Das Europaparlament hat sich in Straßburg nicht auf eine gemeinsame Position zu der geplanten EU-Empfehlung für mehr rauchfreie Bereiche einigen können. Krebsforscher:innen bedauern das.
Das Europaparlament kann in Sachen Rauchverbot im Freien zwar nur eine Meinung äußern, dennoch sorgt das Thema für hitzige Debatten. Die für den einzelnen EU-Mitgliedstaat ohnehin nicht bindende Empfehlung kann trotzdem nächste Woche vom Rat der EU-Mitgliedstaaten angenommen werden. Im ursprünglich von Konservativen, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen eingebrachten Antrag wurden die Empfehlungen grundsätzlich begrüßt – mögliche Auswirkungen auf Hotellerie und Gaststättengewerbe müssten aber verstärkt beachtet werden, hieß es in dem Text. Dazu kamen mehrere Änderungsanträge von verschiedenen Fraktionen, die auch teilweise angenommen wurden. Für den finalen Text fand sich dann aber keine Mehrheit.
Die EU-Kommission hatte Mitte September vorgeschlagen, den EU-Ländern zu empfehlen, das Rauchen vor allem an Orten, an denen sich Kinder aufhalten, zu verbieten – wie Spielplätze, Bäder, Schulen, aber auch in den Außenbereichen von Gastronomiestätten. Neben der Ausweitung der rauchfreien Zonen auf Außenbereiche wird auch die Ausweitung auf alternative Tabakprodukte (z.B. elektronische Zigaretten) empfohlen. Man reagiere hiermit auf Erkenntnisse, dass auch diese Produkte zu Gesundheitsschäden bei Passivnutzern führen können, hieß es in einer Aussendung der Kommission.
Auch abgesehen davon, dass die Empfehlung nicht bindend ist, hätte diese nur teilweise eine Auswirkung auf Österreich. So gilt auf Freiflächen von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen bereits ein Rauchverbot, seit 2019 gibt es auch Einschränkungen für überdachte Gastgärten, gewerbliche Verkehrsmittel wie Taxis und Reisebusse sowie private Pkw. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) äußerte sich auf sozialen Medien kritisch: „Ich halte solche Vorschläge für den völlig falschen Weg. Die EU soll aufhören, die Lebensbereiche von Menschen bis ins kleinste Detail regeln zu wollen, sondern sich mit den großen Fragen wie Migration und Wirtschaftsstandort beschäftigen. Der Schutz für Nichtraucher in Österreich ist ausreichend, mit der ÖVP wird es kein Rauchverbot im Freien geben“, meinte er. Auch die SPÖ zeigte sich wenig begeistert. „Wir haben beim Nichtraucherinnen- und Nichtraucherschutz schon viel umgesetzt“, sagte der SPÖ-EU-Abgeordnete Günther Sidl.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) bedauert die Nichteinigung – sie hätte eine Wirkung auf die Gesellschaft und vor allem auf Kinder und Jugendliche gebracht: Seien seltener Menschen beim Rauchen zu sehen, werde das weniger als normales Verhalten wahrgenommen. „Dies ist ein wichtiger Effekt auf Kinder und Jugendliche.“ In einigen Ländern gebe es bereits Rauchverbote im öffentlichen Raum im Freien, sagte Katrin Schaller von der DKFZ-Stabsstelle Krebsprävention in Heidelberg. „Beispielsweise ist in Australien in mehreren Staaten das Rauchen auf Restaurantterrassen verboten, in Barcelona sind die Strände rauchfrei.“ Solche Regelungen, die das Rauchen an bestimmten Orten untersagen, trügen dazu bei, dass einige rauchende Menschen über ihr Verhalten nachdenken, erklärte Schaller. (red/APA)