Beratungsleitfaden: Akne

Die Pathophysiologie der Akne ist komplex und beinhaltet eine erhöhte Talgproduktion, eine Verstopfung der Haarfollikel, eine bakterielle Besiedlung durch Cutibacterium acnes (früher bekannt als Propionibacterium acnes) und entzündliche Prozesse. Akne kann in verschiedene Typen unterteilt werden, basierend auf der Schwere und dem Erscheinungsbild der Hautläsionen:

  • Akne vulgaris: die häufigste Form der Akne, charakterisiert durch das gleichzeitige Auftreten von Komedonen, Papeln, Pusteln und gelegentlich Knoten. Diese Form tritt typischerweise in der Pubertät auf und kann bis ins Erwachsenenalter persistieren.
  • Akne comedonica: Diese Form ist durch das Vorhandensein von offenen (schwarzen) und geschlossenen (weißen) ­Mitessern gekennzeichnet und betrifft meist die T-Zone des Gesichts.
  • Akne papulopustulosa: Umfasst entzündliche Läsionen wie Papeln und Pusteln, die eine entzündliche Reaktion der Haut darstellen.
  • Akne conglobata: eine schwere Form der Akne, die durch große, schmerzhafte Knoten und Zysten gekennzeichnet ist und häufig zu Narbenbildung führt.
  • Akne fulminans: eine seltene und extrem schwere Form, die plötzlich auftritt und systemische Symptome wie Fieber und Gelenkschmerzen verursacht.
  • Akne cosmetica: Diese Form wird durch die Verwendung komedogener Kosmetika verursacht, welche die Poren ­verstopfen und Entzündungen fördern.

Auf den ersten Blick / Wirksames für die Selbstmedikation

Diese Wirkstoffe sorgen für eine klare Haut:

  • Benzoylperoxid
  • Salicylsäure
  • Alpha-Hydroxysäuren (AHAs)
  • Teebaumöl
  • Retinoide (topisch)

Weiters:

  • Feuchtigkeitscremen
  • Sonnenschutz
  • Toner
  • Gesichtsmasken
  • Nahrungsergänzungsmittel: Zink, Omega-3-Fettsäuren, Probiotika, Antioxidantien wie Vitamin C und E

Empfehlungen für das Gespräch an der Tara

Ein entscheidender Teil der Beratung in der Apotheke besteht darin, die richtigen Fragen zu stellen, um die individuellen Bedürfnisse und den Zustand der Haut der Kund:innen besser zu verstehen. Dies ermöglicht es den Apotheker:innen, gezielte und effektive Empfehlungen zu geben. Hier sind einige wichtige Fragen, die Apotheker:innen an Kund:innen mit Akne richten sollten:

  • Seit wann leiden Sie unter Akne?
  • Haben Sie bestimmte Faktoren bemerkt, die Ihre Akne verschlimmern? ➔ Ernährung, Stress, Menstruationszyklus oder bestimmte Hautpflegeprodukte können die Akne beeinflussen.
  • Gibt es Familienmitglieder, die ebenfalls unter Akne leiden oder litten? ➔ genetische Prädisposition
  • Welche Hautpflegeprodukte verwenden Sie derzeit? ➔ Welche Produkte können möglicherweise die Akne verschlimmern, bzw. liegt eine Überbehandlung vor?
  • Wie oft reinigen Sie Ihr Gesicht, und welche Produkte verwenden Sie dafür? ➔ Hautirritation durch übermäßige Reinigung bzw. verstopfte Poren durch unzureichende Reinigung
  • Verwenden Sie regelmäßig Feuchtigkeitscremes? ➔ Regulation der Talgproduktion
  • Haben Sie bereits Aknebehandlungen ausprobiert? Wenn ja, welche und mit welchem Erfolg? ➔ Was war nicht wirksam, und warum?
  • Nehmen Sie derzeit Medikamente ein, die Ihre Haut beeinflussen könnten? ➔ Steroide oder bestimmte Antidepressiva (SSRI) können Akne auslösen oder verschlimmern (verstärkte Talgproduktion).
  • Haben Sie jemals Retinoide, Benzoylperoxid oder Salicylsäure verwendet? ➔ Verträglichkeit und Wirksamkeit dieser gängigen Aknetherapien bewerten.
  • Wie sieht Ihre Ernährung aus? Essen Sie viele Milch­produkte oder zuckerreiche Lebensmittel? ➔ Ernährung hat Einfluss auf Entstehung oder Verschlimmerung von Akne.
  • Wie viel Stress empfinden Sie im Alltag, und wie gehen Sie damit um? ➔ Stressmanagement
  • Wie viel Schlaf bekommen Sie durchschnittlich pro Nacht? ➔ Schlaf hilft bei der Regeneration der Haut und der hormonellen Balance.
  • Haben Sie empfindliche Haut, oder reagieren Sie auf bestimmte Inhaltsstoffe? ➔ Produkte eingrenzen, die Reizungen verursachen könnten.
  • Leiden Sie auch unter anderen Hautproblemen wie ­Rosacea oder Ekzemen? ➔ Bestimmte ­Aknebehandlungen sind für empfindliche Haut nicht geeignet.
  • Hatten Sie in der Vergangenheit allergische Reaktionen auf Hautpflegeprodukte oder Medikamente? ➔ Produkte vermeiden, die allergische Reaktionen auslösen könnten.

