In der Ärztekammer häufen sich – diesmal auf Landesebene – neue Versuche, politisch Stimmung für Hausapotheken für Ärzt:innen zu machen.
Die Ärztekammern in der Steiermark und in Oberösterreich machen derzeit wieder Stimmung für Hausapotheken. Mit ihnen könnten die derzeit 44 offenen Kassenplanstellen für Allgemeinmedizin in der Steiermark sicherlich einfacher besetzt werden, argumentierte die Kammer vergangenen Mittwoch in einer Pressekonferenz. Untersuchungen des Beraternetzwerkes Kreutzer Fischer & Partner hätten ergeben, dass 400 neue Kassenstellen durch Ausbau der ärztlichen Hausapotheken besetzt werden könnten. Die jetzt wieder ausgepackte Studie ist allerdings nicht neu. Wohl deshalb setzt die Kammer auf eine weitere Studie: Ärztliche Hausapotheken hätten auch auf die Umwelt eine positive Auswirkung: Bei einem flächendeckenden Ausbau würde man laut einer Studie der Johannes Kepler Universität Linz fast 15.000 Tonnen CO2 einsparen, wenn Patientinnen und Patienten nicht in eine öffentliche Apotheke fahren müssen, um dort ihre Medikamente zu kaufen. Das wären Fahrten von über 71 Millionen PKW-Kilometer.
Einzig der Widerstand und das Lobbying der Apothekerkammer würden „diesen großen Schritt in Richtung besserer und moderner Patientenversorgung“ verhindern. „Bei all den Veränderungen im Gesundheitssystem ist das Monopol der Apotheken zur Medikamentenabgabe immer noch nicht angetastet worden. Dabei sei dieses Konzept nicht nur verstaubt, sondern auch überholt, sagte der steirische Kammervize Dietmar Bayer.
Unverständlich sei es auch, wieso man sich in einem PVE zwar von mehreren Allgemeinmedizinerinnen und -medizinern, Kinderärztinnen und -ärzten behandeln lassen kann, von Sozialarbeiterinnen und -arbeitern beraten und von Fachleuten zur richtigen Ernährung informieren oder sich massieren lassen kann – aber Ärztinnen und Ärzte keine Medikamente mitgeben dürften. Der für Kranke umständliche, zeitaufwändige Weg zur nächsten Apotheke bleibt bestehen. Ein Kniefall vor dem Lobbying der Apotheker auf Kosten kranker Menschen, formuliert die Kammer und ÖÄK-Referent für Hausapotheken Severin Hutgrabner ergänzt: „Jede PVE muss über eine ärztliche Hausapotheke verfügen.“
Die konkrete Forderung: der Wegfall der Sechs-Kilometer-Grenze im Apothekengesetz § 29 Abs 1 Z 3 sowie Streichung des Abs 3. Dadurch würden Kassenarztstellen im ländlichen Raum schlagartig attraktiver und könnten besetzt werden.
Fast wortgleich argumentiert die OÖ-Ärztekammer. „Kassenstellen mit Hausapotheke sind wesentlich leichter zu besetzen als solche ohne. Hausapotheken tragen somit ganz wesentlich zur allgemeinmedizinischen Basisversorgung der Bevölkerung im Allgemeinen bei,” sagt Wolfgang Ziegler, Kurienobmann-Stv. der niedergelassenen Ärzt:innen in der Ärztekammer für Oberösterreich. Die aktuelle Situation lasse sich überspitzt so beschreiben: „Medikamente in der nächsten Gemeinde oder gar im nächsten Bezirk zu holen ist in etwa so, als wenn man im örtlichen Wirtshaus das Essen bekommt, für das Getränk aber in den nächsten Ort zum Supermarkt fahren muss.“ Gefordert wird auch hier: die Streichung der Kilometer-Grenze für ärztliche Hausapotheken zu öffentlichen Apotheken und die Installation einer ärztlichen Hausapotheke in PVE. Auch die Oberösterreichischen Ärzt:innen argumentierten mit den Studien der Johannes Kepler Universität Linz (Ökologische Verbesserung) und jener von Kreutzer, Fischer & Partner. Ob sich andere Bundesländer den Forderungen anschließen ist noch offen. (rüm)