Interview

Charakterisierung österreichischer schwerer Asthmapatient:innen

Österreichische schwere Asthmapatient:innen weisen im internationalen Vergleich eine etwas bessere, aber nicht adäquate Asthmakontrolle auf, so Dr. Andreas Renner, Erstautor einer aktuellen Registerstudie. Raucheranamese und messbare Typ-2-Inflammation machten interessanterweise keinen Unterschied.

IM FOKUS: Was war das Ziel bzw. die Fragestellung der Studie?

Renner: Ziel der Studie war es, einen Überblick über die Charakteristika österreichischer schwerer Asthmapatient:innen zu erlangen. Wir wissen, dass Asthmapatient:innen nicht unbedingt in allen Ländern gleich sind, das liegt z. B. an unterschiedlichen Umweltbelastungen oder Raucherraten. Man kann daher nicht immer zwingend von internationalen Daten auf österreichische Patient:innen schließen. Umso wichtiger ist es, mehr Evidenz zu schaffen, um zu lernen, wie denn der klassische österreichische Patient mit schwerem Asthma aussieht.

Können Sie Art und Aufbau der Studie kurz erklären?

Es gibt ein sehr großes Register für schwere Asthmapatient:innen im deutschsprachigen Raum, das sogenannte German Asthma Network (GAN), an dem auch viele österreichische Zentren für schweres Asthma beteiligt sind. In der hier besprochenen Studie wurden die Baseline-Daten aller schweren Asthmapatient:innen ausgewertet, die an österreichischen, am GAN-Register teilnehmenden Zentren betreut werden.

Was waren die wichtigsten Ergebnisse der Registerstudie?

Wir konnten die Baseline-Daten für 214 österreichische schwere Asthmapatient:innen von 6 Zentren in Österreich, im Zeitraum zwischen 2013 und 2022 evaluieren.

Das wichtigste Ergebnis: Die österreichischen schweren Asthmapatient:innen sind im Vergleich zu Patient:innen anderer internationaler Register minimal besser, aber trotzdem nicht adäquat kontrolliert. Das ist nicht ganz unerwartet, handelt es sich bei den untersuchten Patient:innen doch meistens um solche, die aufgrund ihrer schweren, nicht kontrollierbaren Erkrankung an Spezialzentren überwiesen wurden, um dort die Therapie umzustellen und eine gute Asthmakontrolle zu erreichen. Interessant wird es zu sehen, wie sich die Asthmakontrolle nach der Anbindung an ein spezialisiertes Zentrum entwickelt, mit speziellem Augenmerk auf die Rolle der Typ-2-Inflammation. Hier arbeiten wir gerade an einer Follow-up-Studie.

In der aktuellen Registerstudie zeigte sich bei Patient:innen mit und ohne Typ-2-Inflammation kein Unterschied in Bezug auf die Asthmakontrolle. Das spricht unserer Meinung aber nicht für den oft propagierten T2-high- und T2-low-Typ bei schwerem Asthma; vielmehr gibt es einfach Asthmapatient:innen, bei den die Typ-2-Inflammation nachgewiesen werden kann, und solche bei denen das nicht der Fall ist. Das hat mehrere Gründe, so kann es z. B. unter bereits bestehender Therapie schwierig sein, ein klares Typ-2-Signal nachzuweisen, auch wenn die Asthmakontrolle nicht perfekt ist. Wichtig auch: Die Messung ist immer eine Momentaufnahme, daher empfehlen die aktuellen Leitlinien, die Messung ggfs. bis zu dreimal zu wiederholen.

Eine weitere wichtige Erkenntnis war, dass sich rauchende und nichtrauchende Patient:innen in ihren Baseline-Charakteristika nicht unterschieden. Nur weil jemand eine Raucheranamnese hat, heißt das also nicht, dass er oder sie nicht an Asthma leidet.

Welche Bedeutung haben die Studienergebnisse für die Praxis?

Wir sehen in Österreich – im internationalen Vergleich – eine etwas bessere Asthmakontrolle zu Baseline; dennoch gibt es auch bei uns noch viel Spielraum nach oben. Bei der Diagnose müssen wir noch genauer hinschauen und dürfen uns von einmalig gemessenen Markern der Typ-2-Inflammation oder dem Raucherstatus nicht zu Fehldiagnosen verleiten lassen. Asthma ist primär eine klinische Diagnose, und ein klinisch korrekt diagnostiziertes Asthma sollte auch adäquat als solches behandelt werden.