Nach dem Auftauchen von gefälschten „Abnehmspritzen“ auch in Österreich reagieren jetzt der Apothekerverband und die Pharmaindustrie mit Warnungen und Klarstellungen.
Die Schockstarre nach den ersten Meldungen über Fälschungen von Fertig-Pens mit dem Diabetesmittel „Ozempic“ (Originalhersteller: Novo Nordisk A/S), die angeblich von einem Pharmahändler aus Österreich nach Deutschland geliefert worden sind, weicht langsam der Aufarbeitung. Wie berichtet gab es erste Meldungen vor einer Woche. In der Zwischenzeit sind auch Fälschungen in Österreich aufgetaucht, das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) ermitteln nun auf Hochtouren. Denn Fälschungen des Diabetes-Pens sollen bereits Patient:innen in Österreich erreicht haben und zumindest in einem Fall zu einer Hospitalisierung geführt haben. Die BASG geht auch davon aus, dass es weitere Fälschungen gibt, die nur schwer oder gar nicht erkennbar sind.
Der Fall um eine Spitalseinlieferung zeige, dass der Kauf von Arzneimitteln über dubiose Online-Händler ein enormes gesundheitliches Risiko darstellt, erklärt nun der Österreichische Apothekerverband. Er warnt vor derartigen Käufen und ruft die Bevölkerung dazu auf, Medikamente ausschließlich über sichere Quellen zu beziehen – über die öffentlichen Apotheken. „In den vergangenen Jahren hat die Anzahl von Arzneimittelfälschungen in einem besorgniserregenden Ausmaß zugenommen – gesundheitliche Risiken inklusive,“ erklärt Thomas W. Veitschegger, Präsident des Apothekerverbands. „Der Fall Ozempic zeigt, wie wichtig die Apotheken für das österreichische Gesundheitssystem sind. Wir sorgen dafür, dass Medikamente – selbst in Zeiten von Lieferengpässen – verfügbar sind. Und wir garantieren, dass die Menschen ausschließlich sichere Präparate bekommen“ ergänzt Andreas Hoyer, 1. Vizepräsident des Apothekerverbands.
Man müsse den Menschen aber auch vermitteln, dass Arzneimittel keine Lifestyle-Produkte sind, fordert Alexander Hartl, 2. Vizepräsident des Apothekerverbands: „Bei Ozempic handelt es sich um ein Diabetes-Medikament, um das vor einigen Monaten ein Hype im Internet entstanden ist. Sogenannte Influencer bezeichnen das Präparat als Wundermittel für Gewichtsreduktion. Das ist in doppeltem Maß besorgniserregend: All jene, die das Medikament als Lifestyle-Produkt – und damit in medizinisch nicht notwendigen Fällen – anwenden, riskieren ihre Gesundheit. Gleichzeitig setzen sie den Markt unter Druck. Für die Menschen, die das Medikament für ihre Diabetes-Erkrankung dringend brauchen, wird die Versorgung schwieriger.“
„Was dramatisch klingt, ist leider Realität: Wer gefälschte Arzneimittel konsumiert, begibt sich mitunter in Lebensgefahr“, warnt auch Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Nach wie vor sei die legale Lieferkette, vom Hersteller über den Großhandel und die Apotheke, der sicherste Weg, um Arzneimittel zu den Patient:innen zu bringen. Auch der jüngste Fall eines gefälschten Diabetesmittels sei – „zum jetzigen Erkenntnisstand“ – außerhalb dieses Vertriebsweges zu verorten. „Rezeptpflichtige Arzneimittel dürfen ausnahmslos in öffentlichen oder bei ärztlichen Apotheken gekauft werden. Wer diesen Weg scheut und eigentlich rezeptpflichtige Arzneimittel im Internet bestellt, geht dabei ein unkalkulierbares und hohes Risiko ein“, sagt Herzog.
Dass die legale Lieferkette sicher gegen das Eindringen gefälschter Medikamente ist, dafür sorge eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen. Diese wurden im Zuge der Umsetzung der EU-Fälschungsrichtlinie im Jahr 2019 eingeführt. Seither lasse sich jede Medikamentenpackung durch einen einzigartigen Code eindeutig identifizieren. So soll sichergestellt werden, dass keine gefälschten Arzneimittel in die legale Lieferkette eingeschleust werden können. Dank dieses strengen und engmaschigen Überwachungssystems sei auch das erwähnte gefälschte Diabetesmittel entdeckt worden, erklärt die Pharmig. (rüm)