Beratungsleitfaden: Allergie

Die allergische Rhinitis ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt (mit ansteigender Tendenz). Die Erkrankung hat vielfältige Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patient:innen, bspw. auf die Schlafqualität, auf schulische oder berufliche Leistungen, Alltagstätigkeiten und sportliche Aktivitäten.

Die Hauptsymptome sind Juck- und Niesreiz bis hin zu Niesanfällen, ein Anschwellen der Nasenschleimhaut mit behinderter Nasenatmung und ein vermehrter Ausfluss von wässrig-klarem Nasensekret. Bei fast allen Betroffenen ist die Symptomatik nicht nur auf die Nase beschränkt. Meist liegen noch verschiedene andere Allgemein- und Begleitsymptome vor:
Häufig sind auch die Augen (Rhinokonjunktivitis) mit Juckreiz, Brennen, Rötung und vermehrter Tränensekretion beteiligt. Weitere mögliche Begleitsymptome sind Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und allgemeines Krankheitsgefühl.

30–40 % der unbehandelten Allergiker:innen entwickeln im Laufe ihres Lebens allergisches Asthma (Etagenwechsel). Das Asthma-Risiko ist bei erwachsenen Patient:innen mit allergischer Rhinitis um das 3,2-Fache höher als bei Gesunden.

Rechtzeitige und adäquate Therapie

Moderne Antihistaminika der zweiten Generation (z. B. Azelastin, Bilastin, Cetirizin, Desloratadin, Loratadin, Levocetirizin, Terfenadin) haben eine hohe Wirksamkeit, eine schnelle Wirkung, sind gut verträglich und haben weniger Nebenwirkungen (z. B. Müdigkeit). Lokale Antihistaminika in Form von Augentropfen oder Nasensprays bringen eine rasche Erleichterung. Bei schweren intermittierenden Verläufen und bei allen persistierenden Formen der allergischen Rhinitis gelten intranasale Steroide (Rezeptpflicht), zusätzlich zu Allergiekarenz und Antiallergika, als Maßnahmen der Wahl. Es ist wichtig, die Patient:innen darauf hinzuweisen, dass Tabletten, Nasensprays und Augentropfen je nach der Schwere der Beschwerden auch kombiniert werden können.

Salzlösungen in Form von Sprays bzw. Nasenduschen helfen beim „Ausspülen“ der Pollen und lindern somit die Symptome. Physikalische Schleimhautprotektoren verhindern den Kontakt der Allergene mit der Schleimhaut, indem sie eine Barriere an der Nasenschleimhaut aufbauen, die einige Stunden aufrechtbleibt.

Wichtiger Beratungstipp

Es ist besonders wichtig, die Kund:innen darauf hinzuweisen, dass die antiallergischen Medikamente bzw. Maßnahmen während der ganzen „Allergiezeit“ einzunehmen bzw. anzuwenden sind. Ein ausreichender Wirkspiegel sollte nicht nur die Symptome reduzieren, sondern auch einen Etagenwechsel verhindern. Auch sollten Allergiker:innen ihre Medikamente immer griffbereit im Medikamentenschrank zu Hause haben, um die Symptome gleich von Beginn an effektiv und ohne Zeitverzug behandeln zu können.

Empfehlungen für das Gespräch an der Tara

Wichtige Fragen zu Beginn der Beratung

  • Welche Beschwerden liegen vor? Wie äußern sich diese?
  • Seit wann bestehen die Beschwerden? Akut oder schon länger?
  • Treten die Beschwerden zu bestimmten Zeiten bzw. in bestimmten Situationen immer wieder auf?
  • Wie ist die Beschaffenheit des Sekrets? Wässrig-klar, serös-mukös, farblos, gelblich-grün (Unterscheidung zu anderen Erkrankungen)?
  • Sind Begleitsymptome vorhanden? Husten, Kopfschmerz, Druckgefühl in den Nebenhöhlen, Abgeschlagenheit, Geschmacks- oder Geruchsstörungen?
  • Welche Maßnahmen und/oder Arzneimittel wurden bisher ausprobiert?

Die allergische Rhinitis zählt gemeinsam mit dem allergischen Asthma und der atopischen Dermatitis zum Formenkreis der atopischen Erkrankungen; überwiegend IgE-vermittelt ⇒ Ausschüttung von Th2-assoziierten Zytokinen, Leukotrienen und Histamin mit einer Entzündung der Atemwege.

Klinische Symptome einer allergischen Rhinitis

  • nasale Obstruktion
  • Rhinorrhö
  • Nies- und Juckreiz

Nach der ARIA-Nomenklatur („Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma“) wird die allergische Rhinitis wie folgt klassifiziert:

  • intermittierend: < 4 Tage/Woche oder < 4 Wochen
  • persistierend: > 4 Tage/Woche und > 4 Wochen
  • mild: normaler Schlaf, keine Einschränkung der täglichen Aktivitäten, normales Arbeits- und Schulleben, keine Symptome
  • moderat bis schwer: abnormaler Schlaf, signifikante Einschränkung der täglichen Aktivitäten, abnormales Arbeits- und Schulleben, Symptome präsent

Zu beachten! Aufgrund der zugrunde liegenden Pathophysiologie zeigt sich eine hohe Komorbidität der allergischen Rhinitis mit dem allergischen Asthma und auch eine gegenseitige Beeinflussung bezüglich der Schwere und Ausprägung. Häufig ist eine allergische Rhinitis nicht ausreichend diagnostiziert und damit auch nicht adäquat therapiert.

