Wirkmechanismus von SGLT2-Hemmern

War der Einsatz zunächst als reines Antidiabetikum bei Typ-2-Diabetes vorgesehen, zeigten mehrere große Landmarkstudien in der CKD- bzw. HI-Population einen substanzklassenspezifischen nephro- bzw. kardioprotektiven Effekt – jeweils als Add-on zu etablierter RAAS-Blockade und unabhängig vom Vorliegen einer diabetischen Stoffwechsellage.
Während sich somit nicht mehr die Frage nach dem Ob der Wirksamkeit stellt, ist die Frage des Wie nach wie vor hochaktuell, wie sich an der rasanten Zunahme der diesbezüglichen PubMed-Einträge erkennen lässt. Der klinischen Wirksamkeit von SGLT2i liegen multifaktorielle Effekte zugrunde, die im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen.

Verbesserung der glykämischen Kontrolle

Durch Hemmung des Natrium-Glukose-Cotransporter 2 (SGLT2) im proximalen Tubulus kommt es zur Absenkung der renalen Glukoseschwelle auf ca. 80 mg/dl und damit zu einer anhaltenden Glukosurie, die mit einem täglichen Kalorienverlust von ca. 200 kcal einhergeht. Bei Diabetiker:innen konnte so eine durchschnittliche HbA1c-Senkung von 0,6–1 % erreicht werden, wobei der glukosurische Effekt direkt abhängig von der Höhe des Serumglukosespiegels und der glomerulären Filtrationsrate ist. Eine Verringerung mikrovaskulärer Komplikationen durch Reduktion der systemischen Glukotoxizität erklärt die kardiorenale Wirksamkeit von SGLT2i aber wohl nur unzureichend, da diese auch bei nichtdiabetischer Stoffwechsellage gegeben ist. SGLT2i reduzieren durch direkte Hemmung der zellulären Glukoseaufnahme jedoch die tubuläre Glykolyse, die mit profibrotischen Effekten assoziiert ist.

Renale Hämodynamik

Bei hyperglykämer Stoffwechsellage kommt es durch Expressions- und Aktivitätssteigerung des SGLT-2-Transporters zu einer deutlich gesteigerten Natrium-(Na-) und Glukose-Resorption im proximalen Tubulus mit entsprechend erhöhtem tubulärem Energiebedarf, intravasaler Volumsexpansion und geringerer Na-Menge im distalen Tubulusabschnitt. Letzteres führt über den sog. tubuloglomerulären Feedback-Mechanismus zur Hemmung der Adenosinausschüttung in der Macula densa und einer Verringerung des Gefäßtonus im glomerulären Vas afferens. Die daraus resultierende intraglomeruläre Drucksteigerung ist ein wesentlicher Pathomechanismus der CKD-Progression. Im Gegensatz dazu senken SGLT2i den intraglomerulären Druck durch Hemmung der proximalen Na-Resorption und die daraus resultierende adenosinvermittelte Steigerung des afferenten Gefäßtonus. Bei Typ-2-Diabetiker:innen mit ausgeprägter Gefäßsklerose und entsprechend eingeschränkter afferenter Gefäßtonusregulation bewirkt Adenosin jedoch primär eine Vasodilatation im glomerulären Vas efferens, wodurch der intraglomeruläre Druck ebenfalls sinkt. Beides trägt maßgeblich zur unmittelbar nach Therapiebeginn auftretenden, aber prinzipiell reversiblen eGFR-Reduktion von ca. 3–6 ml/min bei. Langfristig korreliert das Ausmaß der initialen intraglomerulären Drucksenkung aber positiv mit dem Erhalt der Nierenfunktion.

Tubulärer Workload

Die SGLT2-vermittelte Glukoseresorption im proximalen Tubulus stellt einen energieintensiven Prozess dar, der ausreichende Sauerstoff- bzw. ATP-Bereitstellung erfordert. Während hyperglykäme Stoffwechsellagen das Risiko für eine kortikale Hypoxie dementsprechend erhöhen, können SGLT2i durch Reduktion des proximal tubulären Workload (–50 % ATP-Bedarf) dieses deutlich reduzieren.

Fettstoffwechsel

Der SGLT2i-assoziierte Gewichtsverlust von 2–3 kg resultiert aus kalorischen Verlusten (Glukosurie) sowie vermehrter endogener Energiebereitstellung aus dem Fettgewebe durch sog. „Non-Shivering“-Thermogenese sowie gesteigerte Ketogenese. Darüber hinaus reduzieren SGLT2i die Expression von Leptin und inflammatorischen Adipokinen im perirenalen Fettgewebe, wodurch die renale sympathische Aktivität und das Risiko für Mikroalbuminurie, CKD-Progression und Hypertension reduziert werden.

Blutdruckreduktion

SGLT2i können den systemischen Blutdruck dauerhaft um ca. 4/2 mmHg senken, wobei dies bislang auf die osmotische Diurese im Rahmen von Glukosurie und Natriurese sowie eine entsprechende Reduktion des Plasmavolumens (um ca. 7 %) zurückgeführt wurde. Neue Erkenntnisse bei CKD-Patient:innen zeigen allerdings, dass unter SGLT2i-Therapie weder die Na-Ausscheidung noch die Harnmenge – trotz anhaltender Glukosurie – dauerhaft erhöht sind. Der anhaltende Blutdruckeffekt kommt durch eine Reduktion der arteriellen Gefäßsteifigkeit, des Körpergewichts sowie des Sympathikotonus zustande. Vor allem Letzteres könnte positive kardiovaskuläre Effekte sowie den fehlenden Herzfrequenzanstieg trotz Blutdrucksenkung unter SGLT2i-Therapie erklären.

Ästivation

Der Begriff Ästivation („Sommerschlaf“) beschreibt evolutionär konservierte Stoffwechseladaptationen, die das Überleben bei Energie- und Wassermangel ermöglichen. Es kommt hierbei zu einem endogenen Energietransfer vom Muskel hin zur Leber, wobei Aminosäuren aus muskulären Glykogen- bzw. Proteinquellen freigesetzt und in der Leber zur Ketonkörperproduktion bzw. Glukoneogenese herangezogen werden. Diese Versorgungskette geht mit dem Transfer von Stickstoffgruppen („Trans-aminierung“) und Harnstoffproduktion (organisches Osmolyt) einher, wodurch über eine gesteigerte Harnstoffkonzentration im Nierenmark parallel zum endogenen Energietransfer die freie Wasserclearance und damit der renale Flüssigkeitsverlust reduziert werden können. Interessanterweise sind diese Stoffwechseladaptationen auch unter SGLT2i-Therapie zu beobachten.

Anti-Inflammaging, Mikrobiom & Co

Auf Zell- sowie Gewebeebene wurden SGLT2i-vermittelte antiinflammatorische bzw. antifibrotische Effekte glykämieunabhängig beschrieben und mit prognostischen Vorteilen vor allem bei altersbedingten Erkrankungen assoziiert. Effekte auf das Darmmikrobiom könnten ebenso wie die gesteigerte tubuläre Magnesiumresorption bzw. erhöhte Harnsäureausscheidung zur kardiorenalen Protektion beitragen.