Dr.in Fana Alem Kidane
In ihrer rezenten Studie analysierten Dr.in Fana Alem Kidane und Kolleg:innen die zellulären Profile der chronischen Rhinosinusitis (CRS). Dabei hatten CRS-Patient:innen mit Nasenpolypen mehr aktivierte naive B-Zellen im Blut, während CRS-Patient:innen ohne Nasenpolypen einen höheren Anteil an ruhenden B-Zellen aufwiesen.
IM FOKUS: Was war das Ziel bzw. die Fragestellung der Studie?
Kidane: Die chronische Rhinosinusitis (CRS) ist eine entzündliche Erkrankung der Nasennebenhöhlen, die durch eine nasale Obstruktion, Ausfluss, Gesichtsschmerzen und Geruchsverlust gekennzeichnet ist und mindestens 12 Wochen lang andauert. Obwohl CRS mit heterogenen Endotypen auftritt, wird es klinisch in zwei Phänotypen eingeteilt: CRS mit Nasenpolypen (CRSwNP) und CRS ohne Nasenpolypen (CRSsNP). Die Ursachen von CRS sind nach wie vor unklar.
CRS tritt auch häufig zusammen mit allergischer Rhinitis (AR) auf. AR ist eine entzündliche Erkrankung, die durch die Inhalation von Allergenen ausgelöst wird. Die Symptome von AR und CRS überschneiden sich, z. B. verstopfte Nase und Entzündungen, und beide Erkrankungen werden traditionell mit erhöhten Werten von Immunglobulin E (IgE) und Eosinophilen in Verbindung gebracht. Darüber hinaus ist AR ein möglicher Risikofaktor für CRS, der eventuell den Schweregrad der Erkrankung verschlimmert und ihre Pathophysiologie beeinflusst, was auf ein komplexes Zusammenspiel zwischen diesen Erkrankungen hindeutet.
Ziel dieser Studie war es, Veränderungen in der Häufigkeit und den phänotypischen Merkmalen der mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) in Kohorten von CRS-Patient:innen und Kontrollpersonen zu analysieren. Da in beiden Gruppen gleichermaßen Patient:innen mit AR vertreten waren, sollte in der Studie auch festgestellt werden, ob diese Veränderungen spezifisch für CRS sind oder durch eine allergische Prädisposition beeinflusst werden können.
Können Sie Art und Aufbau der Studie kurz erklären?
Wir sammelten Serum, Nasensekret und PBMCs von Patient:innen an der Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der MedUni Wien. Die Teilnehmer:innen wurden in gesunde Kontrollen, CRS ohne Polypen, CRS mit Polypen und N-ERD (auch bekannt als durch nicht-steroidale entzündungshemmende Medikamente [NSAID] verschlimmerte Atemwegserkrankung [NERD]) eingeteilt. Diese chronische Erkrankung ist durch das gleichzeitige Auftreten von Nasenpolypen, Asthma und einer Überempfindlichkeit gegen NSAID wie Aspirin gekennzeichnet.
CRS wurde nach den EPOS-Kriterien diagnostiziert, die auf der klinischen Anamnese, einer Endoskopie oder einer Computertomografie der Nasennebenhöhlen beruhen. Jede Gruppe bestand zu gleichen Teilen aus Personen mit und ohne AR, die durch Anamnese, Hautpricktests und IgE-Werte im Blut auf Aeroallergene bestätigt wurde.
Anschließend wurden die Gesamt- und aeroallergenspezifischen IgE-Werte im Serum sowie die Zytokinwerte im Serum und in den Nasensekreten der Teilnehmer:innen gemessen. Ein neuartiger Aspekt dieser Studie war die Untersuchung von PBMCs mittels Massenzytometrie, bei der 38 Zelloberflächenmarker verwendet wurden, um phänotypische Daten von Immunzellen zu erhalten. Es wurden sowohl überwachte als auch nicht überwachte Methoden zur Identifizierung von Immunzellen und ihren Funktionszuständen eingesetzt, die es uns ermöglichten, die Kohorten zu vergleichen und spezifische Immununterschiede zwischen diesen zu identifizieren.
Was waren die wichtigsten Ergebnisse der Studie?
