Erträge weiter unter Druck

„Das abgelaufene Jahr war für Österreichs Apotheken erneut sehr herausfordernd, weil stetig neue Aufgaben hinzukommen – ohne dass unser Berufsstand für diese Mehrleistungen honoriert würde“, zieht Mag. pharm. Jürgen Rehak, Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes, Bilanz. Die Interessenvertretung der selbstständigen Apotheker drängt für die Zukunft auf eine Kofinanzierung der nötigen Investitionen und mehr unternehmerische Freiheit. Rehak will darüber mit den Verantwortlichen in der Politik und den Kassen entsprechende Gespräche führen.

 

 

 

 

Durchschnittlich entfielen im Vorjahr nur noch 67 % der Umsätze der österreichischen Apotheken auf die Krankenkassenumsätze und bereits rund 33 % auf Privatumsätze. Diese entwickelten sich etwa im OTC-Bereich 2018 mit einem Plus von 2,7 % nur leicht positiv. Doch hier steige der Druck durch den Onlinehandel, der auch Umsätze abziehe. Der Umsatz mit Arzneimitteln auf Kassenrezept ist 2018 um 2,9 % auf 2,876 Milliarden Euro (exklusive Mehrwertsteuer) gestiegen. Gleichzeitig seien aber auch die Kosten für Personal, Mieten und vor allem technische Ausstattung der Apotheken überproportional gestiegen – mit dem Effekt, dass sich die Ertragslage einmal mehr verschlechtert hat, rechnet Rehak vor. Im abgelaufenen Jahr hat die Spanne einen historischen Tiefstand von 14,54 % erreicht. Noch 2014 waren es 16,36 %. Die sinkende Wertschöpfung führt der Apothekerverband vor allem auf die Umsatzverschiebungen hin zu Arzneimitteln mit niedrigen Spannen zurück.

Zudem seien den Apotheken in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe an erheblichen Mehraufwänden aufgebürdet worden, sagt Rehak. 2018 waren das insbesondere die Leistungen im Rahmen der ­E-Medikation. Die für die Installierung gewährten Zuschüsse flossen direkt und ­vollständig in die Modernisierung der ­Warenwirtschaftssysteme, der tägliche Mehraufwand an der Tara werde aber in keiner Weise abgegolten. Als weiteres Beispiel führt Rehak die erst Anfang Februar gestartete Umsetzung der Arzneimittel-Fälschungsrichtlinie an. „Die Erfahrungen der ersten Wochen zeigen: Diese wichtige Innovation bedeutet im Apothekenalltag viele zusätzliche Arbeitsschritte sowie erhebliche Investitionen. Entschädigt werden die Apothekerinnen und Apotheker für diese Mehrleistungen im Dienst der Gesundheit jedoch nicht.“

 

 

 

 

Doch damit nicht genug: Für das laufende Jahr und die folgenden Jahre sieht der Apothekerverband weitere finanzielle Belastungen auf den Berufsstand zukommen – etwa im Zusammenhang mit der weiteren Ausrollung der E-Medikation und dem Start des E-Rezepts Anfang 2020. Zudem rechnet Rehak mit Preissenkungen bei Generika. Die gesetzlich verordnete sogenannte „Preisbremse“ bei Generika habe schon die Spannenentwicklung 2018 stark negativ beeinflusst – nun werden die nächsten Reduktionen erwartet. Die damit verbundenen erheblichen Einbußen seien durch den Privatumsatz der Apotheken nicht zu kompensieren. „Kassenleistungen werden schon seit Jahren über den Privatumsatz mit rezeptfreien Medikamenten und sonstigen Produkten mitfinanziert“, kritisiert der Verbandspräsident.

 

 

 

 

Seine Verhandlungsstrategie für Gespräche mit der Politik: „Wir befürworten Innovationen und sehen es als umfassende Gesundheitsdienstleister Österreichs in unserer Verantwortung, nicht nur Medikamente auszugeben, sondern als kompetente Erstanlaufstelle für alle gesundheitlichen Probleme der Menschen zu fungieren – mit allen technischen Mitteln, die unsere Zeit zu bieten hat. Um unsere Schlüsselrolle als niederschwellige Erstanlaufstelle zeitgemäß wahrnehmen zu können und die nationalen Versorgungsziele bestmöglich zu unterstützen, benötigen wir aber eine stärkere Honorierung dieser Leistungen durch den Staat, als das in der Vergangenheit der Fall war.“ Die digitale Transformation des Systems könne nicht allein von den Apothekerinnen und Apothekern finanziert werden. Rehak konkret: „Weitere Dienstleistungen wie die Umsetzung des E-Rezepts können wir nicht mehr ohne Kofinanzierung der öffentlichen Hand übernehmen.“

Er erneuert in diesem Zusammenhang auch die alte Forderung des Verbandes nach Lockerungen im Nachtdienst. „In Österreich hat jede Apotheke im Durchschnitt 49 Stunden pro Woche geöffnet, und Betriebsurlaube sind per Gesetz verboten. In der Nacht und an Wochenenden bieten 260 Apotheken ihre Hilfe an – das sind rund 20 %. „Dieser Bereitschaftsdienst kostet 33 Millionen Euro jährlich und wird von den Apotheken nahezu zur Gänze selbst finanziert“, erläutert Rehak. Hier müsse man Gespräche führen, ob und in welcher Form dieses Angebot künftig erbracht werden könne. Der Apothekerverband forciert zudem ein neues Vergütungssystem: „Weg von Margen, hin zu einem Honorarsystem.“ Dieses solle unabhängig vom Preis des Medikaments sein und die Beratungsleistung für ein Medikament müsse honoriert sein, konkretisiert der Verbandspräsident. Man habe aber noch keine ausreichende Information dazu, dass man in Verhandlungen mit den Kassen treten kann. Konkret geht es dabei, wie berichtet, um die Rezeptgebühr. Hier gibt es keine branchenweiten Aufzeichnungen darüber, wie viele Produkte abgegeben werden, deren Preis unter der Rezeptgebühr liegt und damit vom Patienten selbst bezahlt werden.