SELBSTmedikation

In der Apotheke stehen zahlreiche (nicht)verschreibungspflichtige Produkte zur Verfügung, die auf die Regulierung der Talgproduktion, die Verhinderung der Verstopfung der Follikel, die Kontrolle bakterieller Infektionen und die Reduktion von Entzündungen abzielen. Zu den häufig verwendeten Wirkstoffen und Produkten gehören:

  • Benzoylperoxid: ein starkes Antiseptikum, das tief in die Haut eindringt und die Bakterienzahl reduziert. Es ist in Konzentrationen bis 10 % erhältlich.
  • Salicylsäure: fördert die Exfoliation und verhindert die Verstopfung der Follikel, ist daher besonders effektiv bei der Behandlung von Mitessern.
  • Alpha-Hydroxysäuren (AHAs): wasserlösliche Säuren, die abgestorbene Hautzellen entfernen und die Hauttextur verbessern können. Glykol- und Milchsäure sind häufige Vertreter.
  • Teebaumöl: besitzt natürliche antimikrobielle und entzündungshemmende Eigenschaften und kann bei leichter bis mittelschwerer Akne wirksam sein.
  • Retinoide (topisch): Vitamin-A-Derivate, welche die Zellregeneration unterstützen und die Verstopfung der Haarfollikel verhindern. OTC-Produkte (Kosmetika) enthalten meist Retinol.

Zusatztherapien

Neben den genannten Hauptwirkstoffen gibt es weitere ergänzende Hautpflegeprodukte, die bei der Behandlung von Akne unterstützend wirken können.

Feuchtigkeitscremen sind essenziell, um die Hautbalance zu erhalten, besonders bei der Anwendung von austrocknenden Aknebehandlungen wie bei Benzoylperoxid und Retinoiden.

Sonnenschutz ist ein wichtiger Bestandteil jeder Hautpflegeroutine, besonders bei der Anwendung von Produkten, welche die Haut lichtempfindlicher machen, wie Retinoide und AHAs.

Toner können helfen, die Haut nach der Reinigung zu beruhigen und auf die Anwendung von Behandlungsprodukten vorzubereiten.

Gesichtsmasken: Regelmäßige Maskenanwendungen können die Haut tief reinigen und mit wichtigen Nährstoffen versorgen.

Nahrungsergänzungsmittel: Die Behandlung von Akne kann durch die gezielte Einnahme bestimmter Nahrungsergänzungsmittel unterstützt werden. Diese Ergänzungsmittel können entzündungshemmende Eigenschaften haben, die Hautbarriere stärken und das hormonelle Gleichgewicht beeinflussen.

  • Zink ➔ entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften, die helfen können, die Symptome der Akne zu lindern. Dosierung: 30–45 mg elementares Zink pro Tag (nicht auf nüchternen Magen)
  • Omega-3-Fettsäuren (Eicosapentaensäure [EPA] und Docosahexaensäure [DHA]) ➔ entzündungshemmende Eigenschaften. Dosierung: etwa 1.000–2.000 mg EPA und DHA pro Tag
  • Probiotika ➔ Reduktion entzündlicher Prozesse, Stärkung der Immunfunktion, Verringerung systemischer Entzündungen. Dosierung variiert stark je nach Produkt. CAVE: bei Immunsupprimierten Rücksprache mit den behandelnden Ärzt:innen halten.
  • Antioxidantien (Vitamin C und E) ➔ Reduktion von oxidativem Stress; unterstützen die Wundheilung und die Hautregeneration. Dosierung: Vitamin C ca. 75–90 mg/Tag, Vitamin E ca. 15 mg/Tag

Vorsichtmaßnahmen und Red Flags

Neben frei verkäuflichen Produkten gibt es eine Vielzahl verschreibungspflichtiger Medikamente, die zur Behandlung von Akne eingesetzt werden können. Apotheker sollten über diese Optionen informiert sein und Kunden entsprechend beraten können.

