Personalmangel, Lieferengpässe, Konflikte zwischen den Berufsgruppen, unterversorgte Patient:innen: Was ist los im Gesundheitswesen? Eine Analyse in 2 Teilen.
Wenn sich im Gesundheitswesen nichts Grundlegendes ändere, dann fahre das System in den kommenden fünf Jahren an die Wand, warnte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) vor dem Finanzausgleich und der Gesundheitsreform wiederholt. Nun hatten wir solche Warnungen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten öfters und am Ende war es dann nicht so schlimm. Und es stellt sich auch die Frage, ob mit solchen Warnungen nicht die Beschäftigten im System und die Patient:innen verunsichert werden. Sicher ist allerdings, dass es Reformbedarf gibt. Die Pandemie hat Lücken im System gezeigt und sichtbar gemacht, dass es nicht krisenfest ist. Weil aber die Krisen zunehmen, steigt der Frust bei den Beschäftigten über die Untätigkeit der Verantwortlichen. Doch was braucht es wirklich?
Zum einen braucht es mehr Ressourcen in allen Bereichen und dazu mehr Geld. Die Beitragssätze in der sozialen Krankenversicherung sind seit Jahrzehnten nicht erhöht worden, die privaten Krankenversicherungen tun das nahezu jährlich. Der Deckel mit der Bindung an das Wirtschaftswachstum ist lediglich ideologisch bedingt, aber sachlich nicht haltbar. Tatsächlich hat zuletzt auch das Finanzministerium prognostiziert, dass künftig mehr Geld für Gesundheit ausgegeben werden wird – nicht zuletzt, weil wir als Gesellschaft und individuell älter werden. Mehr Geld bedeutet aber nichts Schlechtes: Der deutsche Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen hat bereits in den Nuller Jahren vorgerechnet, dass mehr Geld im System auch die Wirtschaft insgesamt ankurbelt. Weil der Sektor sehr groß ist und auch viele Menschen beschäftigt.
Es braucht aber auch weniger teure Doppelgleisigkeiten. Nachdem die Gebietskrankenkassen zusammengelegt worden sind, braucht es ähnliche Schritte auch auf Länderebene. Es ist etwa nicht einzusehen, dass sich jedes Land ein eigenes System der Nothilfenummer 1450 leistet. Es ist nicht einzusehen, dass die Datenflüsse der Spitäler zum Bund noch immer nicht funktionieren und wir eigentlich nicht wissen, wie erfolgreich und zu welchen Kosten Gesundheitsleistungen produziert werden, oder eben nicht. Es gibt kein Argument dafür, warum etwa Kniearthroskopien in Kärntner Spitälern zu 77,6% tagesklinisch gemacht werden, in der Steiermark aber nur zu 19,7% (die Zahlen stammen aus dem neuen Monitoringbericht der Zielsteuerungskommission). Weitere Beispiele gibt es genug.
Die Pandemie hat deutlich gezeigt, dass der Föderalismus im Gesundheitswesen gesundheitsgefährdend und teuer ist. Hier gibt es tatsächlich Potenzial mit weniger Geld, mehr Gesundheit zu erreichen, wenn besser und transparenter gesteuert wird. Mit mehr Geld und weniger Föderalismus wäre jedenfalls schon viel erreicht. (rüm)