exazerbationen hatten, lag dieser Wert in den 12 Monaten der Follow-up-Phase bei 48 % (Odds Ratio 12,13; 95%-KI 8,03–18,33; p < 0,001).10

In Langzeituntersuchungen zeigte sich, dass unter Benralizumab die Reduktionen der jährlichen Exazerbationen während der Nachbeobachtungsphase aufrechterhalten wurden. Zumindest 75 % der Patient:innen, die alle 8 Wochen Benralizumab erhielten, hatten keinerlei Exazerbationen pro Jahr, und 59 % der Patient:innen hatten keine Exazerbationen in den bis zu 4 Jahre andauernden Verlängerungsstudien.11 Patient:innen, die aus verschiedenen Studien in eine Open-Label-Extension-Studie mit Dupilumab übernommen wurden, erreichten im insgesamt dritten Beobachtungsjahr je nach Ursprungsstudie und Therapiegruppe eine Rate von 0,28 Exazerbationen pro Jahr. Im Jahr vor Einschluss in die erste Studie lag die Zahl an Exazerbationen noch bei 2,09–2,37. 79,5–89,3 % der Patient:innen hatten keine Exazerbationen in Jahr 3 der Studien. FEV1 verbesserte sich bis zum Ende des dritten Jahres um 220–330 ml im Vergleich zum Ausgangswert.12 Auch Tezepelumab reduziert Exazerbationen bei schwerem Asthma. Nach 52 Wochen lag die annualisierte Exazerbationsrate in einer Untersuchung bei 0,93 im Vergleich zu 2,10 mit Placebo (RR 0,44; 95%-KI 0,37–0,53; p < 0,001). Aufgeschlüsselt nach der AEC lag die Rate bei < 300 Zellen/ml bei 1,02 mit Tezepelumab und bei 1,73 mit Placebo (RR 0,59; 95%-KI 0,46–0,75; p < 0,001) bzw. bei 0,79 und 2,66 (RR 0,30; 95%-KI 0,22–0,40; p < 0,001) bei ≥ 300 Eosinophile/μl. Tezepelumab reduzierte die annualisierte Exazerbationsrate für Patient:innen mit einem FeNO-Ausgangswert < 25 ppb auf 1,07 vs. 1,57 mit Placebo (RR 0,68; 95%-KI 0,51–0,92; p < 0,001) und mit FeNO ≥ 25 ppb auf 0,82 vs. 2,52 (RR 0,32; 95%-KI 0,25–0,42; p < 0,001). FEV1 und ACQ6 verbesserten sich ebenfalls mit Tezepelumab stärker als mit Placebo (230 vs. 90 ml; Differenz 130 ml; 95%-KI 80–180; p < 0,001 bzw. −1,55 vs. −1,22; Differenz −0,33; 95%-KI −0,46 bis −0,20; p < 0,001).13

Resümee

Die derzeit 6 für schweres Asthma zugelassenen Biologika zeigen auch in Langzeitdaten eine anhaltende Effektivität zur Reduktion von Exazerbationen und Verbesserung der Lungenfunktion. Anhand von Biomarkern und Begleiterkrankungen kann die für die jeweiligen Patient:innen am besten geeignete Therapie individuell ausgewählt werden.