Topische Retinoide: können Hautreizungen und eine erhöhte UV-Empfindlichkeit verursachen ➔ schrittweise Einführung plus Verwendung von Sonnenschutz

Topische Antibiotika (z. B. Clindamycin und Erythromycin) ➔ wirken gegen Cutibacterium acnes und reduzieren Entzündungen. Sie werden häufig in Kombination mit Benzoylperoxid verwendet (Verhinderung von Resistenzbildungen). ➔ Hinweis an Kund:innen: langfristige Anwendung nicht ohne ärztliche Aufsicht

Orale Antibiotika (z. B. Doxycyclin und Minocyclin) ➔ wirken systemisch gegen bakterielle Infektionen und Entzündungen. ➔ Kunden über mögliche Nebenwirkungen wie gastrointestinale Beschwerden informieren. Zusätzlich auf erhöhte Lichtempfindlichkeit hinweisen.

Orale Retinoide (Isotretinoin) ➔ Reduziert die Talgproduktion drastisch und normalisiert die Verhornung der Haarfollikel. ➔ Muss unter strenger ärztlicher Überwachung und mit strikten Schwangerschaftsverhütungsmaßnahmen eingenommen werden; Überwachung der Leberfunktion und Blutwerte durch regelmäßige Blutuntersuchungen. ➔ Im Beratungsgespräch auf die stark austrocknende Wirkung auf Lippen und Augen hinweisen und geeignete Lippen- und Augenpflege empfehlen.

Hormonelle Therapie ➔ Bei Frauen kann die hormonelle Therapie eine wirksame Behandlungsmethode sein. Arzneimittel dieser Klasse wirken, indem sie den Einfluss von Androgenen auf die Talgdrüsen reduzieren. ➔ Im Beratungsgespräch über die möglichen Nebenwirkungen und Kontraindikationen sowie die Notwendigkeit regelmäßiger ärztlicher Kontrollen aufklären.


Epilog

Durch fundierte Empfehlungen und Aufklärung zu einer effektiven Behandlung und Verbesserung der Lebensqualität!

Akne wird durch eine Kombination mehrerer Faktoren verursacht, darunter genetische Prädisposition, hormonelle Schwankungen, bakterielle Besiedlung durch Cutibacterium acnes, übermäßige Talgproduktion und eine gestörte Verhornung der Hautfollikel.
Zusätzlich können Umweltfaktoren und Lebensstil, wie Ernährung und Stress, eine bedeutende Rolle spielen. Daher ist Akne eine häufige, aber komplexe Hauterkrankung, die eine sorgfältige und individuell angepasste Behandlung erfordert. Apotheker:innen spielen eine wichtige Rolle bei der Beratung von Betroffenen und können durch fundierte Empfehlungen und Aufklärung zu einer effektiven Behandlung und Verbesserung der Lebensqualität beitragen.

Bei der Beratung von Kund:innen mit Akne sollten Apotheker:innen folgende Punkte beachten:

  1. Anamnese und Hautanalyse: Eine gründliche Anamnese und Analyse der Haut sind entscheidend, um die passende Behandlung zu empfehlen. Fragen nach bestehenden Hautpflegeprodukten, Lebensstil, Ernährung und Stressfaktoren sind wichtig.
  2. Empfehlung einer Hautpflegeroutine: Eine tägliche Hautpflegeroutine, die aus Reinigung, Behandlung und Feuchtigkeitspflege besteht, sollte empfohlen werden. Produkte sollten auf den Hauttyp und die Schwere der Akne abgestimmt sein.
  3. Aufklärung über Nebenwirkungen: Kund:innen sollten über mögliche Nebenwirkungen und die richtige Anwendung der Produkte informiert werden. Besonders bei der Anwendung von Wirkstoffen wie Benzoylperoxid und Retinoiden ist Vorsicht geboten.
  4. Langfristige Perspektive: Eine Aknetherapie erfordert Geduld und Konsequenz. Apotheker:innen sollten Kund:innen ermutigen, die empfohlene Behandlung regelmäßig anzuwenden und realistische Erwartungen hinsichtlich der Zeit bis zur Besserung zu haben.
  5. Ergänzende Maßnahmen: Neben der topischen Behandlung können auch Änderungen im Lebensstil, wie eine gesunde Ernährung und Stressmanagement, eine Rolle spielen. Es kann auch sinnvoll sein, Kund:innen auf zusätzliche unterstützende Maßnahmen wie Nahrungsergänzungsmittel hinzuweisen.