Expert:innen kritisieren, dass strukturierte Behandlungspfade in Österreich nach wie vor nicht vorhanden sind. Dazu kommen soziale Ungleichheiten, die Betroffene belasten.
Im Rahmen der bereits seit über zehn Jahren bestehenden Diskussionsreihe „zukunft gesundheit“ diskutierten Expert:innen dieser Tage über die Vorteile festgelegter und strukturierter Behandlungspfade für Krebspatient:innen. Insbesondere der eklatante Mangel an der Verschränkung von Gesundheitsdaten – trotz bereits bestehenden politischen Rahmens – wurde als Hürde identifiziert. Das dadurch fehlende Wissen sei wiederum ein Hauptgrund dafür, dass Patient:innen ineffizient durch das System irren – was unnötige emotionale Belastungen produziert, Diagnosen verzögert und gerade bei Krebs ein unnötiges Gesundheitsrisiko bedeuten kann.
Verzögerungen – sei es bei Facharztterminen, Diagnoseverfahren oder Therapiebeginn – können den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen und die Prognose verschlechtern. In Österreich existieren derzeit keine einheitlichen, national festgelegten Richtwerte für die maximale Dauer zwischen einer Krebsverdachtsdiagnose und der endgültigen Diagnosestellung. Allerdings betonen sowohl das Krebsrahmenprogramm Österreich als auch der Onkologie-Beirat die Notwendigkeit einer raschen und effizienten Diagnostik, um die Prognose für Patient:innen zu verbessern. In seinem Vortrag, der thematisch in den Abend einführte, erläuterte Igor Grabovac, Facharzt für Public Health am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien: „Eine rasche Navigation durch unser fragmentiertes Gesundheitssystem ist leider oftmals sehr schwierig“. Er hob die sozialen Ungleichheiten bei Krebspatient:innen EU-weit hervor und monierte, dass der Zugang zur Versorgung oftmals durch Herausforderungen wie etwa komplexe und fragmentierte Systeme, eine mangelhafte Systemintegration oder niedrige Navigationskompetenzen erheblich erschwert wird.
Eine im Jahr 2024 veröffentlichte Studie, die das Profil und die Erstbehandlung von Erwachsenen mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) im Frühstadium untersuchte und Daten aus 16 österreichischen Krankenhäusern auswertete, ergab alarmierende Verzögerungen im Behandlungsverlauf: 25 % der Patient:innen erhielten ihre Diagnose erst mehr als 50 Tage nach der initialen Bildgebung, und ebenso viele warteten über 81 Tage bis zum Beginn ihrer Therapie. Anita Kienesberger, Obfrau der Allianz onkologischer Patient:nnenorganisationen appelliert für effizientere Abläufe, um für Patient:innen die Belastung zu minimieren: „Jede Verzögerung und Ungewissheit bezüglich einer richtigen Diagnose bedeutet für die Betroffenen, emotionalen Stress.
In der Diskussion mit GÖG-Geschäftsführer Herwig Ostermann, Jan Pazourek (Büroleiter Dachverband Österreichische Sozialversicherung), Anton Ponholzer (F.E.B.U. – Vorstand Abteilung für Urologie und Andrologie Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien, Vorstandsmitglied der Österreichischen Krebshilfe), Christoph Powondra (Vizepräsident ÖGAM, Leiter PVE Böheimkirchen), ÖVP-Gesundheitssprecher Josef Smolle, Nicole Schlautmann (Geschäftsführerin MSD Österreich) und dem Präsidenten der Karl Landsteiner Gesellschaft Bernhard Schwarz wurden Maßnahmen beleuchtet, wie strukturelle Hürden im Gesundheitssystem abgebaut werden können, um Wartezeiten in den Behandlungspfaden zu vermeiden. Dabei gehe es um eine effizientere Gestaltung dieser Pfade, einen ausgewogeneren Zugang zu innovativen Therapien entlang jeder sozialen Schicht und einer allgemein besseren Gesundheitskompetenz. Speziell der „Europe‘s Beating Cancer Plan“ sowie das „Österreichische Krebsrahmenprogramm“, das sich kurz vor einer Neuauflage befindet, würden bereits gute Vorlagen bieten, um strukturierte Patient:innenpfade zu implementieren. Die Aufgabe bestehe lediglich darin, alle Systempartner an einem Tisch zu versammeln und systembezogene Probleme konstruktiv anzusprechen und aus dem Weg zu räumen. Herausforderungen sieht der Expert:innenkreis vor allem in der Verfügbarkeit eines standardisierten, validierten und klinisch relevanten Datensatzes über den gesamten Behandlungsverlauf sowie das durchgehende Qualitätsmanagement dieser Datenbank. (red)