Unsere erste Aufgabe bestand darin, sicherzustellen, dass die klinische Charakterisierung unserer Kohorten als allergisch und nicht-allergisch mit den immunologischen Kriterien übereinstimmte. Wir bestätigten dies, indem wir zeigten, dass die allergische Kohorte erhöhte Werte an aeroallergenspezifischem IgE aufwies, während die nicht-allergische Kohorte keine nachweisbaren IgE-Werte für diese Allergene hatte. Darüber hinaus stellten wir fest, dass die Allergikerkohorte einen erhöhten Anteil eines T-Helfer 2-(TH2-)Zell-Subtyps, sog. Th2a-Zellen, in ihrem peripheren Blut aufwies, während diese Zellen in der nicht-allergischen Gruppe nicht angereichert waren. Obwohl dies schon früher beobachtet wurde, unterstreicht unsere Studie die Vielseitigkeit dieser Zellen als Biomarker für Allergien, unabhängig von der Quelle, die in unserer Kohorte von pflanzlichen bis zu tierischen Allergenen reichte.
Ein weiteres bedeutsames und neues Ergebnis ergab sich, als wir die Massenzytometriedaten auf der Grundlage der CRS-Phänotypen analysierten. Wir beobachteten einen erhöhten Anteil an ruhenden naiven B-Zellen im Blut von Patient:innen mit CRSsNP, während bei Patient:innen mit CRSwNP und N-ERD die B-Zellpopulation von aktivierten naiven B-Zellen dominiert wurde. Eine weitere Charakterisierung ergab, dass diese aktivierten naiven B-Zellen reduzierte Werte von CXCR5 und CCR6 aufwiesen – Chemokinrezeptoren, die für die B-Zellreifung und die Entwicklung des Keimzentrums entscheidend sind. Diese Prozesse sind wichtig für die Bildung hochaffiner, effektiver B-Zellen, die selbstzerstörerische Immunreaktionen vermeiden.
Welche Bedeutung haben die Studienergebnisse für die Praxis bzw. Welche weiteren Untersuchungen sollten folgen?
Die Dominanz aktivierter naiver B-Zellen bei CRS mit Polypen und NERD-Patient:innen lässt auf eine entzündungsbedingte B-Zell-Aktivierung schließen. Die verminderte Expression der Chemokinrezeptoren CXCR5 und CCR6 könnte jedoch auf eine weniger effektive B-Zell-Immunantwort hinweisen. Wenn B-Zellen nicht richtig reifen, haben sie oft Schwierigkeiten, Krankheitserreger wirksam zu erkennen, oder sie können B-Zellen bilden, die sich gegen körpereigenes Gewebe richten.
Obwohl dieses Phänomen bei CRS-Patient:innen nicht umfassend dokumentiert wurde, deuten einige Studien darauf hin, dass die B-Zellen in den Nasenpolypen von CRS-Patient:innen einen extrafollikulären Ursprung haben könnten, was mit der Art von B-Zellen übereinstimmt, die wir im Blut beobachtet haben.
Bemerkenswert ist auch unser Befund eines erhöhten Anteils ruhender B-Zellen bei CRSsNP im Vergleich zu Kontrollen. Diese Beobachtung deutet auf einen Mangel an Aktivität unter den B-Zellen hin, obwohl sie Signale erhalten haben, ihre Anzahl zu erhöhen, was normalerweise als erhöhte Aktivität interpretiert würde.
Diese widersprüchlichen Beobachtungen deuten auf eine Fehlfunktion der Immunantwort hin. Weitere in-vitro-Studien, in denen B-Zellen, die unter diesen Bedingungen entstehen, untersucht werden, könnten unser Verständnis der CRS-Pathophysiologie verbessern.
Künftige Forschungsarbeiten sollten Längsschnittstudien umfassen, um Veränderungen in den Immunzellprofilen von CRS-Patient:innen und deren Korrelation mit dem klinischen Ergebnis zu verfolgen. Darüber hinaus könnte die Untersuchung der molekularen Mechanismen, die hinter den beobachteten Unterschieden in der B-Zell-Aktivierung stehen, neue therapeutische Ziele identifizieren. Schließlich werden vergleichende Studien mit anderen Atemwegserkrankungen und die Erweiterung der Patientenvielfalt die Anwendbarkeit der Ergebnisse auf verschiedene demografische Gruppen verbessern.