Das Leitthema der Technology Talks Austria 2024 war die Bedeutung von Schlüsseltechnologien und die Rolle von Forschung, Technologie und Innovation (FTI) für die „Triple Transition“: einer gleichzeitig „grünen“ und digitalen Transformation, die menschengerecht sein soll. FTI sichert Arbeitsplätze und Wohlstand, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie und den Standort Österreich. FTI ist die Basis für die technologische Souveränität Europas und erhöht die Resilienz. Soweit die Theorie – in der Praxis braucht es Konzepte, wie sich Wirtschaft und Industrie, Wissenschaft und Gesellschaft diesen laufenden Transformationsprozessen stellen können.
Diskutiert wurde insbesondere, auf welche Bereiche höheres Augenmerk gelegt werden muss, um die Zukunft aktiv zu gestalten und Fortschritte bei den drängenden Herausforderungen zu erzielen. Gesucht werden immer noch Antworten auf viele Fragen, wie zum Beispiel: In welchen Bereichen muss mehr geforscht werden? Wo muss investiert werden, um die Transformation aktiv voranzutreiben und eine prosperierende Zukunft zu ermöglichen? Wie können global sichtbare Leuchttürme geschaffen und Talente angezogen werden? Welche Maßnahmen muss die Politik umsetzen, um erfolgreich in die Zukunft zu gehen?
„Die Konzepte zur Weiterentwicklung des Forschungslandes Österreich liegen auf dem Tisch. Sie sind ausgereift und realisierbar, was es jetzt braucht, ist politischer Wille zur Umsetzung“, betonen Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann, Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), und DIin Dr.in Brigitte Bach, Sprecherin der Dreier-Geschäftsführung des AIT Austrian Institute of Technology. Eine längerfristige und wachstumsorientierte Budgetierung der Forschung ist dringlicher denn je: 4 % Forschungsquote bis 2030 und „3+3-jährige“ Leistungsvereinbarungen sind unter anderem die zentralen Forderungen der ÖAW, des AIT und der Industriellenvereinigung (IV). „Wir brauchen ein Bekenntnis zum Wachstum für den gesamten Bogen der Forschung, von der Grundlagenforschung zur angewandten Forschung und Technologieentwicklung“, ergänzt Mag. Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung.
Um das bis zum Jahr 2030 zu erreichen, sind bereits jetzt wesentliche Investitionen in das Forschungssystem in Österreich nötig. Für den Anteil der öffentlichen Hand an der Forschungsquote, die bei rund einem Drittel des BIP liegt, bedeutet dies für die nächste Periode des FTI-Pakts (2027-2029) eine Erhöhung der Mittel auf 6,8 Mrd. Euro, ein Plus von 1,6 Mrd. Euro. „Für diese deutliche Erhöhung der Mittel müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Was wir heute versäumen, holen wir bei der nächsten Periode des FTI-Pakts 2027-2029 nicht mehr auf“, sind sich Faßmann, Bach und Neumayer einig.
Die dreijährigen Leistungsvereinbarungen stellen einen Fortschritt gegenüber den Jahren mit einjährigen Budgets dar. Sie gewähren den Forschungseinrichtungen und Universitäten – aber auch involvierten Unternehmen – eine längere Perspektive, um planen, investieren und aufbauen zu können. „Drei Jahre reichen aber nicht aus, um in neue Felder zu investieren“, weiß Bach. Allein die Besetzung neuer Professuren stellt ein großes Risiko dar, wenn der Zeithorizont der Finanzierung auf drei Jahre beschränkt ist. Dies bremst die Innovation in neue Forschungsfelder. Eine „3+3“-Jahresplanung ist daher notwendig. „Das würde den Forschungseinrichtungen helfen, auch risikobehaftete Investitionen vorzunehmen, und den Forschungsministerien und der Bundesregierung einen Überblick verschaffen, in welche Richtung der Forschungsbereich sich entwickelt“, meint Faßmann und ergänzt: „Die wesentlichen Stakeholder sind an einen Tisch zu bringen, um die Umsetzung der FTI-Strategie für Österreich voranzutreiben und weiterzuentwickeln. Wir brauchen die gemeinsame Sichtweise auf die Forschung in Österreich und eine langfristige Perspektive.“
Europa hat mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm und anderen strategischen Initiativen, wie dem EU Chips Act oder IPCEI, wichtige und richtige Instrumente etabliert, um Europa geeinter technologisch nach vorne zu bringen. „Wichtige Schwerpunkte im Bereich der Schlüsseltechnologien und industriellen Kernthemen, wie Mikroelektronik, KI, Quanten, Mobilität, Energie und Life Sciences, müssen auch in Zukunft im Fokus stehen. Es gilt, konsequent wissenschaftlich-technologisches Know-how auf- und auszubauen, transnationale F&E-Kooperationen zu stärken und ein gut gestaltetes Ökosystem für Risikokapital zu forcieren, um echte Schubkraft zu erreichen.
Klar ist, dass es dafür auch einen deutlichen Budgetschwerpunkt im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU und ein Budget von mindestens 200 Milliarden Euro für das nächste EU-Forschungsrahmenprogramm braucht“, fordert Neumayer. Ganz wesentlich ist nach Ansicht des Experten, dass auf exzellente Grundlagenforschung mit starken F&E-Partnerschaften und -kooperationen zur anwendungsorientierten Technologieentwicklung aufgebaut wird. Diese Partnerschaften und Kooperationen müssen weiterhin Kernstück des neuen EU-Forschungsrahmenprogramms sein. Das schnelle Aufgreifen von neuen Ideen und Entwicklungen ist unabdingbar für robuste Wertschöpfungsketten und damit für industrielle Wettbewerbsfähigkeit. „Wollen wir unsere Zukunft erfolgreich gestalten, braucht es einen Boost für die technologische Leistungsfähigkeit Europas“, so Neumayer abschließend.