Jährlich erkranken circa 40.000 Menschen in Österreich an Krebs. Statistik Austria stellt im österreichischen Krebsreport 2022 fest, dass es zu einer stetigen Zunahme der Prävalenz von Krebserkrankungen in Österreich kommt. Der Vergleich des Anstiegs der Prävalenz der letzten 10 Jahre zeigt eine Zunahme von insgesamt 29,5 %.1 Das hat zur Folge, dass die vorhandenen Ressourcen zukünftig effizienter eingesetzt werden müssen, um dem zunehmenden Versorgungsbedarf gerecht zu werden.
Der Einsatz einer Advanced Practice Nurse (APN) im Bereichen Hämatologie und Onkologie kann durch die zunehmende Komplexität dieses Fachbereiches und die steigende Krebsinzidenz begründet werden. Am LKH-Universitätsklinikum Graz gibt es seit 2020 eine APN Hämatologie und Onkologie. Die Rolle einer APN wird üblicherweise mit dem Modell von Hamric et al. definiert, als eine der Kernkompetenzen werden die Beratung und die Konsultation beschrieben. Hamric et al. meinen damit einerseits die direkte Patient:innen- und Angehörigenberatung und andererseits auch die Beratung des Managements einer Organisation oder Personen aus anderenGesundheitsberufen.2
In der Rollendefinierung der APN Hämatologie und Onkologie lag der Schwerpunkt auf der direkten Patient:innen- und Angehörigenberatung. Menschen mit einer onkologischen Grunderkrankung stehen im Fokus dieser Betreuung. Die Grundlage für das Beratungskonzept wurde von Marlene Fitzek im Zuge ihrer Masterthesis an der IMC Krems erarbeitet. Anschließend erfolgte ein Pilotprojekt über 6 Monate, in dem Patient:innen mit einer speziellen Tumorentität und/oder deren Angehörige einmal wöchentlich die Möglichkeit zu einer onkologischen Pflegeberatung hatten.
Seit Oktober 2023 fördert und unterstützt das Universitäre Comprehensive Cancer Center Graz die onkologische Pflegeberatung und stellt den Rahmen zur Verfügung, um diese spezielle Pflegeberatung für Patient:innen aller Tumorentitäten wochentags anbieten zu können. Zwei Pflegepersonen (nachstehend Cancer Nurse genannt) führen am LKH-Universitätsklinikum Graz die onkologische Pflegeberatung durch. In der onkologischen Ambulanz wurde eine Pflegekoje geschaffen, in der die Cancer Nurses täglich arbeiten und Patient:innen visitieren können.
Die Cancer Nurse nimmt aktiv Kontakt mit Patient:innen auf, die in der onkologischen Abteilung ambulant vorstellig werden und eine antineoplastische Therapie erhalten. In einem ruhigen Rahmen werdenmit dem/der Betroffenen die Erkrankung, Therapie und das Nebenwirkungsmanagement, aber auch (nicht-medizinische) Aspekte aus seinem/ihrem Leben besprochen. Die Betroffenen erhalten nach dem Gespräch ein zusammenfassendes Informationsblatt, auf dem die verordneten Medikamente, die sie begleitend einnehmen müssen, aufgelistet sind und die Maßnahmen sowie Bedarfsmedikamente, die sie bei Auftritt von Nebenwirkungen einnehmen sollen, beschrieben werden. Wenn die Betroffenen zur nächsten Therapie kommen, nimmt die Cancer Nurse erneut aktiv Kontakt auf, um zu evaluieren, wie es ihnen ergangen ist. Anschließend können die Betroffenen weiterhin regelmäßig Termine mit einer Cancer Nurse vereinbaren oder im Bedarfsfall Kontakt aufnehmen. Die Cancer Nurse arbeitet in der Betreuung der Patient:innen auch als Navigator:in und vermittelt, wenn notwendig, die Betroffenen an Expert:innen des multiprofessionellen Teams oder an Organisationen.
Oftmals wird eine Cancer Nurse zu einem Patientenfall von einem/einer Onkolog:in oder einer Pflegeperson hinzugezogen, wenn Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Hautreaktionen, stark ausgeprägt und Pflegemaßnahmen notwendig sind oder es psychosoziale Probleme gibt.
Betroffene haben zusätzlich die Möglichkeit, sich wochentags persönlich, telefonisch oder per E-Mail bei der Cancer Nurse zu melden, wenn Fragen auftreten oder sie Unterstützung bei Einschätzung der Nebenwirkungen benötigen. Essenziell ist, dass der Zugang zur onkologischen Pflegeberatung niederschwellig gestaltet ist und die Kommunikation mit den Betroffenen auf Augenhöhestattfindet. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Patient:innen, die einmal Kontakt mit einer Cancer Nurse hatten, diesen Kontakt immer wieder suchen. Die Dokumentation findet in einem multiprofessionellen Setting statt, sodass alle Professionen auf dem aktuellen Stand sind.
Da das Univ. CCC Graz dieses Projekt für drei Jahre unterstützt, aber ebenso anstrebt, die Pflegeberatung zu etablieren und auszubauen, ist die Evaluierung der gesetzten Maßnahmen durch die Cancer Nurses essenziell.
Da die Befragung der Patient:innen und des multiprofessionellen Teams noch aktiv ist, können in diesem Artikelbisher nur die Daten der Leistungserfassung exemplarisch dargestellt werden. Diese zeigen einen kontinuierlichen Zuwachs der Inanspruchnahme der onkologischen Pflegeberatung. Die Cancer Nurse hat derzeit wöchentlich mit circa 30–40 Patient:innen Kontakt, wobei davon durchschnittlich 17 Patient:innen ein Erstgespräch zur Therapieeinleitung erhalten.
Das noch junge Projekt der onkologischen Pflegeberatung verdeutlicht bereits jetzt die Bedeutung einer unterstützenden pflegerischen Fachbetreuung für onkologische Patient:innen. Für diese ist es essenziell, eine verlässliche Ansprechperson zu haben, die einfach erreichbar ist und sie kontinuierlich begleitet.3 Es ist von großer Wichtigkeit, den Betroffenen zu vermitteln, dass ein regelmäßiger Austausch mit ihrem Betreuungsteam stattfindet und alle Beteiligten stets auf dem aktuellen Stand sind.