GMAI: Medizinische KI wird zum Generalisten

Anwendungen künstlicher Intelligenz erbringen ihre Leistungen bis dato in jeweils streng umschriebenen Aufgabenbereichen. Laut einer aktuellen Arbeit in der Zeitschrift Nature werden medizinische KI-Modelle schon bald eine Vielzahl gänzlich unterschiedlicher Aufgaben ausführen können.

Worum geht es?

Die außergewöhnlich schnelle Entwicklung äußerst leistungsfähiger KI-Modelle lässt in absehbarer Zeit gänzlich neue Möglichkeiten in der Medizin erwarten. Vor diesem Hintergrund schlagen Moore et al. ein neues Paradigma für medizinische KI vor, das sie als Generalist medical AI (GMAI) bezeichnen. GMAI-Modelle werden in der Lage sein, eine vielfältige Palette von Aufgaben auszuführen, und weniger auf spezifisch aufbereitete, sondern eher auf großen, vielfältigen, multimodalen Datensätzen aufgebaut werden, darunter Daten aus Bildgebung, elektronischen Gesundheitsakten, Laborergebnissen, Genomik, Ontologien oder medizinischen Texten. Die Modelle werden ihrerseits Ergebnisse wie Freitext-Erklärungen, gesprochene Empfehlungen oder Bildanmerkungen produzieren, die fortschrittliche medizinische Denkfähigkeiten zeigen. Die Autor:innen identifizieren eine Reihe von fortschrittlichen Anwendungen, wie Chatbots für Patient:innen, interaktive Dokumentation, augmentiere Operationen, begründete Radiologiebefundung oder Entscheidungsunterstützung für die Therapieplanung.


„Ab der nächsten Generation von KI werden mehr oder weniger alle Berei­che der Medizin betroffen sein.“

DI Dr. Günter Schreier
AIT Austrian Institute of Technology


GMAI-Modelle werden mehrere Datenmodalitäten verarbeiten, neue Aufgaben spontan erlernen und Fachwissen nutzen, um nahezu unbegrenzte medizinische Aufgaben zu bearbeiten. Die Flexibilität von GMAI wird es den Modellen ermöglichen, in sich verändernden Umgebungen relevant zu bleiben und sich laufend anzupassen, ohne ständig von Grund auf neu trainiert werden zu müssen. GMAI-Anwendungen werden sowohl in klinischen Umgebungen als auch auf Smartphones eingesetzt werden und für verschiedene Zielgruppen nützlich sein, von Kliniker:innen bis Patient:innen.

GMAI-Modelle bringen aber auch einzigartige Herausforderungen mit sich. Ihre extreme Vielseitigkeit macht sie schwer umfassend validierbar, ihre Größe kann hohe Kosten verursachen. Eine zentrale Herausforderung stellt die Bereitstellung der Trainingsdaten dar, die nicht nur groß, sondern auch vielfältig und angemessen geschützt sein müssen. Letztendlich verspricht GMAI beispiellose Möglichkeiten für das Gesundheitswesen, indem es Kliniker:innen bei einer Reihe wesentlicher Aufgaben unterstützt, Kommunikationsbarrieren überwindet und hochwertige Versorgung breiter zugänglich macht.

Warum ist das wichtig?

Auch wenn der Artikel von Zukunftsszenarien handelt, macht er deutlich, dass ab der nächsten Generation von KI mehr oder weniger alle Bereiche der Medizin betroffen sein werden, und das – in meiner Einschätzung – in weniger als einem Jahrzehnt.

Zudem wird die Bedeutung von geeigneten Daten deutlich, die sich nicht mehr nur auf einen isolierten Bereich beziehen müssen, sondern umfangreich und vielfältig sein müssen, damit sie für das Trainieren hochentwickelter KI verwendet werden können. Für Österreich bedeutet das, dass wir unsere Datenplattform ELGA umfangreich ausbauen und für diese Zwecke öffnen müssen, um diesbezüglich in Zukunft nicht abgehängt zu werden.