Ernährung als Therapie?

In den letzten Jahrzehnten hat steigendes Übergewicht in Verbindung mit schlechter Ernährungsqualität, Alkoholkonsum und körperlicher Inaktivität zu einem massiven Anstieg der Prävalenz der Fettlebererkrankung (Steatotic Liver Disease, SLD) geführt. Die metabolisch assoziierte Form (MASLD) ist mittlerweile in vielen Ländern die Hauptursache für eine chronische Lebererkrankung und ist durch das Vorhandensein metabolischer Komorbiditäten wie Übergewicht oder Typ-2-Diabetes mellitus mit Insulinresistenz gekennzeichnet. Ab einem Alkoholkonsum, der das moderate Ausmaß überschreitet (Frauen: 20–50 g/d, Männer: 30–60 g/d; 10 g ë 1/8 l Wein oder 0,3l Bier), bezeichnet man die Fettlebererkrankung als kombinierte metabolisch-alkoholbedingte MetALD. Darüber hinaus spricht man von einer alkoholbezogenen Fettlebererkrankung (ALD).Ohne therapeutische Intervention kann es bei jeder Fettlebererkrankung zu einer Progression kommen, die in einer Fibrose, Zirrhose und einem hepatozellulärem Karzinom enden kann.

Ernährung bei Fettlebererkrankung

In der Prävention und Progressionseindämmung einer SLD ist eine Gewichtsreduktion die wichtigste Maßnahme. Bereits bei Normalgewicht wird bei SLD eine Reduktion von 3–5 % des Gewichtes empfohlen. In Studien konnte dadurch eine 50%ige Remission der MASLD bestätigt werden. Liegt bereits eine Steatohepatitis vor, sollten 7–10 %, bei etablierter Fibrose (≥ F2) mind. 10 % Gewichtsreduktion angestrebt werden.

Eine „Low-carb“- bzw. „Low-fat“-Ernährung zeigt dabei keine Unterschiede in der Effektivität. Sinnvoll kann der Einsatz von Formuladiät (z. B. als 14-tägige Fastenphase) für eine effektive, initiale Leberfettreduktion mit Rückgang der Insulinresistenz sein. Dieser kurzzeitige Erfolg ersetzt jedoch nicht eine dauerhaft nötige Änderung des Ernährungsmusters. Hier überzeugt in bisherigen Studien die mediterrane Ernährung (MedE). Diese Ernährungsweise reduziert zudem das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse; eine positive Auswirkung zeigt sich sogar ohne Gewichtsverlust. Die MedE ist gekennzeichnet durch einen hohen Anteil an Olivenöl, Gemüse, Früchten, Nüssen und Samen, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Fisch und Meeresfrüchten bei gleichzeitig geringem Anteil an raffiniertem Zucker, Weißmehlprodukten, gesättigten Fetten, rotem und verarbeitetem Fleisch sowie hochverarbeiteten Lebensmitteln. Zucker spielt in der Pathogenese der MASLD eine übergeordnete Rolle, insbesondere Fruktose, da diese durch die direkte Verstoffwechselung in der Leber die Insulinresistenz fördert. Ein Verzehr von > 4 Portionen fruktosehaltiger Softdrinks pro Woche zeigte in einer Kohortenstudie ein um 45 % erhöhtes Risiko für eine MASLD. Alkohol und sein Abbauprodukt Azetaldehyd sind aus Sicht der Leber immer als „Zellgift“ anzusehen. Ein Verzicht oder zumindest die drastische Einschränkung des Alkoholkonsums sollte immer angestrebt werden, ebenso wie ein Nikotinverzicht. Leberprotektiv scheint ein Kaffeekonsum von > 3 Tassen täglich zu sein.

Ernährung bei Leberzirrhose

Im fortgeschrittenen Stadium einer Leberzirrhose leiden 80–90 % der Betroffenen an einer Mangelernährung (ME), allem voran einer Sarkopenie, da die Leber versucht, die sinkende Glykogenspeicherkapazität durch einen Muskel- und Fettabbau zur Aufrechterhaltung des Blutzuckerspiegels und Energiehaushaltes zu kompensieren. Müdigkeit, Geschmacksverlust, Appetitlosigkeit und Völlegefühl verschärfen die ME zusätzlich. Die Komplikationsrate steigt bei ME erheblich und gilt als prognostischer Faktor für die Mortalität. Besonders bei übergewichtigen Patient:innen wird dieser Zustand häufig nicht rechtzeitig erkannt und therapiert (sarkopenische Adipositas).

Eine energie- und proteinreiche Ernährung (mind. 35 kcal/kg KG und 1,2–1,5 g Protein/kg KG exkl. Aszites) tritt nun in den Vordergrund. Eine Proteinrestriktion ist auch bei dekompensierter Leberzirrhose obsolet und wird lediglich im klinischen Setting bei schwerer hepatischer Enzephalopathie für max. 24–48 h angewandt. Der Einsatz verzweigtkettiger Aminosäuren kann sinnvoll sein, da sie für die Strukturproteine der Muskulatur in der Genese der Sarkopenie eine Rolle spielen. Generell gilt es, Nüchternphasen zu vermeiden (tagsüber >4h, nachts > 12 h). Vor dem Schlafengehen ist eine kleine protein- und kohlenhydratreiche Mahlzeit sinnvoll (z. B. Fruchtjoghurt mit Haferflocken), um den Blutzuckerspiegel konstant zu halten und der Katabolie entgegenzuwirken. Proteinreiche Trinknahrungen sollten sehr frühzeitig zum Einsatz kommen, da die normale Ernährung in der Regel nicht ausreicht, um eine ME bzw. Sarkopenie zu verhindern. Eine kochsalzarme Ernährung wird außerhalb der Aszitesindikation nicht primär empfohlen, da durch die geschmacklichen Einbußen häufig weniger gegessen wird. Da abgesehen von der ME häufig zusätzliche Probleme auftreten (z. B. Ösophagusvarizen), sollten alle Patient:innen frühzeitig eine qualifizierte Ernährungsberatung durch Diätolog:innen erhalten.