Prävention und Therapie

Prävention

Studien legen nahe, dass mit der Beeinflussung von 12 Risikofaktoren bis zu 40 % aller Demenzerkrankungen vermeidbar sind. Im Folgenden ist eine Reihung der Faktoren nach Effektstärke zu finden:

Schwerhörigkeit. Eine Beeinträchtigung des Hörsinns führt zu einer reduzierten kognitiven Stimulation und kann im mittleren Lebensalter das Risiko für eine spätere Demenzerkrankung verdoppeln.

Depression. Untersuchungen belegen einen Zusammenhang zwischen depressiven Phasen und dem Risiko für die spätere Entwicklung einer Demenz. Die Frage, ob eine medikamentöse antidepressive Behandlung das Demenzrisiko senkt, ist wissenschaftlich noch nicht beantwortet.

Kopfverletzungen. Sowohl schwere als auch rezidivierende leichtere Kopfverletzungen (z.B. im Boxsport) können das Risiko für die Entwicklung einer Demenz erhöhen.

Bildung und geistige Betätigung. Im Jugendalter erworbene Bildung hat einen besonders starken Effekt in der Prävention. Studien belegen auch den demenzpräventiven Effekt lebenslanger geistiger Aktivitäten wie z. B. Lesen und Spielen („Use it or lose it.“).

Bluthochdruck. Menschen mittleren Lebensalters mit erhöhten Blutdruckwerten haben ein um 60 % erhöhtes Risiko für die spätere Entwicklung einer Demenz. Medikamentöse blutdrucksenkende Behandlung kann dieses Risiko senken. Die unterschiedlichen Wirkstoffklassen dürften hierbei keine Rolle spielen.

Adipositas. Ein Body-Mass-Index (BMI) ≥30ist mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden.

Rauchen. Sowohl für Rauchen als auch für Passivrauchen gibt es Hinweise, dass diese das Risiko für Demenz erhöhen. Die Beendigung des Rauchens selbst noch in höherem Lebensalter bewirkt eine Reduktion des Risikos.

Soziale Isolation. Menschen, die lebenslang als Singles leben oder verwitwet sind, haben im Vergleich zu verheirateten Menschen ein signifikant höheres Risiko für eine Demenz-Erkrankung.

Diabetes mellitus. Das Demenzrisiko hängt von der Dauer und dem Schweregrad der Zuckerkrankheit ab. Es ist wissenschaftlich noch nicht geklärt, ob eine blutzuckersenkende Therapie einen Einfluss auf das Demenzrisiko hat.

Körperliche Inaktivität. Sport und körperliches Aktiv-Sein senken nicht nur die Erkrankungsrisiken für Herzinfarkt, Schlaganfall und Tumorerkrankungen, sondern reduzieren auch das Risiko für die Entwicklung einer Demenz.

Alkoholkonsum. Ein wöchentlicher Alkoholkonsum von 14 Gläsern Bier zu 300 ml oder 14 Achtellitergläsern Wein erhöht das Demenzrisiko.

Luftverschmutzung. Es konnte in Studien eine signifikante Assoziation zwischen einem erhöhten Demenzrisiko und der Stickstoffdioxid-, Kohlenmonoxid- und Feinstaubexposition gezeigt werden.

Diese Übersicht zeigt, dass wir auf individueller, aber auch auf politisch-gesellschaftlicher Ebene Ansatzpunkte zur wirksamen Reduktion des Risikos für Demenzerkrankungen haben, die wir nutzen sollten.

Medikamentöse Therapie

Eine präventiv wirkende medikamentöse Therapie vor Auftreten einer Demenz oder bei einer leichten kognitiven Störung kann nicht empfohlen werden. Für die Behandlung der Demenz sind im Wesentlichen 3 Substanzklassen zugelassen:

Cholinesterasehemmer. Die dazugehörigen Wirkstoffe Donepezil, Galantamin und Rivastigmin können die Hirnleistung und Selbstständigkeit im Alter sowie Verhalten und Stimmung verbessern oder deren Verschlechterung verzögern. Einsatzgebiet ist die leicht- bis mittelgradige Alzheimer-Demenz (AD), die Parkinson-Demenz und die Lewy-Body-Demenz (Rivastigmin). Therapiebeginn sollte unmittelbar nach Diagnosestellung erfolgen. Mögliche Nebenwirkungen sind meist nach wenigen Tagen selbstlimitierend und betreffen meist gastrointestinale Symptome.

Memantine. Diese Substanzklasse wird nur bei der mittelschweren bis schweren AD angewandt. Mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerz, erhöhter Blutdruck und Schwindel.

Ginkgo biloba. Dieser Pflanzenextrakt kann sowohl kognitive als auch Verhaltenssymptome mildern.

Behandlung von Begleitsymptomen. Cholinesterasehemmer und Memantine können auch Begleitsymptome wie Unruhe und Aggressivität reduzieren. Ginkgo biloba kann sich zudem positiv auf Angst auswirken. Schwerwiegende Begleitsymptome werden nach Ausschöpfung psychosozialer und pflegerischer Interventionen mit Antipsychotika (Neuroleptika) behandelt. Diese sollten nur so kurz und so niedrig dosiert wie möglich eingesetzt werden. Bei der Parkinson-Demenz und der Lewy-Body-Demenz sind zudem nur die Substanzen Quetiapin und Clozapin anzuraten. Bei depressiven Symptomen werden häufig Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer eingesetzt, bei Schlafstörungen Melatonin, Zolpidem oder Antidepressiva mit schlafanstoßender Wirkung (Trazodon, Mirtazapin).

Bislang gibt es keine kausal wirkende Behandlungsoption. Mit den neuen systemisch verabreichten monoklonalen Antikörpern gegen Beta-Amyloid Lecanemab und Donanemabsind 2 Wirkstoffefür das Frühstadium der AD von der FDA zugelassen. Der erforderliche Nachweis der Amyloid-Pathologie (mittels Amyloid-PET oder im Liquor), die hohen Behandlungskosten und Nebenwirkungen wie Gehirnödeme und Gehirnblutungen schränken den Anwendungsgebrauch jedoch deutlich ein. Jedenfalls ist eine Verlangsamung der Verschlechterung der Symptome um 30% gegenüber Placebo nachgewiesen.