Anzeichen, dass eine Allergie vorliegt, sind ständige oder in bestimmten Situationen immer wieder auftretende Beschwerden bei z. B.:

  • Aufenthalt im Freien (Pollenflug), in Räumen (Hausstaubmilben, Schimmelpilzsporen)
  • Kontakt mit Tieren, mit Allergenen im Beruf (Mehl- und Getreidestaub), Latex, mit Reinigungsmitteln, Färbemitteln, Kosmetika, Nickel
  • Insektenstichen (Biene, Wespe, Mücken, Bremse, Floh)
  • Lichtexposition, Sonnenallergie
  • Medikamenten (Antibiotika, Salicylate) u. a.

Wichtig! Allergien und Erkältungen zeigen oft eine ähnliche Symptomatik.
Gerade die „Indoor-Allergien“ verursachen v. a. in der Heizperiode Beschwerden, die denen eines grippalen Infektes sehr ähnlich sind. Bei der Unterscheidung gibt es deutliche Unterschiede, z. B. bezüglich Dauer, Verlauf, Schnupfensymptomatik, Halsschmerzen, Fieber, Müdigkeit.

Bei ganzjährigen Rhinitiden (Hausstaubmilbe, Tierhaare u. a.) klagen viele Betroffene häufig über Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit und Konzentrationsstörungen. Durch die ständige Allergen-Exposition kommt es zur „Dauersymptomatik“ mit ständig gereizten Schleimhäuten, dies kann sogar zu einer nasalen Hyperreaktivität führen, d. h., die Betroffenen reagieren auch auf andere unspezifische Reize empfindlich (Staub, Rauch, Dämpfe, intensive Gerüche u. a.).

Therapieempfehlungen

Empfohlen wird ein Therapiestufenplan:

  • Allergievermeidung (wenn möglich)
  • symptomatische Therapie
  • spezielle Immuntherapie

Eine vollständige Vermeidung des auslösenden Allergens stellt die beste Behandlungsform allergischer Erkrankungen dar, ist jedoch für die meisten Allergene – wie z. B. Pollen und Milben – nur eingeschränkt möglich. Die Pollen kommen während der Blühperiode der jeweiligen Pflanzen in sehr hohen Konzentrationen in der Außenluft vor. Hochgebirge, Meer sowie Regen und bedecktes Wetter mindern den Pollenflug.

Tipps zur Verringerung der Allergenbelastung

  • im Wohnbereich auf Teppiche, nichtwaschbare Stoffvorhänge und andere Staubfänger wie Polstermöbel verzichten
  • Matratze regelmäßig reinigen bzw. Neubeschaffung
  • Haustiere nicht ins Schlafzimmer lassen, Bettwäsche wöchentlich wechseln
  • tägliches Staubsaugen
  • vor der Heizperiode alle Heizkörper sorgfältig reinigen
  • pollenbelastete Kleidung außerhalb des Schlafzimmers wechseln und lagern, Wäsche nicht im Freien trocknen
  • abends Haare waschen ⇒ Reduktion der Pollenbelastung
  • Allergenfilter bei Belüftungssystemen und Klimaanlagen
  • bei geschlossenen Fenstern schlafen, Pollenschutzgitter
  • Aufenthalt im Freien dosieren, d. h. Spaziergänge, Sport etc. den gegebenen Verhältnissen bzw. der Witterung anpassen ⇒ Allgemein ist die Pollenbelastung in der Stadt abends zwischen 18:00 und 24.00 Uhr und auf dem Land morgens zwischen 4.00 und 8.00 Uhr am stärksten.
  • zusätzliche Reize auf Schleimhäute meiden
  • tägliche Aktivitäten und Urlaube entsprechend
  • Wichtig! Beim Verzehr bestimmter Nahrungsmittel können aufgrund von Kreuzreaktivität (z. B. Birke/Apfel) allergische Reaktionen ausgelöst werden.
  • Informationen über die zu erwartende Belastung einholen
  • Apps zur Kontrolle der Belastungen können helfen, besser mit der Allergie zurechtzukommen und sich auf hohe Pollenbelastungen einzustellen.
  • Allergiepass für Arzneimittelallergiker, bei Allergien gegen Insektengifte ⇒ kann in Notsituationen wichtige Zeit sparen und unter Umständen sogar Leben retten!

Selbstmedikation

Moderne Therapieempfehlungen der allergischen Rhinitis basieren auf einer ganz gezielten Anamnese hinsichtlich Dauer und Schweregrad der Erkrankung. Bei leichten intermittierenden, meist saisonalen Formen werden Allergiekarenz und Antiallergika empfohlen:

  • Antihistaminika ⇒ Tabletten, Nasentropfen bzw. -spray, Augentropfen, topische Präparate
  • Salzlösungen ⇒ Meerwassersprays, Nasendusche etc. zum Ausspülen der Pollen
  • schleimhautabschwellende Präparate
  • physikalische Schleimhautprotektoren
  • Astragalus membranaceus (Traganthwurzel) ⇒ durch immunregulierende Eigenschaften wird das Auftreten von Allergiesymptomen verhindert; Einnahme empfehlenswert 1 Monat vor Beginn der Allergiesaison
  • homöopathische Arzneien

Eine Hyposensibilisierung ist nach wie vor die einzige Therapieoption, die nicht allein die Symptome lindert, sondern auch die Ursache der Krankheit bekämpft.