Enorme Fortschritte bei Früherkennung und Behandlung

Das Prostatakarzinom ist mit rund 7.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Österreich die häufigste Krebsart beim Mann und tritt mit zunehmendem Alter auch häufiger auf. So lässt sich erklären, dass sich die Zahl der erkrankten Männer bis 2040 weltweit verdoppeln wird. Mit rechtzeitiger Früherkennung und Behandlung kann die Mortalität erheblich verringert werden.

Prävention

Eine wichtige Säule in der Prävention ist der PSA-Test (siehe Kasten). Die rektale Tastuntersuchung ist für die Früherkennung von Prostatakrebs nicht mehr erforderlich. Vielmehr wird sie durch eine neue hochpräzise bildgebende Untersuchung, die Magnetresonanztomografie der Prostata, abgelöst. Kleinste Krebsareale können so gefunden und durch eine gezielte Gewebeprobe analysiert werden.

Die Vorsorgeuntersuchung sollte zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr erstmals stattfinden, abhängig davon, ob ein erhöhtes Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, vorliegt. Das wäre eine familiäre Vorbelastung, etwa wenn in der nahen Verwandtschaft Prostatakrebs aufgetreten ist, oder eine genetische Vorbelastung, d. h. eine erbliche Veränderung im BRCA, dem Brustkrebsgen, und kann auch aus dem Blut bestimmt werden. Die wohl bekannteste Trägerin dieser Veränderung ist die Schauspielerin Angelina Jolie. Bei Frauen mit dieser Veränderung ist vor allem das Risiko für Brustkrebs erhöht. Trägt jedoch ein Mann eine Mutation im BRCA-2-Gen, hat er ein Risiko von 40 %, im Laufe seines Lebens an Prostatakrebs zu erkranken.

Ist man Träger dieser Veränderung, dann sollte man früher an einer Vorsorgeuntersuchung teilnehmen, da Prostatakrebs bei diesen Männern früher auftritt und einen aggressiveren Verlauf zeigt. Der Vorteil der neuen Erkenntnisse liegt an der treffsicheren Therapieentscheidung, die diesen Männern dann angeboten werden kann. Prostatakrebs ist ein Tumor mit vielen Gesichtern, und nicht jeder Mann mit Prostatakrebs muss behandelt werden. So gibt es eine Form von Prostatakrebs, die man nur aktiv beobachten muss, d. h. regelmäßige Blut- und bildgebende Kontrollen bei Urolog:innen sind erforderlich. In einer schwedischen Studie war nach 25 Jahren in einer so durchgeführten aktiven Überwachung nur jeder 12. Patient an seinem Prostatakarzinom verstorben.

Kurative Behandlungsansätze

Mit der Magnetresonanztomografie können wir insbesondere jene Form von Prostatakrebs, für die eine Behandlung unbedingt erforderlich ist, früher und damit rechtzeitig identifizieren. Durch die roboterassistierte Entfernung der Prostata, mittlerweile ein chirurgisches Standardverfahren, besteht die hohe Chance einer Heilung. Durch neue Techniken und bessereSchonung des umliegenden Gewebes sind Komplikationen selten geworden. Das trifft übrigens auch für die Strahlentherapie zu. Da wir aber auch sehr früh kleinste Tumoren mit günstigerem Risikoprofil erkennen können, werden in Zukunft auch gezielte prostataerhaltende Tumorbehandlungen möglich sein, zum Beispiel durch fokussierten Ultraschall, mit dem selektiv nur das Prostatakrebsareal zerstört wird.

Therapie beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom

Auch wenn der Prostatakrebs fortgeschritten und nicht mehr heilbar ist, können unsere Patienten mit Prostatakrebs mittlerweile jahrelang ohne Beschwerden bezüglich des Tumors leben. Möglich machen das neue gezielte individualisierte Therapien und auch eine neue bildgebende Untersuchung, welche die Behandlung des Prostatakrebs geradezu revolutioniert hat, der PSMA-PET-CT. Bei der Kombination aus Computertomografie und nuklearmedizinischer Untersuchung werden bösartige Zellen mittels einer radioaktiven Substanz sichtbar gemacht. Damit kann man Metastasen sehr viel früher erkennen und auch gezielter, beispielsweise durch direkte Bestrahlung von außen, behandeln. Noch faszinierender ist die Möglichkeit einer Bestrahlung mit einem radioaktiven Arzneimittel aller auf diese Weise sichtbar gemachten Krebszellen von innen. Da das radioaktive Arzneimittel nur auf eine sehr kurze Entfernung seine Strahlung abgibt, ist diese Radionuklidtherapie mit Lu-177-PSMA sehr nebenwirkungsarm und derzeit wahrscheinlich der spektakulärste Vertreter einer auf den Tumor des Patienten zugeschnittenen Therapie.

Prostatakrebszellen ernähren sich durch männliche Hormone. Mittlerweile stehen uns mehrere antihormonelle Behandlungsmöglichkeiten in Tablettenform zur Verfügung, um den Krebs auszuhungern und jahrelange stabile Krankheitsphasen zu ermöglichen. Selbst die berühmte „Hormonspritze“, die den Testosteronspiegel im Blut auf nahezu null reduziert, kann bereits durch eine Tablette ersetzt werden. Für Patienten mit einer Mutation im BRCA und einer fortgeschrittenen Prostatakrebserkrankung steht eine neue, zielgerichtete Therapie zur Verfügung: PARP-Inhibitoren verhindern DNA-Reparaturmechanismen in der Krebszelle und führen schließlich zur Apoptose. Darüber hinaus gibt es 2 verschieden Arten von Chemotherapien, die das Wachstum im fortgeschrittenen Stadium zum Stillstand bringen können. Die Zukunft der medikamentösen Therapie des fortgeschrittenen Prostatakrebs wird neue und auch zielgerichtete Therapien hervorbringen, die früh und nur über einen begrenzten Zeitraum verabreicht werden müssen, um die Lebensqualität noch mehr zu verbessern. Viele Patienten können trotz fortgeschrittener Erkrankung ein normales Leben führen und ihrem Beruf nachgehen.

Fazit

Viele dieser oben genannten Therapien müssten nicht zur Anwendung kommen, hätten wir ein systematisiertes Prostatakrebs-Früherkennungsprogramm in Österreich. Mit der neuen Bildgebung und in Zukunft auch mit neuen Biomarkern wäre die Effektivität eines solchen systematisierten Prostatakrebs-Früherkennungsprogrammes noch weit über die bisherigen zarten Versuche einer individuell gesteuerten Prostatakrebs-Früherkennung zu stellen. Die Volkskrankheit Prostatakrebs ist für Männer genauso relevant wie Brustkrebs für die Frauen, weshalb das Bewusstsein für die Prostatakrebsvorsorge gesteigert werden muss.