Bei der atopischen Dermatitis (AD) handelt es sich um eine chronische oder chronisch rezidivierende, nichtkontagiöse Hauterkrankung.
Prinzipiell ist eine extrinsische Form der AD mit IgE-vermittelter Sensibilisierung gegen Aero- und/oder Nahrungsmittelallergene (bei 50–80% der Betroffenen) von einer nichtallergischen (intrinsischen) Form zu unterscheiden. Als Ursachen für die Erstmanifestation und das Auftreten wiederholter Schübe spielen sowohl die genetische Prädisposition als auch zahlreiche Auslösefaktoren eine Rolle.
Obwohl der Beginn der Ekzemerkrankung sehr häufig zeitlich mit den ersten Impfungen zusammenfällt, weisen aktuelle Metaanalysen auf keinen kausalen Zusammenhang zwischen AD-/Ekzem-Risiko und Impfung hin, sondern im Gegenteil sogar auf einen protektiven Effekt einiger Impfungen. Allerdings können Impfungen als Stimulatoren des Immunsystems Ekzemschübe auslösen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt, Personen jeder Altersstufe mit AD regulär zu impfen und nur bei akuter Exazerbation einen Aufschub bis zum Abklingen zu erwägen.
Epidemiologische Daten aus Deutschland geben für Kinder und Jugendliche eine Jahresprävalenz der AD von etwa 10 % an (im Vergleich dazu bei Erwachsenen 1,7 %), die 1-Jahres-Behandlungsprävalenz der AD beträgt bei Kindern und Jugendlichen bis 20 Jahre 8,4 % (Erwachsene 3,3 %). Bei ca. der Hälfte der von AD betroffenen Patient:innen manifestiert sich die Erkrankung in den ersten 6 Lebensmonaten, in 60 % der Fälle im ersten Lebensjahr und in mehr als 70 % bis zu 85% der Fälle vor dem 5. Lebensjahr.
Das Erscheinungsbild einer atopischen Dermatitis kann sich abhängig vom Alter der Betroffenen und je nachdem, ob es sich um ein akutes oder chronisches Krankheitsstadium handelt, unterschiedlich präsentieren. Typisch für das frühe Kindesalter bis zu 2 Jahren sind Ekzeme im Gesicht und am Kopf sowie an der Streckseite der Gelenke. Mit zunehmendem Alter sind die Ekzeme häufiger in den Gelenkbeugen lokalisiert. Sehr leichte Erscheinungsbilder können in Form von Cheilitis, Mundwinkel- oder Ohrläppchenrhagaden oder schuppenden Rötungen und Einrissen an Finger- und/oder Zehenkuppen auftreten. Zeigt sich das Krankheitsbild atypisch oder führt die Behandlung zu keinem Erfolg, sollen entzündliche Hautkrankheiten in jedem Alter differenzialdiagnostisch abgeklärt werden.
Zu den wichtigsten Differenzialdiagnosen zählen andere Ekzemkrankheiten wie z. B. allergische Kontaktekzeme oder mikrobielle Ekzeme. Im Säuglingsalter ist die Abgrenzung einer AD von einem seborrhoischen Ekzem nicht immer leicht möglich. Weitere, jedoch seltenere für dieses Alter typische Differenzialdiagnosen sind Skabies, Psoriasis sowie bestimmte genetische Erkrankungen oder Immundefektsyndrome, die ebenfalls ekzematöse Hautveränderungen hervorrufen können. Werden insbesondere bei Säuglingen mit einem schweren Ekzem weitere klinische Warnsymptome beobachtet (z.B. Alopezie, atypische Infektionen), soll rasch eine interdisziplinäre Differenzialdiagnostik erfolgen.
