EU-Wahl im Zeichen der Gesundheit

Wie lässt sich der anhaltende Medikamentenengpass beheben, und was bringt die geplante Arzneimittelstrategie der EU?

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Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): „Es muss eine Priorität sein, die Produktion von Medikamenten, vor allem von essenziellen Medikamenten, in Europa zu fördern und den bestehenden Unternehmen gute Bedingungen zum Erhalt ihrer Produktion in Europa sichern zu können. Wir wollen sicherstellen, dass Europa als Markt für Arzneimittel attraktiv bleibt, und den Zugang zu Arzneimitteln in der gesamten Union unterstützen. Als Europäische Volkspartei haben wir diesen Gesetzesvorschlag maßgeblich mitgestaltet und verbessert. Durch eines der neuen Gesetze wird sichergestellt, dass ein Unternehmen, das ein neues Antibiotikum entwickelt, mit einer Marktexklusivität von 6, 9 oder 12 Monaten belohnt wird – je nach der Bedrohung, die von den Bakterien ausgeht. Das wird die Forschung in der EU anregen.

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Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Die Europäische Union muss ihre strategische Unabhängigkeit stärken, damit es zu keinen Engpässen bei Grundmedikamenten und lebensrettenden Medizinprodukten kommt; dazu gehören sichere Lieferketten wie auch die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Forschung für eine nachhaltige pharmazeutische Industrie in Europa. Es braucht EU-weite Investitionen in medizinische Forschung sowie Vorratsbildung von notwendiger medizinischer Ausrüstung und Medikamenten. Wir unterstützen Initiativen für eine gemeinsame europäische öffentliche Forschung zu Impfstoffen, lebensrettenden Medikamenten und Antibiotikaresistenzen.

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Harald Vilimsky (FPÖ): Einige der in der Mitteilung der Europäischen Kommission „Reform des Arzneimittelrechts und Maßnahmen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen“ festgehaltenen Ziele sind per se nicht schlecht, doch in ihrer Gesamtheit verfehlt die Kommission die von ihr selbst gesteckten Zielsetzungen. Die Maßnahmen erweisen sich als ungeeignet, können gar kontraproduktiv wirken, etwa die Planbarkeit betreffend. Ein gravierender Denkfehler unterlief der Kommission bei der geforderten Zulassungsverpflichtung in allen EU-Mitgliedstaaten. Eine verpflichtende EU-weite Zulassung sollte nur mit einem verpflichtenden „Preisband“ eingeführt werden. Aktuell existierende Einschränkungen des Binnenhandels sollten reduziert und eine Belieferungspflicht der Hersteller an den vollsortierten pharmazeutischen Großhandel sollte eingeführt werden.

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Lena Schilling (Grüne): Die EU sollte aus unserer Sicht unter anderem eine Sozialunion und damit in weiterer Folge auch eine Gesundheitsunion sein. Einerseits wollen wir eine stärkere Koordinierungsrolle für die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA). Andererseits braucht es eine frühzeitige Meldung von Engpässen und Arzneimittelrücknahmen sowie Engpasspräventionspläne. Schließlich ist das Zurückholen der Arzneimittelproduktion in die EU ein wichtiger Schritt, um die Versorgungssicherheit auch zukünftig gewährleisten zu können.

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Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Hier braucht es Leadership auf nationalstaatlicher und EU-Ebene. In Folge der Pandemie gibt es nun die Möglichkeit, dass mehrere Länder Medikamente gemeinsam einkaufen – bei bestimmten hochpreisigen Präparaten ist dies sicherlich von Vorteil. Bei Produktionsbedingungen oder bei der Preisgestaltung braucht es aber natürlich auch nationale Maßnahmen. Wir begrüßen die aktuellen Planungsentwürfe zur Arzneimittelstrategie in weiten Teilen, uns ist aber wichtig, dass mögliche Mehrgleisigkeiten und überbordende Bürokratie verhindert werden und beispielsweise bei der Suche nach Produktionsstandorten oder der Verteilung von Forschungsmitteln keine überflüssige Konkurrenz zwischen EU-Ländern entsteht.