Spondyloarthritiden (SpA) sind eine heterogene Gruppe entzündlich rheumatischer Erkrankungen, bei denen eine chronische Inflammation im Bereich der Wirbelsäule im Vordergrund steht.
Bei der Mehrzahl der Patient:innen sind Schmerzen und eine Bewegungseinschränkung des Achsenskeletts dominant (axiale SpA), es gibt aber auch eine prädominant periphere Form. Sind in den Sakroiliakalgelenken strukturelle Läsionen vorhanden, die auch im Röntgen sichtbar sind, spricht man von einer ankylosierenden Spondylitis (AS). Die Bezeichnung Morbus Bechterew für die AS ist im deutschen Sprachraum gebräuchlicher. Patient:innen können zusätzlich unter einer Psoriasis vulgaris, einer anterioren Uveitis und/oder einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung leiden.
Die Prävalenz der gesamten Gruppe der SpA wird auf 0,4–2 % geschätzt, bei der AS geht man weltweit von einer Häufigkeit von 0,1–1,4 % aus. Das Geschlechterverhältnis Männer : Frauen ist in etwa 2 : 1 verteilt. Die ersten Symptome einer SpA treten durchschnittlich im 2. bis 3. Lebensjahrzehnt auf. Es gibt eine genetische Komponente, Patient:innen mit familiärer Disposition erkranken früher als jene mit sporadischer Manifestation. Weil die Symptome anfangs unspezifisch sind, vergehen bis zur Stellung der Diagnose oft mehrere Jahre. Bei der AS wird ca. ein Drittel der Patient:innen einen schweren Verlauf erleben. Aufgrund des chronischen Verlaufs und der Erkrankung in jungen Lebensjahren führt die axiale SpA zu einer enormen Einschränkung der Lebensqualität. Wegen der langen Diagnoseverzögerung können strukturelle Läsionen am Achsenskelett oft nicht verhindert werden. Die vorliegende Leitlinie, die federführend von der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie verfasst wurde, soll bei einer frühzeitigen Diagnosestellung helfen und die Einleitung einer optimalen Therapie ermöglichen.
Chronische, d. h. länger als 12 Wochen bestehende Rückenschmerzen sind das wichtigste Symptom bei der axialen SpA. Die gesamte Wirbelsäule kann betroffen sein, vorzugsweise sind aber sakroiliakale vor lumbalen und untere thorakale vor zervikalen und oberen thorakalen Strukturen betroffen. Weiters liefern noch die typischen Schmerzcharakteristika wichtige Hinweise: Morgensteifigkeit, Aufwachen in der 2. Nachthälfte, Besserung durch Bewegung, keine Verbesserung durch Ruhe, schleichender Beginn, Alter bei Beginn unter 45 Jahre. Hier ist aber zu beachten, dass nur etwa 3 von 4 Patient:innen diese typischen Symptome aufweisen.
Idealerweise sollte eine Therapie neben einer Patientenschulung sowohl pharmakologische als auch nichtpharmakologische Maßnahmen (körperliche Aktivität, Bewegungstherapie, Ergotherapie etc.) beinhalten. Im Laufe der Erkrankung können auch invasive Maßnahmen wie Injektionen oder Operationen sowie rehabilitative Maßnahmen nötig werden. Die Behandlung von Patient:innen mit axialer SpA sollte fortwährend an den aktuellen Gesundheitszustand angepasst werden.
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) inklusive Coxibe sind das Mittel der ersten Wahl bei der Therapie von symptomatischen Patient:innen mit axialer SpA. Speziell bei der AS konnten mehrere Studien die Wirksamkeit von NSAR bei kurzer und langer Behandlungsdauer beweisen und Schmerzen und Steifigkeit an der Wirbelsäule lindern. Dosierung und Therapiedauer richten sich nach der Intensität der Beschwerden, die Effektivität sollte nach 2–4 Wochen beurteilt werden. Tritt keine ausreichende Besserung der Symptome ein, sollte noch ein weiteres NSAR für weitere 2–4 Wochen versucht werden. Eine kontinuierliche Therapie ist indiziert, solange damit eine gute Symptomkontrolle erreicht werden kann.
Bei anhaltend hoher inflammatorischer Krankheitsaktivität und unzureichendem Ansprechen oder Unverträglichkeit einer NSAR-Therapie sollte eine Therapie mit Biologika (bDMARDs – „biologic disease-modifying antirheumatic drugs“) begonnen werden. In der Pathogenese der axialen Spondyloarthritis sind die Zytokine Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α) und Interleukin-17 (IL-17) maßgeblich beteiligt. TNF-Blocker sind für die axiale SpA zugelassen, IL-17-Inhibitoren derzeit nur für die AS. Mittlerweile steht auch ein JAK-Inhibitor zur Behandlung von Morbus Bechterew zur Verfügung.Eine Empfehlung, mit welcher Substanzklasse begonnen werden soll, wird nicht abgegeben, allerdings bestehen für TNF-Inhibitoren längere Erfahrungen in der klinischen Praxis. Bei Patient:innen mit extramuskuloskelettalen Manifestationen sollte die unterschiedliche Effektivität diverser Biologika für diese Manifestationen berücksichtigt werden. Die Effektivität der Biologika-Therapie sollte nach 12 Wochen überprüft werden. Bei fehlender Wirksamkeit kann ein Wechsel auf ein anderes Biologikum versucht werden. Bei verbleibenden muskuloskelettalen Symptomen kann auch eine Kombinationstherapie mit NSAR erfolgen. Für Patient:innen in anhaltender Remission (> 6 Monate) können eine Intervallverlängerung und Dosisreduktion bzw. später auch das Absetzen des Biologikums erwogen werden.