Infektionen sind als häufige Komplikation einer atopischen Dermatitis zu sehen. Insbesondere klinisch sichtbare bakterielle Sekundärinfektionen (meist mit Staphylokokken) treten bei Kindern wesentlich häufiger auf als bei Erwachsenen, aber auch virale Infektionen wie z.B. Eczema herpeticatum (Kasten) oder Dellwarzen sowie Pilzinfektionen (Tinea, Malassezia) sind möglich. Bei schwer betroffenen Säuglingen und Kleinkindern kann es zu Gedeihstörungen kommen; mögliche Ursachen dafür sind z. B. Hypoproteinämie als Folge der Exsudation entzündlicher Sekrete oder Fehl- bzw. Mangelernährung. Auch Alopecia areata ist bei Säuglingen und Kleinkindern mit schwerem Verlauf zu beobachten.
Während die Mehrheit der Patient:innen unter einer leichter ausgeprägten AD leidet, kann sie abhängig von Lokalisation und Ausdehnung (bis hin zur Erythrodermie) auch schwer verlaufen. Insbesondere der oft als fast unerträglich beschriebene Juckreiz kann zu einer starken Verminderung der Lebensqualität und zu einer Beeinträchtigung der Schulleistungen führen; aber auch der Befall sichtbarer Körperareale wie Gesicht und Hände, die chronische starke Hauttrockenheit, gestörter Schlaf sowie die Belastungen der Therapie durch den erforderlichen Zeitaufwand und befürchtete Nebenwirkungen tragen zu einer hohen Krankheitslast bei. Dazu kommen – über die Ekzembildung hinaus – u.a. ein vermehrtes Auftreten weiterer atopischer Erkrankungen, deutlich häufigere Infektionen der Haut (s. o.) sowie psychische Erkrankungen wie z.B. mittelgradige Depressionen. Diese Krankheitslast betrifft insbesondere bei Kindern neben den Erkrankten selbst häufig auch die ihnen nahestehenden Personen.
Der Verlauf einer AD ist gekennzeichnet durch das Wiederkehren von Krankheitsschüben, die unterschiedlich lang und schwer ausgeprägt sein können, worüber die Betroffenen bzw. deren Eltern aufgeklärt werden sollen. Spontanheilung ist möglich, rund 60 % der erkrankten Kinder sind bis zum frühen Erwachsenenalter symptomfrei, mindestens 30 % aller Kinder mit AD entwickeln zumindest zeitweilig auch im Erwachsenenalter Ekzeme. Besonders wichtige Therapieziele aus Sicht der Betroffenen sind die Befreiung von Juckreiz und brennenden Schmerzen, die Abheilung der Hautveränderungen sowie das Erlangen der Krankheitskontrolle. Klinische Erfahrungen sprechen dafür, dass das Risiko für infektiöse Komplikationen durch eine Kontrolle der kutanen Entzündungen sinkt.
Die Therapie besteht aus zwei Eckpfeilern: der täglichen Pflege und Rückfettung der Haut sowie der frühen Anwendung entzündungshemmender Therapien wie kortisonhaltiger Cremen. Letztere helfen, Ekzeme zu reduzieren und Entzündungen zu minimieren. Um ein Wiederauftreten des Ekzems zu verhindern, werden im Anschluss an die Akuttherapie das Steroid oder Steroidalternativen (etwa die Calcineurin-Inhibitoren Tacrolimus ab dem 2. Lebensjahr oder Pimecrolimus ab dem 3. Lebensmonat) proaktiv an 2 Tagen in der Woche über 1–3 Monate angewendet. Systemisch können auch die „neuen“ Biologika Dupilumab (bei schwerer AD ab 6 Monaten) und Tralokinumab (ab 12 Jahren) sowie die JAK-Inhibitoren Baricitinib (ab 2 Jahren) und Upadacitinib (ab 12 Jahren) eingesetzt werden. Reicht eine Lokaltherapie nicht aus, kann eine Lichttherapie (UV-B 311 nm) bzw. eine Therapie mit Immunsuppressiva (z. B. Ciclosporin) versucht werden.